Welcher alternative Antrieb setzt sich in Lkw-Flotten durch? Auf der Stuttgarter Wasserstoff-Messe hy-fcell standen – dem Messethema entsprechend – die Chancen von Wasserstoff- und Brennstoffzellenantrieb im Mittelpunkt. „Auf hohe Erwartungen folgte Ernüchterung“, sagte Dr. Marco Warth, Vice President Corporate Research and Advanced Engineering bei dem Stuttgarter Automobilzulieferer Mahle. Er beschrieb zu Beginn einer Gesprächsrunde mit dem Titel „Aufbau von H2-Lkw-Flotten“ die Stimmung gegenüber Wasserstoff in den vergangenen Jahren. Das Tal der Ernüchterung habe die Branche nun wieder etwas verlassen. Der Automobilzulieferer spricht sich für Wasserstoff aus. „Wir sind überzeugt, dass es Vielfalt braucht“, sagte Warth. Er forderte Pragmatismus und wettbewerbsfähige Preise, damit der Hochlauf gelingt.
Prof. Dr. Markus Friedl, Institutsleiter an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, plädierte in seinem Vortrag für eine Kombination mehrerer Antriebstechnologien. Bei dem Forschungsprojekt „Erneuerbarer Schwerlastverkehr in Europa (ReHaul)“ der OST untersuchten Wissenschaftler unter Friedls Leitung die Verfügbarkeit der Technologien, die jährlichen Kosten, den erforderlichen Aufwand für die Infrastruktur, die Auswirkungen auf das Energiesystem, praktische Aspekte und das Potenzial für Primärenergie. Letzteres sei unveränderlich, alle anderen Faktoren schon.
Wasserstoff-Tankstellen sind aufwendig
Bei der Infrastruktur haben den Forschungsergebnissen zufolge Elektro- und H2-Antrieb Nachholbedarf. „Die Speicherfunktion ist beim Wasserstoff ein großer Vorteil“, sagte Friedl. „Allerdings sind H2-Tankstellen noch aufwendiger bei der Inbetriebnahme und im Betrieb.“ Er warnte davor, ausschließlich auf BEV in der Flotte zu setzen. „Je mehr BEV in der Flotte sind, desto herausfordernder wird der Ausbau der Infrastruktur“, sagte Friedl.
Bei der von Dr. Manuel C. Schaloske, Bereichsleiter Mobilität bei der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate, moderierten Diskussion, erklärte auch die Nutzfahrzeug-Vermietung Hylane ihre Sichtweise. Mitte des Jahres hatte Hylane bekanntgegeben, neben Wasserstoff- nun auch Elektro-Lkw zu vermieten. „Es war von Anfang an der Plan, mit einer Technologie zu starten, dann aber beide anzubieten“, sagte Maximilian Draxler, Geschäftsführer bei Hylane. Welcher Antrieb mehr Sinn macht, entscheide die Flottenperspektive und nicht die Streckenlänge. „Das ist rein vom Use Case abhängig“, sagte Draxler.
Technologien müssen wirtschaftlich tragfähig sein
Die Politik gab sich neutral. „Wir müssen den Kampf gegen den Klimawandel führen“, sagte Philipp Franke, Leiter des Bereichs Mobilität im baden-württembergischen Verkehrsministerium. Er sprach sich für Technologieneutralität aus. Aber die Technologien müssten auch wirtschaftlich tragfähig sein. Prof. Friedl von der OST hielt dagegen: „Die Politik ist nicht wirklich technologieneutral.“ In der Schweiz würden BEV im Fokus stehen.
Beim einjährigen Praxistest des Lkw-Herstellers Daimler Truck schnitten Wasserstoff-Lkw gut ab. Der US-amerikanische Wasserstoff-Produzent Air Products testete den Mercedes-Benz GenH2 Truck ein Jahr lang. „Das H2-Fahrzeug hat sich bewährt“, sagte Thomas Hollad, Transport and Asset Manager Northern Continent bei Air Products. Der Diesel-Ersatz-Lkw musste im gesamten Jahr nur einmal „einspringen“. Nicht nur die Technologie überzeugte, sondern auch die wirtschaftliche Seite. Der Test sei kostenneutral ausgegangen. Daimler Truck plant einen zweiten Testlauf mit fünf weiteren Kunden, der im vierten Quartal 2025 startet – und gibt dem Aufbau von H2-Lkw-Flotten eine Chance.