Das Jahr ist noch neu, doch die Rituale sind die alten: Erneut sitzen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen, um über höhere Löhne und Gehälter zu feilschen. In sechs Ländern stehen Tarifgespräche an, darunter Rheinland-Pfalz und Hessen. Das Ritual sieht vor, dass die Gewerkschaft einen kräftigen Schluck aus der Pulle verlangt und die Arbeitgeber im Gegenzug bekräftigen, dass sie nichts zu verschenken haben. Dieses Jahr stehen die Chancen aber gut, dass der Poker geräuschlos und ohne das obligatorische Säbelrasseln über die Bühne geht. Beide Seiten werden anerkennen müssen, dass die Wirtschaft schlagartig angesprungen ist und sich die Auftragslage vielerorts sehr rosig darstellt. Keine Frage, dass auch die Mitarbeiter daran partizipieren wollen - zumal sie sich lange in Zurückhaltung geübt haben. Kurzarbeit und andere Einschnitte sind nicht vergessen. Die Arbeitnehmerseite weiß um ihre Stärke: Nicht nur die Auftragslage ist ein gutes Argument, hinzu kommt der sich abzeichnende Fachkräftemangel. Viele Chefs werden keine andere Wahl haben, als ihre Mitarbeiter gut zu entlohnen. Wie sonst sollen sie noch qualifizierte Leute finden? Das gilt erst recht in strukturschwachen Gebieten. Am längeren Hebel sitzen die Arbeitnehmer aber nicht. Denn die Mitarbeiter mögen Nullrunden gedreht oder Gehaltskürzungen hingenommen haben. Eines muss man den Spediteuren aus dem Mittelstand zugute halten: Sie haben - wo immer es ging - trotz schwierigster Bedingungen versucht, ihre Leute zu halten. Und die Arbeitsplatzsicherheit war in den Krisenjahren mehr wert als jeder Gehaltsaufschlag.