Rechtsanwältin Dr. Talke Ovie über den neuen Zollkodex der Union und die "Erhebung von Einfuhrabgaben aufgrund von Verfehlungen".
Das Thema Im- und Export ist für viele Logistiker Pflicht, die ständigen Änderungen machen die Zollabwicklung aber zur Kür. 2016 steht etwa die Reform des Zollrechts durch den Zollkodex der Union (UZK) an. Aber auch die aktuellen Herausforderungen sind mehr als genug, wie Dr. Talke Ovie von der Kanzlei Harnischmacher Löer Wensing Rechtsanwälte aus Münster erklärt.
Logistiker treten bei der Zollabwicklung zwar grundsätzlich als Dienstleister auf, kommen aber dennoch als Einfuhrabgabenschuldner in Betracht und werden von der Zollverwaltung nach wie vor als solche herangezogen. Klassische Beispiele dafür sind etwa die Abwicklung von Versandverfahren, bei der der Logistiker als Hauptverpflichteter auftritt, der für die ordnungsgemäße Abwicklung des Versandverfahrens garantiert - und dies gegebenenfalls, ohne jemals mit der Ware in Berührung gekommen zu sein.
Auch bei einem Verstoß gegen zollrechtliche Bewilligungen - beispielsweise wenn Aufzeichnungen für das Zolllager unzutreffend geführt werden - werden Logistiker in die Haftung genommen. Oftmals handeln die Logistiker aber auch ohne wirksame Vollmacht oder in indirekter Stellvertretung, was zu einer Inanspruchnahme führen kann.
Was ist das größte Problem dabei?Problematisch ist nach wie vor, dass es bei einer Inanspruchnahme nicht auf subjektive Momente ankommt. Allein ein formaler Fehler reicht, um die Zollschuld auszulösen. Dies hat der Europäische Gerichtshof im Juni vergangenen Jahres zum wiederholten Male entschieden. Dabei ging es um die Erhebung von Einfuhrabgaben durch das Entziehen von Waren aus zollamtlicher Überwachung, weil diese zwar formell, nicht aber tatsächlich in das Versandverfahren überführt wurden. Dem normalen Menschenverstand ist dies nicht begreiflich zu machen.
Zwar mag mit dem UZK die Systematik des Zollschuldrechts geändert werden, so dass Verstöße wie in dem Urteil zukünftig nicht zwangsläufig zu einer Zollschuld führen. Zu hoffen - und zu fordern - bleibt jedoch, dass das neue Zollrecht auch entsprechend vollzogen wird und dabei berücksichtigt wird, dass die Logistiker als „verlängerter Arm“ des Zolls tätig werden.
Ihre Forderung?Es darf nicht so sein, dass zukünftig eigentlich eine Zollschuld zu erstatten ist oder zum Erlöschen kommt, weil die Ware etwa unverändert wieder aus der EU ausgeführt wurde - was derzeit so nicht möglich ist -, aber der Sachverhalt zu Lasten der Logistiker dahingehend gewertet wird, dass ein "Täuschungsversuch" oder, falls eine Billigkeitsentscheidung in Betracht kommt, grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, worüber sodann wie auch jetzt langwierig gerichtlich entschieden werden muss - nur um zu verhindern, dass der Bundesrepublik Deutschland die nicht erhobenen Zölle angelastet werden.