LNG-Krise: LNG-Lkw als Verlustbringer

Gaspreise explodieren
LNG-Lkw als Verlustbringer

Galoppierende Gaspreise stellen für viele Spediteure den wirtschaftlichen Sinn von Gas-Lkw infrage.

LNG-Lkw als Verlustbringer
Foto: Thomas Küppers

Viele Unternehmen aus der Branche sind besorgt wegen der hohen Gaspreise. trans aktuell hat mehrere Flottenbetreiber befragt, was die Preisrallye für ihre Unternehmen bedeutet. „Wir sind mit Kostensteigerungen von 300 Prozent konfrontiert“, berichtet Wolfgang Thoma, geschäftsführender Gesellschafter von Ansorge Logistik in Biessenhofen. Auch der Dieselpreis sei stark gestiegen – jedoch längst nicht in diesem Ausmaß. „Wir setzen unsere elf LNG-Lkw aktuell im Nahverkehr ein, wo der Schaden nicht ganz so groß ist.“ Ansorge Logistik warte darauf, dass sich alles wieder auf einem vernünftigen Niveau einpendele. Thoma macht sich hier kurzfristig aber keine großen Hoffnungen. „Angesichts der weltpolitischen Lage ist das illusorisch.“ Er sieht die Bundesregierung in der Pflicht, gegenzusteuern. „Ein zunächst staatlich gewolltes und gefördertes Projekt wird aus heiterem Himmel durch den Markt völlig konterkariert.“

Auch Michael Garbe, Chef des Hamburger Unternehmens Garbe Transport, schlägt Alarm. „Ein Betrieb der Gas-Lkw ist nicht mehr wirtschaftlich, sondern vielmehr sogar existenzgefährdend.“ Unterstützung sei unbedingt notwendig, und zwar schnell. Seit Juli vorigen Jahres steht eine LNG-Tankstelle auf dem Betriebshof, von November 2021 bis heute hat Garbe 40 LNG-Lkw von Scania in seinen Fuhrpark aufgenommen. Als die Investitionsentscheidung fiel, war der Gaspreis mit dem Dieselpreis vergleichbar. Die Mehrkosten für die Anschaffung von 35.000 Euro je LNG-Lkw sollten durch die staatliche Förderung in Höhe von 12.000 Euro und durch die Befreiung von der Lkw-Maut wettgemacht werden. Zu berücksichtigen sei auch der Wertverlust bei der Mindesthaltedauer von vier Jahren, der um rund 4.000 Euro je Jahr höher liege als bei vergleichbaren Diesel-Lkw. „Bei der Kostenrechnung im Januar im Vergleich zum Dieselpreis ergeben sich Mehrkosten je 100 Kilometer von 40 Euro. Alle Kosten wurden dabei verglichen, und auch die Mautbefreiung wurde dabei schon eingerechnet mit einem Mautanteil je Kilometer von 80 Prozent“, sagt Garbe auf Anfrage von trans aktuell.

Preisentwicklung bei LNG und Diesel
EEX, BGL, Liquind

Eine Weitergabe der Mehrkosten an die Kunden ist für Garbe keine Option. Das lasse der Wettbewerb nicht zu. Und anders als beim Diesel gebe es mit den meisten Kunden noch keinen Gas­floater. „Dies war auch bis vor Kurzem nicht nötig, und es gibt auch noch keinen Index der Energiebetriebe.“ Für Garbe sieht es so aus, als habe die Investition in umweltfreundliche Technologien ins Abseits geführt. Er versucht, die Fahrzeuge stehen zu lassen. Aber Ersatz durch Leihfahrzeuge sei schwer zu bekommen. „Normalerweise müssten wir die Fahrer in Kurzarbeit schicken“, sagt der Unternehmer. Aber angesichts des Fahrermangels sei das Risiko, die Fahrer dann zu verlieren, zu groß.

Besorgt äußert sich auch Bernd Hövelmann, Geschäftsführer von Hövelmann Logistik in Rees. Bei Hövelmann bestehen etwa 15 Prozent des Fuhrparks aus LNG-Lkw. „Die hohen Gaspreise bewirken schwierige Kundenverhandlungen“, berichtet Hövelmann gegenüber trans aktuell. Hövelmann sieht sich seit dem Jahr 2020 bis heute einer Preissteigerung von 335 Prozent gegenüber. Daher investiert das Unternehmen derzeit nicht weiter in LNG-Fahrzeuge. „Ebenso haben wir intern einige Abläufe verändert“, heißt es von Hövelmann. Die Gas-Lkw vorerst nicht zu bewegen und auf dem Hof stehen zu lassen, kommt für das Unternehmen derzeit allerdings nicht infrage.

Ähnlich verfährt in diesem Punkt BTK Logistik aus Rosenheim. Auch hier befinden sich alle Gas-Lkw auf der Straße. „Derzeit brauchen wir jeden Lkw“, erklärt Geschäftsführer Josef Heiß gegenüber trans aktuell. Von 159 Lkw sind 20 mit LNG unterwegs. Aktuell trägt BTK Logistik die gestiegenen Kosten für LNG selbst. „Treibstofffloater sind bei uns nur für Diesel-Lkw vereinbart“, berichtet Heiß und stellt fest: „Der Betrieb der Gas-Lkw ist unwirtschaftlich. Bis Mitte 2022 werden wir entscheiden, ob wir die Fahrzeuge mit Diesel oder erneut mit LNG ersetzen. Das hängt vor allem von der Entwicklung der Gaspreise ab.“ Grundsätzlich würde der Geschäftsführer gern an LNG festhalten. „Allerdings müssen wir auch auf einen wirtschaftlichen Betrieb achten. Der hängt ab vom Gaspreis und von Rahmenbedingungen wie der Mautbefreiung, die zum 31. Dezember 2023 entfällt.“

Bei Meyer Logistik in Friedrichsdorf gibt es derzeit 50 LNG-Lkw. Der gesamte Fuhrpark umfasst 1.200 Fahrzeuge. „Gespürt haben wir die Preissteigerungen seit August vorigen Jahres“, berichtet Geschäftsführer Matthias Strehl gegenüber trans aktuell. Da Meyer Logistik seine LNG-Tankstelle in Freienbrink bei Berlin nicht mehr betreibt, muss sich das Unternehmen derzeit bei den entsprechenden Anbietern am Markt eindecken. „Wir sprechen mit unseren Kunden zurzeit darüber, wie wir die Verteuerung beim LNG mittelfristig in die Preise einkalkulieren können, wenn sich keine Trendwende ergibt“, sagt Strehl. Auch bei Meyer Logistik ist eine komplette oder temporäre Stilllegung der Gasfahrzeuge zurzeit keine Option. „Wir haben die Investitionen in die Fahrzeuge auf mehrere Jahre angelegt.“ Aller­dings gibt Strehl zu bedenken: „Wir brauchen Planungssicherheit, wie sich die Entscheider die Zukunft des Gas-Lkw vorstellen.“

Preisentwicklung bei LNG
Zukunft Gas

Ähnlich gestaltet sich die Situation bei der Elflein Spedition. Das Unternehmen aus Bamberg hat aktuell 40 LNG-Fahrzeuge in seinem Fuhrpark, darunter zwei Lang-Lkw des Typs 2. Diese Fahrzeuge sind für VW Sachsen im Einsatz. Die Gasflotte macht inzwischen acht Prozent des Fuhrparks aus. Geschäftsführer Rüdiger Elflein spricht angesichts der explodierenden Gaspreise von einem „immensen Schaden“, was die Kalkulation angeht. Und: „Die Fahrzeuge werden aktuell dort eingesetzt, wo sie den geringsten Schaden anrichten.“ Aktuell bemüht sich sein Unternehmen, analog zum Dieselpreis auch für den Gaspreis Floater mit den Kunden zu vereinbaren. „Die Kunden müssen die Kostensteigerungen übernehmen“, sagt er. Daneben müsse die Politik für Planungssicherheit sorgen. Der Geschäftsführer appelliert an die Bundesregierung, die Fahrzeuge für sechs bis sieben Jahre von der Mautpflicht auszunehmen. Nach aktueller Planung läuft die Mautbefreiung Ende 2023 aus. Das sei in etwa der Zeitraum der Transformation, bis der Übergang zum Wasserstoff im Fernverkehr angestoßen sei, aber zu kurz, um den Übergang zu alternativen Antrieben wie LNG zu überbrücken.

Auch Transco Services aus Singen macht die aktuelle Entwicklung zu schaffen. Laut Prokuristin Tania Mel Alvarez hat das Unternehmen zurzeit 18 Gas-Lkw von Iveco, Scania und Volvo im Einsatz. Zehn weitere Fahrzeuge des Typs Volvo FH 460 LNG sind bestellt. „Von den Gestehungskosten sind LNG-Fahrzeuge etwa 30 Prozent teurer als herkömmliche Dieselfahrzeuge“, erklärt Mel Alvarez gegenüber trans aktuell. Voriges Jahr habe das Unternehmen noch 0,93 Euro für das Kilogramm LNG bezahlt, nun seien es 2,48 Euro. Ursprünglich sei man von einem durchschnittlichen Preis für LNG von 1,10 Euro ausgegangen, berichtet Mel Alvarez. „Die Politik hat sich das Thema Klima groß auf die Fahnen geschrieben und hüllt sich jetzt in Schweigen. Es gibt weder Unterstützung noch Perspektiven.“