Das Gummi qualmt, die Klinge glüht und rutscht über den Reifen, ohne zu schneiden – der erste Selbstversuch des Autors, immerhin gelernter Kfz-Mechatroniker, ist gescheitert. Grundsätzlich aber sei das Nachschneiden von Reifen kein Hexenwerk und schnell zu lernen, sagt Edmund Lehmann von Michelin. Er leitet seit 25 Jahren Schulungen beim Reifenhersteller in Karlsruhe und wundert sich, warum nicht mehr Lkw-Reifen nachgeschnitten werden: "Die Leute scheinen zu viel Geld zu haben, denn nur etwa 30 Prozent der Speditionen schneiden ihre Reifen nach. Dabei kann man mit zehn Prozent Kosten 25 Prozent Laufleistungsgewinn herausholen", sagt der Experte.
Nur zehn Minuten pro Reifen
Ein oft vorgebrachtes Argument gegen das Nachschneiden ist der Zeitaufwand. In der Praxis aber braucht man für das Bearbeiten aller Längsrillen pro Reifen nur etwa zehn Minuten. Ein Reifen für die Antriebsachse ist in weniger als 30 Minuten wieder fit. "Das kann man bequem in ruhigen Phasen machen, in denen in der Werkstatt nicht so viel los ist", sagt Lehmann. Oft werden im Herbst neue Reifen montiert, über den Winter könnten die "Alten" nachgeschnitten werden. Auch immer mehr Reifendienste bieten das Nachschneiden als Service an und verlangen rund 30 Euro pro Reifen.
Man muss sich nur trauen, das erste Mal mit dem Messer in den Reifen zu schneiden – zerstören kann man im Prinzip nichts, wenn man die Nachschneideempfehlungen des Reifenherstellers beachtet. In jedem Reifen befindet sich ab Werk das sogenannte Nachschneidegummi, eine etwa drei bis vier Millimeter dicke Gummischicht unter dem sichtbaren Original-Profil. In dieses Gummi wird das neue Profil geschnitten. Wie tief nachgeschnitten werden darf, entscheidet die Restprofiltiefe. "Michelin hat für fast jeden Reifen Nachschneideempfehlungen. Bei einem Restprofil von drei Millimetern kann man vier Millimeter tief nachschneiden und erhält eine neue Profiltiefe von sieben Millimetern", so Edmund Lehmann. Einschränkungen gibt es nur wenige. So dürfen die Reifen an der Lenkachse von Bussen nicht nachgeschnitten werden. Und manche Verlader aus der Chemiebranche erlauben nur neue Reifen für die Transporte. Grundsätzlich seien aber auch Gefahrguttransporte erlaubt. "Gerade bei Reisebussen ist das Nachschneiden der Antriebsachsreifen ein Thema", sagt der Experte und fügt hinzu: "Auch wenn die Profiltiefe eigentlich noch ausreicht, sieht es manchmal etwas wenig aus. Das sehen die Fahrgäste und es kann ein schlechter Eindruck entstehen."
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