Der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) hatte sich für seine Jahresmitgliederversammlung in Esslingen eine besondere Agenda gesetzt. Im Fokus stand die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und die Anforderungen, die das an die Logistikbranche stellt.
VSL sieht Friede und Freiheit in Deutschland bedroht
Kriege und Konflikte auf der einen Seite, Zölle und Sanktionen auf der anderen: Die Wirtschaft leide unter den geopolitischen Verwerfungen und einem Handelsstreit, der immer neue Blüten treibt, heißt es dazu seitens des VSL. Die exportorientierten deutschen und baden-württembergischen Unternehmen sind besonders betroffen – und damit auch die Logistikbranche als deren Partner. Der Verband sehe darin eine gefährliche Entwicklung, die Logistik, Lieferketten und Welthandel sowie im schlimmsten Fall Frieden und Freiheit in Europa immer mehr bedroht.
VSL-Chef Micha Lege: Bundeswehr bei Verteidigung unterstützen
Autokraten-Regime wie China und Russland verfolgen das Ziel, die Welt neu zu ordnen – und unsere Wirtschaft und den Westen zu schwächen. Angesichts dieser Bedrohung erklärte VSL-Präsident Dr. Micha Lege bei der VSL-Mitgliederversammlung im Neckar Forum Esslingen: „Wie schon beim Nato-Doppelbeschluss ist es auch heute die Verantwortung der Wirtschaft und der Gesellschaft, laut zu sagen: Wenn wir es ernst meinen mit der Freiheit, mit Demokratie und Marktwirtschaft, dann müssen wir es ernst meinen mit der Verteidigungsfähigkeit. Unsere Logistikunternehmen können und müssen die Bundeswehr dabei unterstützen“, sagte er.
CDU-Politiker Manuel Hagel mahnt zum Umdenken
Manuel Hagel, Fraktions- und Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg, sieht die Regeln der Vergangenheit als überholt an. Bisher habe gegolten: Billiges Gas aus Russland finanziert die Wirtschaft, die Amerikaner kümmern sich um unsere Sicherheit und billige Vorerzeugnisse aus China sichern unsere Produktion. Der CDU-Spitzenkandidat fürs Amt des Ministerpräsidenten im nächsten Jahr wirbt jetzt dafür, neue Handelspartner finden und Handelsabkommen zu schließen. „Die globale Konkurrenz schläft nicht“, warnte Hagel.
Hagel zur Lkw-Maut und der Straßenfinanzierung
Nach zweieinhalb Jahren in der Rezession könne sich Deutschland aus der Flaute herausarbeiten, aber nicht „herausschrumpfen“, erklärte der Unionspolitiker. An die Adresse der Logistikunternehmer sagte er, dass es mit seiner Partei in der nächsten Legislaturperiode keine Maut auf Landes- und Kommunalstraßen geben werde. Er sprach sich für Technologieoffenheit beim Erreichen der Klimaziele aus und lobte die auf Bundesebene beschlossene Rückkehr zum Finanzierungskreislauf „Straße finanziert Straße“.
ARD-Ressortleiter Markus Gürne zum Sondervermögen
Markus Gürne, Leiter der ARD-Börsenredaktion, warb darum, aus den jetzigen geopolitischen Veränderungen die richtigen Konsequenzen zu ziehen. „Wenn unser Geschäftsmodell der Export ist und wir von der Exportstärke profitiert haben, muss uns klar sein, wie unser Geschäftsmodell betroffen ist, wenn sich die Welt verändert“, sagte Gürne. Europa brauche eine starke Sicherheitsarchitektur und die nötigen Investitionsmittel. „Das Sondervermögen ist in dieser Phase richtig“ –, um den Aufbau einer schlagkräftigen Verteidigung und modernen Infrastruktur zu finanzieren.
VSL-Präsident Lege: Es braucht eine Wirtschaftswende
VSL-Präsident Dr. Lege, der auch Vizepräsident des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik ist, betonte zunächst, dass der Bedeutung der Logistik im Koalitionsvertrag Rechnung getragen wurde und viele Positionen des VSL/DSLV darin aufgegriffen wurden. „Ich habe mich gefreut, dass wir im verkehrspolitischen Teil des Koalitionsvertrags so viel Reformwillen gefunden haben“. Er verwies jedoch auch darauf, dass die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten schon lange in der Logistikbranche angekommen ist. Deshalb brauche das Land jetzt dringend eine Wirtschaftswende.
Sondervermögen darf nicht im Sozialstaat versickern
Diese könne laut Lege allerdings nur dann gelingen, wenn mit dem Sondervermögen keine höheren Sozialausgaben finanziert werden: „Sondervermögen sind Schulden, die nur dann gerechtfertigt sind, wenn dieses Geld in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und in mehr Wachstum investiert wird und nicht etwa in den Sozialstaat“, erklärte der VSL-Präsident.