Der erste Eindruck, den der zum Test angetretene TGX 18.510 GM ("Großraumkabine mittelhoch") macht, fällt sehr harmonisch aus: Die Mischung aus vertrauten und neuen Stilelementen, mit prägnanteren Kanten und der nach unten verlängerten Kühlerblende, fügt sich nahtlos ineinander. Auch praktische Aspekte kommen nicht zu kurz: Der Einstieg über treppenartig angeordnete Stufen ist bequem, beide Seitenspoiler klappen unkompliziert an die Rückwand und mit Schaltern unten in der Tür lassen sich von außen die Fenster schließen, Arbeitsscheinwerfer und Warnblinker einschalten. Trotz Standklimaanlage bieten beide Außenstaufächer das volle Volumen von zusammen weit über 400 Liter: Die Speicheranlage mit ausgefülltem linkem Staufach ist passé, eingebaut ist nun eine voll integrierte Anlage. Beide Fächer sind zudem von innen zu erreichen. Der Raum dazwischen ist mit zwei Schubladen, davon eine mit 50-Liter-Kühlschrank, praxisgerecht sortiert. Im Cockpit prägt eine bauchigere Armatur das Bild, mittig kombiniert mit einem Multimedia-Bildschirm mit handlichem Dreh-Drück-Steller. Mit bis zu 57 Grad Steilstellung ist auch die Lenkradverstellung überzeugend, mehr gibt es nur im Volvo. Das rote und weiße LED-Innenlicht ist dimmbar, Bedienteile sind an beiden Liegen installiert (unten sogar mit Kabelfernbedienung) und die Sicht an A-Säulen und Spiegelgehäusen vorbei ist nun sehr viel besser: Das passt alles.
Neue Radarsensoren nach vorn und hinten
Die Frontklappe ist allerdings nicht mehr von innen verriegelt und gibt auch nur noch die Einfüllstutzen für Kühlwasser und Öl frei. Wischwasser wird nun im rechten Einstieg nachgefüllt. Den umgekehrten Weg hat der Knopf für die Kippelektrik genommen: Der siedelt nicht mehr auf der Beifahrerseite rechts unten, sondern hinter der Frontklappe an der Fahrerhauskante. Man muss sich also nicht mehr hinknien, eine Kabelfernbedienung mit etwas Abstand zum Kippvorgang wäre aber keine schlechte Idee gewesen. Fast schon MAN-Tradition: Der Aufstieg vorne ist mit einer Stufe unten dürftig, der mitgelieferte Teleskopwischer, jetzt im Außenstaufach platziert, bleibt dem TGX erhalten. Neu zu entdecken gibt es je zwei nach vorn und hinten gerichtete Radarsensoren auf Fahrer- und Beifahrerseite. Kombiniert mit Warnlampen in den A-Säulen basieren darauf der Abbiege- (aktiv bis 30 km/h) und der Spurwechselassistent (ab 32 km/h). Unter der GM-Kabine, die in ihren Grundfesten dem bisherigen XLX entspricht, lassen sich einige Überarbeitungen am D26-Motor in Euro-6d-Version schon von außen erkennen.
Mit der Soft-AGR-Abgasnachbehandlung ist zum Beispiel der AGR-Kühler deutlich kleiner geworden. Im Gegenzug liegt der Adblue-Bedarf höher, dazu später mehr. Statt eines zweistufigen kommt ein einstufiger Turbolader mit elektrischer Wastegate-Regelung und direkter Ladeluftkühlung zum Einsatz, wobei der Wegfall der bisherigen Niedertemperaturkühlung auch Gewicht spart. Unterm Strich spricht MAN von rund 70 Kilogramm weniger Motorgewicht, wozu leichte Nebenaggregate wie der elektrisch geregelte Einzylinder-Luftpresser ebenfalls beitragen (für Anwendungen mit höherem Luftbedarf gibt es eine Zweizylinder-Variante). Weiteres Gewicht sparen Einblattfedern vorne, die bei 4x2-Zugmaschinen mit D26 aber schon seit Jahren ein gewohnter Anblick sind. Analog gilt das für die Vierbalg-Luftfederung hinten und das luftgefederte Fahrerhaus, was im Verbund eine komfortable Mischung ergibt. Lediglich bei harten Bodenfugen kommen die Einblattfedern an ihre Grenzen und es setzt den einen oder anderen Schlag aus Richtung Vorderachse.
Zu den leisesten Vertretern seiner Zunft zählt der TGX nicht, insgesamt fährt es sich aber entspannt. Auffallend ist unter Volllast lediglich eine Art Resonanzfrequenz um 1.200 Touren, bei der am Lenkrad spürbare Vibrationen auftreten. Bei der niedrigen Marschdrehzahl mit langer, 2,31 zu 1 übersetzter Achse (1.060 Touren bei 85 km/h) kommt der Fall aber nur kurzzeitig in Steigungen vor. Die elektrisch unterstützte Lenkung ist in allen Lebenslagen gut abgestimmt und der darauf aufbauende Spurrückführungsassistent (Lane Return Assist, LRA) bemerkenswert unaufdringlich: An das leicht übersteuerbare System gewöhnt man sich schnell. Ein nettes Gimmick beim Blinker: Es sind vier Lautstärken von "leise" bis "sehr laut" einstellbar.
Summa summarum steht mit 740 Liter Diesel (490 plus 250 Liter) und 80 Liter Adblue ein Leergewicht von rund 7,7 Tonnen zu Buche, was angesichts der Fahrerhausgröße und der üppigen Ausstattung mit Retarder in Ordnung geht. Der Retarder stammt wie das Getriebe "aus dem Konzern", wie man in München sagt, also von Scania. Mit fortgesetztem Antippen des Lenksäulenhebels ist die Motorbrems- und Retarderleistung in fünf Stufen abrufbar, beim Zug über eine spürbare Raste hinweg auch gleich das Maximum. Wie vom TGX gewohnt fliegen die Dauerbremsen beim erneuten Gasgeben automatisch raus. Alternativ sind die D26-Fernverkehrszugmaschinen auch wieder ganz offiziell mit dem ZF-Traxon-Getriebe zu bekommen (wie mit den D15- und D38-Motoren sowieso). In jedem Fall übernimmt MAN die Programmierung und Steuerung selbst, mit der spleenigen Eigenart, beim 12+2-Gang-Getriebe von Scania die Gänge von 1 bis 14 durchzuzählen. Die Instrumente sind mit zwei analogen Uhren und mittigem 5-Zoll-Display zu haben oder, wie im Testwagen, als komplett digitale Variante mit 12,3-Zoll-Bildschirm.
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