Das EU-Parlament folgt nicht dem Votum des Verkehrsausschusses – BGL und Verdi atmen auf.
Die Neuregelungen zu Lenk- und Ruhezeiten und Entsendungen für Lkw-Fahrer werden in Brüssel noch einmal überarbeitet. Das Europäische Parlament hat Reformvorschläge des Verkehrsauschusses im Rahmen des ersten EU-Mobilitätspakets abgelehnt und die Abstimmung auf die Plenarsitzung im Juli verschoben. Damit können in der Zwischenzeit noch Änderungsanträge eingebracht werden. Der Ausschuss hatte sich unter anderem mehrheitlich dafür ausgesprochen, internationale Transporte vom Mindestlohn auszunehmen und die Ruhezeitenregelung flexibler zu gestalten. Von den Bestimmungen sind etwa drei Millionen Lkw-Fahrer betroffen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) begrüßt das eindeutige Votum: "Damit kann das deutsche Transportgewerbe weiter darauf hoffen, dass durch das Mobilitätspaket der EU fairere Rahmenbedingungen auf dem EU-Transportmarkt geschaffen werden", zeigte sich BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dirk Engelhardt erleichtert.
Der Verband hatte vor der Abstimmung gewarnt, dass eine Streichung grenzüberschreitender Verkehre aus der EU-Entsenderichtlinie unweigerlich zu weiteren Marktanteilsverlusten deutscher Unternehmen im europäischen Güterverkehr führe. Der BGL setzt darauf, dass das Parlament bei der weiteren Beratung über die Entsenderichtlinie "eine ausgewogenere und mit mehr Fairness ausgestattete Lösung" findet, bevor es versucht, mit dem EU-Verkehrsministerrat und der Europäischen Kommission eine Einigung zu erzielen. Andernfalls seien nicht zuletzt Fahrer aus Niedriglohnländern, auf deren Rücken Sozialdumping betrieben werde, die Leidtragenden. Die Abgeordneten hatten gleichzeitig aber auch die Vorschläge zum Marktzugang und zu den Lenk- und Ruhezeiten abgelehnt. Diese seien aber eine deutliche Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Zustand und dürften nicht "durch einen Verzicht auf Entsenderegelungen im internationalen EU-Verkehr zunichte gemacht werden", sagte Engelhardt.
Fahrer-Nomadentum soll wirkungsvoll bekämpft werden
Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) dagegen hatte genau auf die Lösung gesetzt, die die Parlamentarier jetzt zurückgewiesen haben und sah darin eine Stärkung der auf Arbeitsteilung, Spezialisierung und offene Grenzen aufgebauten Logistik. Es sei nicht zu verkennen, dass im europäischen Straßengüterverkehr soziale Fehlentwicklungen entstanden seien, betonte der DSLV. Die konsequente Umsetzung des vom Ausschuss ebenfalls beschlossenen Vorschriftenpakets zu Lenk- und Ruhezeiten, Übernachtungen im Fahrzeug und zur Wochenruhezeit reiche aber aus, um die Bedingungen deutlich zu verbessern und das Fahrer-Nomadentum wirkungsvoll zu bekämpfen. Die Kontrolldichte in Europa müsse spürbar erhöht werde, einer Ausweitung des Entsenderechts bedürfe es aber dafür nicht. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte die vom Ausschuss abgesegneten Veränderungen im Vorfeld als "katastrophal2Projek eingestuft. Damit werde verhindert, dass der Lohn vor Ort bei internationalen Transporten gezahlt werden müsse, außerdem werde ermöglicht, dass das Fahrpersonal sämtliche wöchentlichen Ruhezeiten in der Fahrerkabine verbringe. Dem Geschäftsmodell der Briefkastenfirma werde so weiter Vorschub geleistet, kritisierte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.