Scania G 410 LNG: Scania setzt auf Gas

Scania G 410 LNG
Scania setzt auf Gas

Wenn es um lupenreine, fernverkehrstaugliche Gasmotoren geht, ist Scania neben Iveco momentan der einzige ernst zu nehmende Anbieter. Mit ihrem OC13 haben auch die Schweden gute Argumente.

Scania G 410 LNG
Foto: Thomas Kueppers

Alexander Vlaskamp, Senior Vice President von Scania Trucks, gab zur IAA 2018 eine klare Einschätzung ab: "Wenn man Gesamteuropa betrachtet, sind unterschiedliche Gaslösungen zurzeit mit Sicherheit die attraktivsten alternativen Kraftstoffe." Scania reiht sich damit in eine Linie mit Iveco und Volvo ein, wo Gasmotoren beziehungsweise Gas-Diesel-Hybride gerade einen mächtigen Schub erfahren. Wie die italienischen Kollegen (aber im Gegensatz zu Volvo) setzen auch die Konstrukteure aus Södertälje auf Gas als einzigen Kraftstoff und das Ottoprinzip, also die Zündung des stöchiometrischen Gemischs mit Zündkerzen. Im Fall Scania stammt dabei die komplette Einspritzanlage von Bosch. Drei Leistungsstufen bieten die Schweden derzeit mit Gasantrieb an: 280 oder 340 PS aus dem 9,3 Liter großen Fünfzylinder OC09 sowie 410 PS aus dem 12,7 Liter großen Reihensechszylinder OC13. Letzterer ist der jüngste Vertreter und mit immerhin 2.000 Nm maximalem Drehmoment (2.150 Nm sind es beim Diesel-Pendant DC13) auch eine echte Alternative für den Einsatz im Fernverkehr.

Volle Tonnen sind durchaus möglich

Interessanter Nebenaspekt: Während Scania bei den Dieselmotoren bis hin zum V8 einen nahezu kompletten Schwenk in Richtung "SCR-only" vollzogen hat, arbeiten die Gasmotoren mit einer Abgasrückführungsrate von bis 20 Prozent. Als Hauptgrund führen die Schweden thermische Aspekte ins Feld; die Abgasreinigung wäre prinzipiell wohl auch allein mit dem Dreiwegekatalysator zu stemmen. Bei der ersten Fahrvorstellung des 410 PS starken Gasmotors in deutschen Gefilden profitiert Scania ein wenig von der Iveco-Pionierarbeit: Treffpunkt ist die im Juni 2016 eröffnete LNG-Tankstelle vor den Toren von Magirus in Ulm. Öffentlich zugängliche Alternativen finden sich derzeit nur in Berlin und Hamburg, doch es ist Besserung in Sicht. Unter anderen plant Shell den weiteren Ausbau der LNG-Infrastruktur, und auch das Bundesverkehrsministerium strebt bis 2025 flächendeckend rund 40 Tankstellen an. Doch zurück zum Testfahrzeug. Von Ulm aus geht es auf einen knapp 250 Kilometer langen Rundkurs über die A 7 nach Lindau, ein Stück am Bodensee entlang und über die B 30 wieder retour. Der dabei eingefahrene Durchschnittsverbrauch von 23,2 Kilogramm LNG (was vom Energiegehalt her knapp 31 Liter Diesel entspricht) ist schwer einzuschätzen, fällt im gedanklichen Vergleich mit einem ähnlich motorisierten Diesel aber zumindest nicht aus dem Rahmen. Beim Gesamtgewicht mit gelenktem Zweiachs-Sattelauflieger beließ es Scania bei 32 Tonnen, was in etwa die angepeilte Obergrenze für den 410er darstellt.

Volle 40 Tonnen sind aber durchaus möglich, zum Beispiel im schweren Verteilerverkehr mit abnehmendem Gewicht von einer Abladestelle zur nächsten. Dabei käme auch die Tankstellenversorgung infrage: ADR-Varianten mit dem OC13 bietet Scania ebenso an wie Low-Deck-Varianten für Volumentransporte. In jedem Fall ist der Retarder unverzichtbar, denn abgesehen vom reinen Schleppmoment ist beim Gasmotor verzögerungstechnisch nichts zu holen. Auf der Autobahn den Tempomaten auf übliche 85 km/h gesetzt, macht sich auf dem ersten hügeligen Streckenabschnitt das Gefühl breit, dass irgendwas fehlt. Des Rätsels Lösung: Ein Freilauf ist in Verbindung mit dem Gasmotor (noch) nicht in die Getriebesteuerung integriert, ebenso glänzt die Pulse-and-Glide-Funktion durch Abwesenheit. Dem stetigen Wechsel aus Angasen und Rollenlassen, den das Scania-System auf leicht welliger Fahrbahn verordnet, dürften freilich die wenigsten Fahrer eine Träne nachweinen. Ansonsten ist das typische Scania-Software-Tripel installiert, also Eco-, Standard- und Power-Modus inklusive Kick-down.

Scania G 410 LNG
Thomas Küppers
Der Aufkleber an der Sonnenblende gibt eine Orientierung für die Parkdauer mit vollen LNG-Tanks.
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