Facebook hat sich für Lkw-Fahrer längst zu einer oft benutzten Quelle für Informationen zum Thema Lenk- und Ruhezeiten entwickelt. Es wird dabei auch gerne munter über die Qualität der Modulschulungen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse diskutiert. Nun hat sich Peter Barth in einen Thread eingeschaltet. "Der Junior meines Chefs fährt seit diesem Jahr bei uns in der Firma mit", schreibt Peter. "Ich weiß nicht, wo der die Fahrschule gemacht hatte, aber da kamen Fragen auf, das glaubt man kaum." Und so schildert Peter folgendes Beispiel: "Mein Juniorchef wollte nicht glauben, dass er innerhalb von 24 Stunden die Fahrzeit, die Pausen und alles andere drin haben muss, um auf die neun oder elf Stunden Pause zu kommen, aus der sich die Schichtzeit ergibt. Er meinte, ich hätte keine Ahnung."
Als Beleg führt Peter einen aktuellen Bußgeldbescheid an. Etwas über 80 Euro soll er zahlen. Er habe demzufolge elf Stunden Pause um eine halbe Stunde verkürzt, obwohl er in der Summe knapp zwölf Stunden Pause gemacht hatte. Nun ist Peter verunsichert, denn es geht ja immerhin um den Juniorchef. Und damit letzten Endes auch um die Planung der Touren durch die Disposition. "Aber wie will man jemandem etwas vermitteln, der so auf seinem Standpunkt beharrt?"
Den Pausenbegriff gibt es nur im Arbeitsgesetz
Fred Dremel kennt genau diese Problematik allzu gut. Mehr als 30 Jahre lang hat er als Betriebskontrolleur für das Dezernat 55, den sogenannten technischen Arbeitsschutz der Bezirksregierung Köln, Speditionen geprüft. Nun gibt er im Rahmen von Modulschulungen sein enormes Wissen über die Sozialvorschriften an die Fahrer weiter.
Das Bußgeld, das Peter nun bezahlen muss, sei von der Sache her wohl nicht anzufechten, sagt Dremel. Doch zunächst will er noch über die immerwährenden sprachlichen Ungenauigkeiten vieler Fahrer aufklären. "In den europäischen Verordnungen zu den Sozialvorschriften oder zur Nutzung des Kontrollgerätes ist ausschließlich von Fahrtunterbrechung und Ruhezeit die Rede, der Begriff der Pause wiederum findet sich nur im Arbeitszeitgesetz." Auch gibt es den Begriff der "Schichtzeit" im offiziellen Sprachgebrauch nicht, sondern das ist der Rahmen, in den die täglichen Lenk,- Ruhe-, Arbeits- und Bereitschaftszeiten sowie die Fahrtunterbrechungen gebettet sind: die Einsatzzeit.
Nach jeder Ruhezeit beginnt ein neuer 24-Stunden-Rhythmus
Peters Verstoß ist also mit Recht bei einer Kontrolle aufgefallen. "Die Software, die der Polizei oder dem BAG zur Verfügung steht, wertet die Daten rigoros nach dem Gesetz aus", erklärt Dremel. Einen Spielraum, den die Kontrolleure früher bei einer Tachoscheibe vielleicht noch mit etwas Augenmaß hatten, wenn sonst alles in Ordnung war, gibt es mit dem digitalen Kontrollgerät nicht mehr. Peter hat also recht gehabt. Es ist ganz klar: Nach jeder täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit beginnt immer ein neuer 24-Stunden-Rhythmus. "Das ist allerdings völlig unabhängig von der Uhrzeit", sagt Dremel mit vollem Ernst. Solche Fragen muss er nämlich immer wieder beantworten "Es wird also nicht nach Mitternacht wieder neu gerechnet." Dreimal pro Woche darf der Fahrer die tägliche Ruhezeit von elf auf neun Stunden verkürzen.
Offenbar, erläutert Dremel, hatte Peter zum Zeitpunkt seines Verstoßes bereits alle drei 9er-Ruhezeiten verbraucht, sonst wäre er nicht in die Falle getappt. "Peter hätte auch 17 Sunden Ruhezeit machen können, sie wären in diesem konkreten Fall nicht angerechnet worden. Denn er hat sie erst 30 Minuten nach Ende seiner Einsatzzeit begonnen und damit zu spät." So ist es am Ende eben der Chef, der Juniorchef oder der Disponent in Rücksprache mit dem Fahrer, der vor Ort das Kontrollgerät bedienen muss, die Peters Lenk- und Arbeitszeiten so planen müssen, dass er genau im Rahmen seiner maximal erlaubten Einsatzzeit "in Frieden im Lkw ruhen kann".