Es sind vor allem zwei Anlässe, bei denen Menschen mit dem Bus mehr oder weniger zwangsweise in Berührung kommen: auf dem Schulweg und auf dem Flughafen-Vorfeld. Beides sind eher unerquickliche Erlebnisse, weil diese Fahrten in der Regel im Stehen verbracht werden und so weniger von Reisegenuss gekennzeichnet sind. Im Falle des Schulwegs mag die Enttäuschung aber darin ihre Ursache finden, dass die Schulbusflotte hierzulande keine eigene, definierte Kategorie mit fixen technischen Eigenschaften darstellt, sondern vielmehr für eine wilde Mischung aus Stadt- und Überlandbussen verschiedenster Ausstattungsstufen und Baujahre steht. Denn welcher Unternehmer, der mit der Aufgabe der Schülerbeförderung beauftragt wird, will schon seine neuesten Reisebusse mit Gurten einsetzen für die oft ungestümen Racker mit ihrer Energie und den kantigen Schulranzen?

Kapazität ist eine der Trumpfkarten dieses Temsa
Andere Länder wie Frankreich oder die USA machen es indes vor: Dort sind ganz bestimmte Typen von Bussen vorgegeben, die ausschließlich zum Einsatz kommen dürfen. Diese stehen zwar vor allem im Falle der USA nicht gerade für modernen Fahrzeugbau und erinnern eher an Vorkriegsmodelle, aber immerhin können darin alle Kinder sitzen und sich anschnallen – immer wieder ein kritisch hinterfragtes Thema von Elternbeiräten und Erziehungsberechtigten. Preiswert sind diese Busse obendrein. Angesichts dessen ist es keine schlechte Idee von Temsa, ein solches Konzept auch auf den deutschen Markt zu bringen – eines, wofür das Unternehmen ohnehin schon bekannt ist. Dafür steht bei den Türken bereits der ungewöhnliche Mittelmotor-Midi MD7. Nun kommt noch die Baureihe LD SB nach Deutschland. Dabei handelt es sich um einen ausgewachsenen Hochbodenbus mit in einigen Bundesländern noch förderfähigen 860 Millimeter Bodenhöhe. Ihn soll es fortan als Schulbus in 12 oder 13 Meter Länge geben. Das Design des LD SB wurde kürzlich dem des Reisebusses HD weitgehend angepasst. Halogenscheinwerfer und Heckleuchten stammen gar aus dem Gleichteileregal. Derart ausstaffiert muss sich der Wagen nicht vor einem Iveco Crossway oder einem Mercedes Intouro verstecken. Der Komplettpreis von weit unter 180.000 Euro inklusive des serienmäßigen Hublifts ist ohnehin ein Wort. Die Kofferklappen haben vielleicht nicht ganz so formschön integrierte Scharniere, dafür lassen sie sich tadellos bedienen und fallen satt ins Schloss – und das ohne nerviges Nachdrücken. Dahinter verbergen sich beim 12-Meter-Wagen immerhin vier Kubikmeter Ladevolumen. Bei der von uns gefahrenen 13-Meter-Version (Aufpreis rund 5.000 Euro) sind es sogar fünf Kubikmeter – genug für den kleinen Ausflug am Wochenende.
In den angenehm flachen Stufen der hinteren Doppeltüre (es gibt nur eine Türkonfiguration) verbirgt sich sogar ein ausgewachsener Dhollandia-Lift, der einen Rollstuhl auf Mittelganghöhe bringt und damit zu dem dafür vorgesehenen, herausnehmbaren Wechselpodest. Kapazität ist eine der Trumpfkarten dieses Temsa. Die kurze Variante befördert 55 bis 59 sitzende Passagiere, dazu noch 11 bis 19 stehende. Ein Begleitersitz ist ebenso an Bord. Beim längeren Wagen (in Deutschland bietet Temsa Dreiachser unverständlicherweise immer noch nicht an) sind es schon 59 oder 63 Sitze bei fünf beziehungsweise drei Stehplätzen. Der mit 47 Zentimetern sehr breit dimensionierte Mittelgang kommt der hohen Kapazität sehr entgegen und ermöglicht den nötigen Fahrgast-Durchfluss. Auch die Stehhöhe ist mit weit über zwei Metern sehr üppig bemessen. Nur vor der letzten Sitzreihe kann es für den Kopf eng werden wegen des hier ansteigenden Bodens. Ob die recht hohen Podeste für einen Schulbus angemessen sind, sei mal dahingestellt. Die massiven Bügel unter den nur mäßig bequemen Sitzen sind auf jeden Fall sehr praktisch. So können die Kids ihren Ranzen unter den Sitz stopfen, ohne dass er dann nach vorne rutschen kann. An die transparenten Gepäckablagen in 1,9 Meter Höhe kommen wohl nur ältere Schüler. Auf der Habenseite steht zudem der vergleichsweise große Sitzabstand. Der im Normalfall einzige Erwachsene an Bord eines Schulbusses darf es sich vorn links bequem machen. Der Verstellweg des Fahrersitzes war im Testwagen nicht sehr üppig bemessen, soll aber weiter anpassbar sein. Gleiches gilt für die Höhe des Begleitersitzes. Das Cockpit selbst macht einen guten und hochwertigen Eindruck, alles ist sehr übersichtlich angeordnet und gut erreichbar.
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