Breuer: Das sind ganz individuelle Geschichten. Bei den mittelständischen Transport -und Logistikunternehmen geht es aber sehr oft um die Frage der Nachfolge. Das war etwa bei Grüßing der Fall. Außerdem wird es für viele Unternehmer einfach immer schwieriger – ein Geschäftsführer, muss sich heute mit vielen Themen befassen. Und manchmal ist es da einfach das Ansinnen, das man sich und sein Unternehmen in eine gute Gruppe einbringen will, in der Services im Backoffice angeboten werden und in der man sich wohl fühlt. Unsere Aufgabe ist dann, die Unternehmen weiter zukunftsfähig zu machen. Was L.I.T. meiner Meinung nach gut macht, ist die Tatsache, dass wir die Firmen weitestgehend eigenständig mit ihren Marken am Markt lassen. Da sind wir anders als manch andere Unternehmen, die alles gleichschalten und dann ihre drei Buchstaben hinhängen. Das machen wir nicht.
Richtig, das überprüfen wir im Rahmen eines ganz normalen Due Diligence-Prozesses. Das ist beim Mittelstand nicht anders als bei den Großunternehmen, nur die Zahlen sind etwas kleiner. Es gibt eine gewisse Umsatzgröße, die etwa im unteren zweistelligen Millionenbereich liegt, die wir gut hinbekommen bei der Integration. Wir haben über die Jahre aber auch einiges in das Projektmanagement und in entsprechende Mitarbeiter investiert, um Ressourcen für eine Firmenübernahme zur Verfügung stellen zu können.
Der erste Vorteil für die Unternehmen ist etwa der gemeinsame Einkauf. Wir als L.I.T. haben ganz andere Bedingungen und daher einen anderen Hebel als ein Unternehmen, das lediglich zehn Millionen Euro Umsatz macht. Das stellt sozusagen einen Quick Win dar. Und dann geht es weiter bei den Personalstrukturen, die wir analysieren. Bei der Übernahme von Westfalia Intralog, das wir 2021 akquiriert hatten, hatte das Unternehmen Backoffice-Dienstleistungen bei der Muttergesellschaft gekauft – für uns ein Vorteil, weil wir uns nicht als erstes komplett mit der Mitarbeiterintegration beschäftigen mussten.
Voraussetzung ist immer eine Schnittstelle zu einem bereits bestehenden Geschäft. Eine Stand-alone-Übernahme ist sonst schwer, denn dann gibt es keine entsprechenden Synergien zu heben.
Ja, 2024 haben wir die L.I.T. Compact Courier gegründet, die in Frankfurt arbeitet und sich auf Warentransportsendungen fokussiert; und auch die L.I.T. Speed für zeitkritische Logistik, die in Troisdorf ist, haben wir geschaffen. Das sind sinnvolle Ergänzungen zum Bestandsgeschäft, und die Kollegen haben auch schon einen guten Kundenstamm. Wir fangen aber nie komplett bei null an, sondern haben zumindest das Personal aus dem Bereich mit entsprechendem Know-how in dem Geschäft, und Erfahrungen etwa aus der vorigen Firma.
Wir haben projiziert, dass wir eventuell schon dieses Jahr die eine Milliarde beim Umsatz schaffen werden; die Mitarbeiterzahl geht dann vermutlich in Richtung 5.000.

L.I.T.-Vorstand Simeon Breuer: "Indien ist für uns das neue China".
Wichtig ist ja erst einmal, sich keine Problemfälle ins Haus zu holen. Und natürlich ist das Thema Eigenkapitalquote wichtig, da arbeiten wir konsequent daran. Dabei helfen auch die guten Umsätze der übernommenen Unternehmen, die in der AG konsolidiert werden.
Wir haben einen Kundenmix in der ganzen Welt. Und daher verfahren wir ähnlich wie bei unseren KEP-Töchtern – wir haben vor Ort Leute mit entsprechendem Know-how und bauen das aus. In Indien haben wir entsprechende Personen für die Luft- und Seefracht gefunden, um die bisher genutzten Agenten zu ersetzen und unsere Kundengeschäft unter eigener Flagge zu führen. Da gibt es dann meist schnell entsprechende Synergien. Indien ist für uns das neue China.
Es ist ein absolut aufstrebendes Land mit sehr gut ausgebildetem Personal und geringen Sprachhürden. Im Grunde braucht es für uns bei der Expansion ein Konzept und Bestandsverkehre vor Ort. Darauf bauen wir einen Businessplan und analysieren anschließend, inwieweit wir durch die Neugründung einer eigenen Gesellschaft Vorteile generieren können – auch finanziell, denn sonst macht es keinen Sinn. Und dann starten wir mit dem Vertrieb und bringen das Geschäft mit unserem Bestandsverkehr zusammen, um einen Mehrwert zu generieren.
Aktuell blicken wir in Richtung Nordamerika. In Mexiko stehen wir kurz vor einem Abschluss. Wohingegen eine Expansion in den USA momentan nicht ganz so einfach ist, da sind wir aktuell an einem Projekt dran. Allein das Thema, vor Ort und als Europäer Infrastruktur zu besorgen, ist wegen des Hin und Her bei der Zollpolitik schwierig. Nichts braucht der Spediteur aber mehr als Planungssicherheit. Aber das bekommen wir in Deutschland ja auch kaum hin.
Die Mauterhöhung. Die Folgen spiegeln sich in den bekannten Markt-Barometern wider – es herrscht ein wahnsinniger Konsolidierungsprozess. Dabei geht es nicht nur darum, dass Firmen verkauft und gekauft werden. Ein neues Phänomen ist, dass Firmen auch massenweise liquidiert werden, die Inhaber also ihre Gesellschaft aufgeben. Jeder am Markt weiß daher, was auf uns zukommt, denn wir haben weiterhin demografisch ein Problem mit unserem Fahrpersonal – viele gehen in den Ruhestand – und wir haben kaum mehr deutschen Fahrer. Zusätzlich sind die ausländischen Fahrer auch immer schwerer zu akquirieren. In Summe ergibt das eine ganz, ganz schwierige Lage und ich glaube, im Herbst werden wir dann vor einem absoluten Mangel im Fahrerbereich stehen.
Zunächst muss man die Einsicht haben, dass man diese Aufgabe nie vollenden kann, die Fahrersuche ist ein permanenter Prozess. Und natürlich merken wir schon, dass die Art der Verkehre wichtig ist. Wenn ich beispielsweise mit deutschen Fahrern arbeite, sind wiederkehrende Linienverkehre gut, da die Fahrer am Abend und auf alle Fälle am Wochenende nach Hause kommen. Ein deutscher Fahrer im Fernverkehr ist die absolute Ausnahme. Für unsere ausländischen Fahrer haben wir in Deutschland mittlerweile sechs Fahrerhubs, in denen wir einiges an Service anbieten: Die Fahrer können übernachten, sich in den Küchen Essen zubereiten, ihre Wäsche waschen. Das ist wichtig – aber nichtsdestotrotz wird die Fahrergewinnung auch für uns immer schwieriger. Deswegen überlegen wir uns auch noch andere Lösungen.
Etwa, mehr Intermodalverkehre zu betreiben. Es gibt da einige interessante Korridore. Mit unserem Partner Captrain starten wir etwa eine Direktverbindung ab dem 1. Januar 2026 zwischen Bremen und Stuttgart. Fünf Mal pro Woche fährt dann für einen Automobilhersteller ein Ganzzug in beide Richtungen. Es sind noch Kapazitäten frei und wir haben vor, auch noch ein Drittgeschäft auf den Zug zu packen.