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Letzte Meile Studie entkräftet Kritik am Onlinehandel

Foto: Nicole de Jong

Die vielen Bestellungen im Internet sind nicht die Ursache des befürchteten Verkehrsinfarkts in Großstädten - das besagt eine Studie der Unternehmensberatung MRU.

Aktuell nutzen knapp 80 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren das Internet. Das hat nachhaltige Auswirkungen auf das Konsum- und Kaufverhalten in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung. Und so überrascht es nicht, dass sich der Onlinehandel als fester Bestandteil im Alltag der Menschen etabliert hat und das Wachstum im E-Commerce ungebrochen ist. Der E-Commerce ist auch der wichtigste Wachstumstreiber für Lieferdienste, vor allem auch für die im Paketsektor tätigen Anbieter. Und so wächst insbesondere das Aufkommen an Privathaushalten (B2C), das seit einigen Jahren mehr als die Hälfte des Paketvolumens in Deutschland ausmacht.

Lieferverkehre sind nicht Ursache für Staus

Schlagworte wie Zustellchaos oder Innenstadtsterben sind in vielen Diskussionen zu hören. Doch werden die durch den Onlinehandel ausgelösten Lieferverkehre die Ursache des befürchteten Verkehrsinfarkts in Großstädten sein? Und droht der E-Commerce tatsächlich, den stationären Einzelhandel als Haupteinkaufsquelle abzulösen? Nein, lautet das Fazit der Studie "Stadt – Land – E-Commerce", die die auf den KEP-Markt spezialisierte Unternehmensberatung MRU im Auftrag des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) erstellt hat.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse lautet, dass ein zunehmendes Engagement des stationären Einzelhandels wesentlichen Einfluss auf das Wachstum des E-Commerce haben wird. Viele Einzelhändler bieten ihre Waren zunehmend auch online an. Das zeigen die Zahlen in der Studie: Hat der Anteil des E-Commerce am Gesamtumsatz des Einzelhandels im Jahr 2000 bei nur 0,3 Prozent gelegen, lag er 2016 bereits bei 12,7 Prozent. Das ist zwar eine signifikante Steigerung, weist aber nicht auf ein Überhandnehmen des Onlinehandels hin.

Zumal 2016 in Deutschland der Anteil des elektronischen Handels im Non-Food-Bereich 20 Prozent ausgemacht hat. Dazu kommt laut Studie, dass sich der Einzelhandel vergleichsweise breit aufstellt, der Onlinehandel hierzulande aber von den Unternehmen Amazon, Ebay, Otto und Zalando dominiert werde. Die vier Unternehmen vereinen mehr als 60 Prozent des Umsatzes auf sich.

KEP-Dienste erproben neue Lieferlösungen

Die im Zuge des sich ausweitenden E-Commerce zunehmenden Lieferverkehre sind ebenso in die Kritik geraten. Vor allem die in zweiter Reihe haltenden Lieferfahrzeuge der bekannten Dienstleister wurden längst als vermeintliche Ursache aller Verkehrsstaus ausgemacht. Doch auch hier zeigt die Studie auf, dass ein Pauschalurteil nicht haltbar ist. So wurden etwa in Hamburg 2016 mehr als 33 Millionen B2C-Sendungen im Stadtgebiet ausgeliefert. Dafür waren rund 870 Lieferfahrten täglich nötig, wie eine Berechnung ergeben hat.

Das alleine zeigt deutlich, dass der Zahl der Lieferfahrten im alltäglichen Verkehrsgefüge einer Millionenstadt wie Hamburg eine eher untergeordnete Rolle zukommt. Vielmehr  nehmen die Individualverkehre seit Jahren stetig zu. So waren innerhalb der Stadt 2017 mehr als 770.000 Pkw registriert, die ein tägliches Aufkommen von beinahe 1,7 Millionen Fahrten aufweisen.

Die KEP-Dienste sind längst tätig geworden und erproben neue Lieferlösungen. So zeigt das vielfach zitierte Mikrodepot-Konzept von UPS in Hamburg, dass sich Innenstadtzustellung genauso zu Fuß mit Sackkarren oder Lastenrädern erledigen lässt. Die anderen großen Paketdienste haben schon seit einiger Zeit Cargobikes oder Elektrotransporter im Einsatz. Weitere Ideen sollen umgesetzt werden. Wie das Projekt der Bremer Straßenbahn AG, die Pakete morgens per Elektrobus vom Güterverkehrszentrum im Bremer Ortsteil Strom an einen zentralen Punkt in der Innenstadt, etwa den Hauptbahnhof, befördern will.

Die Pakete werden dabei in einem Anhänger transportiert, der sich am Zielort einfach abkoppeln lässt. Die letzte Meile erledigen die Zusteller dann mit dem Lastenrad. Um die Verkehrsbelastung nachhaltig eindämmen zu können, sind umfassende Konzepte und Lösungen gefordert, heißt es in der Studie. Offen sei bislang jedoch, wer diesbezüglich die Initiative ergreife.

Transporte im KEP-Markt

Der KEP-Markt spielt für die Versorgung der deutschen Wirtschaft und die Belieferung von Endkunden eine zentrale Rolle. Das Transportaufkommen im KEP-Markt hat 2016 rund 23,5 Millionen Tonnen bei rund 3,16 Milliarden Sendungen betragen. Das ist das Ergebnis des ersten Teils des Kompendiums "Zahlen, Daten, Fakten der KEP-Branche", das der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK) gemeinsam mit KE-Consult Kurte & Esser erarbeitet hat. Das Kompendium zeigt weiterhin, dass das Transportaufkommen im KEP-Markt zwischen 2010 (18,1 Millionen Tonnen Sendungen) und 2016 um 5,4 Millionen Tonnen auf 23,5 Millionen Tonnen Sendungen gewachsen ist. BIEK und KE-Consult haben zudem herausgefunden, dass bezogen nur auf den Straßengüterverkehr der Anteil des Transportaufkommens im KEP-Markt bei weniger als einem Prozent liegt. Das Kompendium zeigt auf, dass der Anteil des KEP-Markts im endverbrauchernahen logistischen Teilmarkt gerade mal bei etwas mehr als fünf Prozent liegt. Das verdeutlicht wiederum, dass vor allem im innerstädtischen Bereich die KEP-Verkehre weniger intensiv sind, als sie häufig wahrgenommen werden.

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