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Standgeld Anerkannter Ausgleich

Anerkannter Ausgleich Foto: Jüngst, Küppers; Montage: Mannchen

Wenn ein Frachtführer ein eindeutiges Zeitfenster bekommt, muss die Entladung in dem Zeitrahmen auch erfolgen – ansonsten darf er ein Standgeld erheben. Das zeigt der Fall eines Mitglieds des Landesverbands Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV).

Einen kleinen Erfolg können ein Frachtführer, der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV) und die Transportbranche verbuchen: Das Amtsgericht Köln hat sich in einer Standgeldsache auf die Seite des Transportunternehmens gestellt: Das Verfahren des Frachtführers gegen eine Handelskette endete mit einem ­Anerkenntnisurteil.

Frachtführer aus Thüringen hat geklagt

In dem Fall vor dem Amtsgericht Köln (23.01.2014, AZ: 138 C 613/13) hatte ein Frachtführer aus Nordthüringen geklagt, der auch Mitglied des LTV ist. Der Transportunternehmer war von einem Logistikdienstleister beauftragt worden, palettiertes Gut bei einer Handelskette anzuliefern. Als sich der Fahrer beim Pförtner des Handelsunternehmens meldete, um die Ladepapiere abzugeben, erhielt er ein Funkgerät, über das er später das Zeitfenster 14 Uhr mitgeteilt bekam.

Wie allgemein üblich, meldete er sich schon ein bisschen früher beim Wareneingang zur Entladung, um 13.30 Uhr. Trotzdem konnte er erst um 15.20 Uhr zu einem benannten Tor fahren. Die Entladung begann dann um 15.30 Uhr und war um 16.45 Uhr beendet. Der Fahrer musste allerdings noch bis 17.30 Uhr auf seine Papiere warten und konnte erst um 17.35 Uhr den Betriebshof des Handelsunternehmens wieder verlassen. Der Frachtführer verlangte daraufhin von der Handelskette bei einer Gesamtwartezeit von vier Stunden für eine unangemessene Entladezeit von zwei Stunden ein Standgeld von jeweils 50 Euro pro Stunde. Dagegen wehrte sich die Kette, sodass die Sache vor dem Amtsgericht Köln landete. Das stellte sich aber laut dem LTV auf die Seite des Klägers, also des Frachtführers.

Argumente der Handelskette blieben erfolglos

Und das trotz umfangreicher Einwendungen der Beklagtenseite, wie Dr. Ulrich Hoffmann, Rechtsreferent des LTV in Erfurt, gegenüber trans aktuell mitteilt. So habe die Handelskette etwa zu ihrer Verteidigung ausgeführt, dass an dem Lagerstandort täglich sehr viele Lkw abzufertigen seien und dass mit der Zeitfensterbuchung grundsätzlich auch gewährleistet sei, dass Warenannahme und Entladung in möglichst kurzer Zeit erfolgen. Die Handelsfirma war daher nicht der Meinung, dass im Streitfall eine angemessene Entladezeit überschritten worden sei. Doch die Argumente blieben erfolglos.

Laut Hoffmann müssen die Frachtführer sehr häufig beim Absender oder Empfänger länger stehen, als es eine angemessene Be- oder Entladezeit erlaubt. "Wir schätzen, dass pro Fahrzeug und Jahr bis zu 250 Stunden unproduktive Standzeiten auflaufen, die unsere Unternehmer als Kostenfaktor vertreten müssen", sagt Hoffmann. Von der sogenannten Rampenproblematik seien ja nicht nur die LTV-Mitglieder betroffen, sondern alle Güterkraftverkehrsunternehmer in Deutschland.

"Rund zwei Stunden für Be- und Entladen sind angemessen"

"Wir gehen davon aus, dass für einen 40-Tonnen-Anhänger- oder Sattel
anhängerzug bei voller Ladung von 25 Tonnen rund zwei Stunden jeweils für die Be- als auch für die Entladung angemessen sind", sagt der Jurist. Dieser Wert sei dem Paragraf 5 der Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer entlehnt (siehe Kasten) und werde von den Amtsgerichten im Allgemeinen anerkannt, so auch im Falle des Arbeitsgerichts Köln.

Um auf der sicheren Seite zu sein, rät der Verband den Fahrern, für anfallende Standzeiten sowohl bei der Be- als auch bei der Entladung Protokolle zu führen. "Hier wird zwar meistens die Bestätigung durch das Rampenpersonal verweigert, trotzdem sind diese Protokolle ein Indiz für die tatsächlich angefallenen Standzeiten." Der betroffene Unternehmer schreibt dann eine Standgeldrechnung an den verursachenden Unternehmer und nimmt bei Zahlungsverweigerung gerichtliche Hilfe in Anspruch.

Die Verursacher der Standzeiten leisten Widerstand

Dass der Verursacher der langen Standzeiten, der sich auf einmal mit einer Geldforderung konfrontiert sieht, darüber nicht erfreut ist, kann man sich denken, mehr noch: "Die Verursacher der Standzeiten leisten in der Regel erbitterten Widerstand", berichtet der Rechtsreferent des thüringischen Landesverbands, "teilweise werden sogar Standgeldrechnungen mit Hausverboten gegenüber dem Anspruch stellenden Unternehmer geahndet." Eine umstrittene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahre 2005 gebe allerdings ­Hilfestellung (20.10.2005, Az.: I ZR 201/04).

Eben dieses BGH-Standgeldurteil billigt laut Hoffmann nur dem sogenannten Hauptfrachtführer einen Standgeldanspruch bei unangemessenen Entladezeiten gegenüber dem Empfänger zu, nicht aber dem "Unterfrachtführer", dessen Fahrzeuge an den Rampen der Empfänger stehen. Diese Ansicht korrespondiere weder mit dem Anliegen der Transportrechtsreform 1998 noch mit dem Urteil des BGH vom 14.06.2007, Az.: I ZR 50/05. "Das billigt dem Empfänger auch Schadensersatzansprüche wegen Verlusts oder Beschädigung des Gutes gegen den Unterfrachtführer zu", sagt Hoffmann. Daraus würden viele Fachjuristen im Umkehrschluss schließen, dass damit im Gegenzug auch dem "Unterfrachtführer" ein Anspruchsrecht auf Standgeld wegen unangemessener Entladezeiten beim Empfänger zuzubilligen ist.

Laut Hoffman rät der LTV seinen Mitgliedsunternehmen jedenfalls auch weiter, pro Stunde 50 Euro als Ausgleich für unangemessene Standzeiten zu verlangen. Das wurde bisher von anderen Amtsgerichten anerkannt – und hat auch in Köln funktioniert.

So steht’s im Vertrag

Paragraf 5, Absatz 2: Für das Beladen und das Entladen steht eine dem jeweiligen Vorgang angemessene Zeit (Ladezeit, Entladezeit) zur Verfügung. Für Komplettladungen ... eines Auftraggebers mit Fahrzeugen/Fahrzeugeinheiten mit 40 t zulässigem Gesamtgewicht beträgt die Be- und Entladezeit (höchstens 1 Beladestelle,höchstens 1 Entladestelle), vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Absprachen, pauschal jeweils maximal 2 Stunden für die Beladung und maximal 2 Stunden für die Entladung. Bei Fahrzeugen/Fahrzeugeinheiten mit niedrigerem Gesamtgewicht reduzieren sich diese Zeiten (...).

Quelle: BGL - Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer (VBGL)

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