Mit der Entwicklung von Warnsystemen und einer speziellen Gestaltung der Kabinen wollen Mercedes und Volvo das Risiko verringern, dass Fahrer während der Arbeit einnicken.
Müdigkeit am Steuer ist eine der häufigsten Unfallursachen im Güterverkehr auf der Straße. Ein Lkw, der auf der Autobahn mit Tempo 85 fährt, legt in zwei Sekunden 50 Meter zurück. Nickt der Fahrer eines Lkw nur zwei Sekunden ein, bewegt sich sein Fahrzeug also 50 Meter im Blindflug. Jeder vierte Unfall auf der Autobahn ist laut Statistik auf Übermüdung zurückzuführen. Das sind etwa doppelt so viele wie auf Alkohol.
DAS warnt optisch und akustisch
Driver Alert Support (DAS) nennt sich ein sensorbasiertes Assistenzsystem, mit dem Volvo nun das Problem angehen will. Gleichzeitig soll ein auf den Fahrer abgestimmtes Bett erholsamen Schlaf gewährleisten und das Risiko des Sekundenschlafs während der Fahrt verringern. DAS erfasst Symptome von Müdigkeit und reagiert darauf mit einem optischen und akustischen Signal.
Attention Assist beobachtet die Lenkbewegungen
Ein ähnliches System entwickelt Mercedes mit dem sogenannten Attention Assist. Das System gewinnt seine Infos aus dem spezifischen Fahrverhalten, die durch Faktoren wie Tageszeit, Fahrdauer oder Bedieneingriffe ergänzt werden. Die notwendigen Bezugsgrößen haben die Entwickler des Systems gewonnen, indem sie die Hirnstromaktivitäten von Testfahrern bei Ermüdung und Schläfrigkeit analysierten und das Ergebnis mit ihrem aktuellen Fahrverhalten und den Lenkbewegungen verglichen.
Wissenschaftliche Studien
Wissenschaftlich untersucht haben Mercedes und Volvo in diesem Zusammenhang die körperlichen und psychischen Belastungen beim Übernachten im Fahrerhaus direkt neben der Autobahn. In Schweden initiierte Volvo eine zwei Nächte dauernde Studie mit Testschläfern in der Globetrotter-Kabine einer FH-16-Zugmaschine – einmal in ruhiger Umgebung und einmal an einem stark frequentierten Rasthof.
Rollendes Schlaflabor
Auch Mercedes wollte genau wissen, wie aufmerksam oder leistungsfähig Fahrer nach einer Übernachtung an der Autobahn sind. Zusammen mit dem schlafmedizinischen Zentrum der Universität Regensburg untersuchten die Schwaben, wie sich Störungen des Schlafs durch Geräusche und nächtlichen Verkehrslärm auf die Fahrer tagsüber auswirken. Ein Actros MP2 1860 wurde dafür kurzerhand zum rollenden Schlaflabor umgerüstet.
Einstellbare Betten
Ergebnis der Studien: Die Schlafumgebung beeinflusst die Leistungsfähigkeit und Wachheitsgrad der Fahrer während der Arbeit. „Die heutigen Bestimmungen zu Lenk- und Ruhezeiten für Lkw-Fahrer können die Sicherheit nur erhöhen, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit wirklich eine ausreichende Entspannung bietet“, so Carl Johan Almqvist, Leiter Verkehrs- und Produktsicherheit bei Volvo Trucks. Volvo gestaltet den Schlafbereich seiner Fernfahrerhäuser daher so, dass erholsamer Schlaf möglich ist. Die Betten sind einstellbar, Matratzen sind in verschiedenen Härtegraden erhältlich, und es kann entsprechend den Vorlieben des einzelnen Fahrers zwischen diversen Matratzenauflagen gewählt werden.
Fahrersitz mit Massagefunktion
Mercedes zeigt mit einer Actros-1860-LS-Zugmaschine, dem sogenannten Topfit-Truck, wie eine Kabine gesunden erholsamen Schlaf fördern kann. Der Lkw ist mit allen derzeit verfügbaren Assistenzsystemen ausgerüstet. Hinzu kommen eine besondere Lärmdämmung, ein hochwertiges Bett und eine leistungsfähige Klimatisierung. Der Fahrersitz ist mit einer Massagefunktion ausgestattet, ein Ionisator reinigt die Luft. Von der Kabinendecke hängen Turnringe über dem Arbeitsplatz, die dem Fahrer Dehnungsübungen ermöglichen.
Power-Naping
Über das Lenkrad lässt sich ein Polster stülpen, das beim Power-Naping einem etwa 20 –minütigen Kurzschlaf als Beinauflage dient. Der elektrisch verstellbare Sitz bringt den Fahrer in die entsprechende Position. Einer besseren Schlafqualität dient auch eine Beduftungsanlage, die über Düsen in der Kabinenwand entweder einschlaffördernde oder vitalisierende Essenzen (Orangen- oder Pfefferminzaroma) in die Kabine sprüht.