Blog zur neuen Straßeninitiative Transport soll endlich fairer werden

Foto: Jan Bergrath
Meinung

EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc stellte in Brüssel zusammen mit Beschäftigungskommissarin Marianne Thyssen die lang erwartete Straßeninitiative vor. Sie sprechen von substantiellen Verbesserungen. 

Zwölf Uhr mittags am 31. Mai in Brüssel. Endlich ist es soweit. Eigentlich. Denn wie mir die erfahrenen Korrespondenten hier im großen Pressesaal der EU-Kommission sagen, weiß man an einem Mittwoch, wenn am Vormittag die gesamte Kommission tagt, nie genau, wann es losgeht.

Die Erwartungen sind groß. Die EU-Kommission will endlich ihre Straßeninitiative vorstellen. Bis zuletzt wurde zwischen den Kommissarinnen Violeta Bulc (Verkehr) und Marianne Thyssen (Beschäftigung) vor allem um die sozialen Aspekte des europäischen Straßengüterverkehrs gerungen, der neue französische Präsident Emmanuel Macron soll, so übereinstimmende Quellen vor Ort, noch mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verhandelt haben, heißt es. Es ging dabei um die Frage des Mindestlohns. Denn hier machen einige Länder, was sie wollen. Die Kommission ist darüber nicht begeistert. 

Sozial oder nicht sozial? 

Sozial oder nicht sozial ist also die große Frage, die in den letzten Wochen heftig diskutiert wurde. Vor allem die europäischen Gewerkschaften unter Führung der ETF hatten Druck gemacht. Dazu zählen eine Demo am 26. April in Brüssel, diverse Gespräche mit Frau Bulc und ihrem Team sowie ein Arbeitskampf italienischer Fahrer - alles, um einen möglichen Angriff auf die Ruhezeiten zu verhindern. 

Lange hatte sich die Kommission weder zu den Spekulationen noch zu dem Termin an sich geäußert. Nun ist es soweit. 14 Uhr genau. Nach einer "Reflexion über die Bedeutung der wirtschaftlichen Union" geht es los: Vizepräsident Maros Sefcovic und die beiden Kommissarinnen betreten die Bühne. Und sie versprechen, auch nach intensiven Konsultationen mit den sozialen Partnern, in der Zukunft substantielle Verbesserungen. In der Tat ist eine wichtige Maßnahme der in Brüssel erklärte Kampf gegen die Briefkastenfirmen der westeuropäischen Speditionen, die im Osten Fahrer zu billigen Löhnen anheuern, um sie überwiegend im Westen einzusetzen.

Fünf Tage Kabotage

Grundsätzlich,  das stellen die beiden Kommissarinnen klar, fallen auch LKW-Fahrer unter die Entsenderichtlinie, allerdings mit Besonderheiten des Sektors Transport. Das soll nun zu folgender Lösung führen: Die Kabotage wird auf fünf Tage in einem Land beschränkt, dafür ohne Limit bei den Fahrten an sich. Das soll die Leerfahrten weiter reduzieren. Dafür müssen die Fahrer im Rahmen dieser Kabotage den in den Ländern gültigen Lohn bekommen. Bei internationalen Transporten sollen die Fahrer, die maximal drei Tage in einem Land unterwegs sind, aus der Entsendung entfallen. Die Kontrolle soll verschärft, bürokratischer Aufwand verringert werden. 

Ruhezeit im Hotel 

Bei den Ruhezeiten soll es ebenfalls Änderungen geben: entsprechend der deutschen Regelung muss dann die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit entweder am Wohnort des Fahrers oder in einem Hotel verbracht werden. "Ein Übernachten an einem Ort mit sanitären Anlagen und geeigneter Schlafmöglichkeit ist alternativ möglich", räumt die EU aber ein. Wer als Fahrer auf dem Heimweg ist, darf noch bei einer gewissen Restlenkzeit bis nach Hause fahren, um eine Übernachtung unterwegs zu vermeiden. Insbesondere Fahrer aus Osteuropa sollen spätestens nach drei Wochen an den Standort des Unternehmens beziehungsweise ihrem Lebensmittelpunkt zurückkehren müssen.

In der Tat: eine Änderung der Taktung der Reihenfolge der Ruhezeiten, wie es die ETF befürchtet hat, fällt nun unter den Begriff der Flexibilität. In gedachten vier Wochen kann ein Fahrer zwei reduzierte Ruhezeiten hintereinander nehmen, der Ausgleich kann an einem Stück nach Ende von drei Wochen in der Heimat verbracht werden. Also genau so, wie es sich BGL und DSLV gewünscht hatten. Nur die Ruhezeiten und Lenkzeiten für Fahrer an sich würden nicht angegriffen. 

Transport soll endlich fairer werden

Die Gesetzesinitiative geht nun bereits in den kommenden Tagen zur Diskussion ins Parlament und in den Rat. Der Zeitplan sei ambitioniert, so die Kommissarinnen, die sich fest vorgenommen hatten, keine Spaltung zwischen Ost und West in die Wege zu leiten. Der Transport soll einfach endlich fairer werden. In Ausgabe 8 des Fernfahrer werde ich die geplanten Maßnahmen der Kommission genauer beleuchten. Vor Mitte bis Ende 2019 ist allerdings nach dem nun bald beginnenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Rat mit einer Umsetzung der geplanten Maßnahmen nicht zu rechnen.

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