Kombinierter Verkehr: Seidenstraße per Schiene

Kombinierter Verkehr
Seidenstraße per Schiene

Der Logistiker Hellmann sieht weitere Potenziale in China-Verkehren. Aktuell werden vier Relationen bedient.

Seidenstraße per Schiene
Foto: Hellmann

Schneller als Seefracht, günstiger als Luftfracht und ein sicherer Weg besonders für schwere Güter – mit diesen Argumenten will Hellmann Worldwide Logistics mehr Kunden für den Schienenweg nach China begeistern. Seit Oktober letzten Jahres verbindet ein vierter Intermodalzug Europa mit Asien: ein wöchentlicher Güterzug startet in der westchinesischen Stadt Chengdu Richtung Bayernhafen Nürnberg. Die Distanz überwindet der Containerzug im Hauptlauf in 17 Tagen. Weitere neun chinesische Großstädte einschließlich Peking und Shanghai sind an das Netz angeschossen.

Zehn Tage im Voraus buchen

Wer seine Güter an Bord haben will, sollte zehn Tage vorher buchen. sagt Chen Si Hellmann, Geschäftsführerin des Bereichs Rail Eurasia. Über eine West- und eine Oststrecke erschließt Hellmann mit dem Geschäftsfeld einen großen Korridor im Land des Lächelns. Der Logistikmarkt dort wächst jährlich im zweistelligen Bereich. Zwar hat sich das Wirtschaftswachstum abgekühlt, doch ist China Deutschlands drittgewichtigster Außenhandelspartner. Potenzial ist also vorhanden.
In Sichuan geboren, kam Chen Si Hellmann mit 17 Jahren als Austauschstudentin nach Stuttgart, stieg 2007 bei Hellmann ein und lernte ihren heutigen Mann, Klaus Hellmann über gemeinsame Arbeitsprojekte kennen, sie haben eine kleine Tochter. Die 35-jährige Betriebswirtin baut nun gemeinsam mit ihrem Team die Asienverkehre auf.

Dass diese weiter wachsen, davon ist auch Firmenchef Klaus Hellmann überzeugt: "Der neue KV-Dienst zwischen Nürnberg und China wird die Supply Chain der Unternehmen durchweg optimieren." Als Profiteure sieht er "die Wirtschaftsregion Bayern, aber auch das benachbarte Baden-Württemberg sowie Österreich und Italien". Die Vorteile des  Kombinierten Verkehrs  liegen für ihn auf der Hand: "Die Nutzer der Schienenverbindung haben eine hohe Transport- und Liefersicherheit und sie schonen die Ressourcen der Natur."

Drei Abfahrten pro Woche

Es gibt zwei Hauptrouten, eine Nord- und eine Südstrecke, die jeweils mit bis zu drei Umschlagpunkten durch Russland, Weißrussland und Polen beziehungsweise im Süden auch durch Kasachstan führen. Im Westbound werden drei mögliche Verbindungen angeboten. Wer die Strecke Chongqing– Duisburg wählt, hat im zweiten Halbjahr 2016 drei Abfahrten pro Woche.

Zwischen Zhengzhou und Hamburg verkehren ebenfalls drei Züge wöchentlich. Jeden Samstag fährt ein Zug von Chengdu nach Nürnberg, wo er 17 Tage später eintrifft. Im Eastbound werden ebenso drei Strecken angeboten. Von Duisburg nach Chongqing fährt zwei Mal wöchentlich ein Zug. Die Achse Hamburg–Zhengzhou wird gleichfalls zwei Mal angeboten. Die Rückfahrt von Nürnberg nach Chengdu können Kunden samstags nutzen.

Züge verkehren seit 2008

Die chinesische Regierung unterstützt die verstärkte Schienenanbindung, da sie auch das wirtschaftliche Hinterland besser anbinden will. "Die chinesische Go-West-Politik hat Produktionsstätten von den Küstenregionen nach Westchina verlagert", sagt die Eurasia-Chefin. Profitiert von der Entwicklung habe etwa die aufstrebende Wirtschaftsstadt Chongquing im Herzen Westchinas in der Provinz Sichuan. "Ich habe immer noch sehr starke persönliche und geschäftliche Bindungen dorthin", sagt Chen Si Hellmann.

Seit dem Jahr 2008 engagiert sich der Logitikdienstleister für Zugverkehre von China nach Europa. Die Initialzündung gab 2013 der Kunde HP, der seine Produktion ins chinesische Hinterland verlegte und Sendungen via Containerzug gen Duisburg schickte. Ein Problem ist, dass zwar der Wert der Waren, die zwischen China und Deutschland fließen, mit 74 (Export nach China) und 79 Milliarden Euro (Import nach Deutschland) dicht beieinander liegen, jedoch ein Drittel mehr Waren gen Westen fährt.

Ziel: zehn Tage Fahrtzeit nach China

Ein Frachtpapier begleitet die Ware die maximal 10.000 Kilometer. Dabei führt der Weg immer über die deutschen Haupt-Gateways Duisburg und Hamburg. Dass es auch in China schnell vorangeht, dafür sorgt zudem die Zentralregierung mit diversen Infrastrukturpaketen. Mittlerweile ist Hellmann in China mit 30 Niederlassungen vertreten. "Wir sind nah am Kunden und am chinesischen Markt", sagte Eurasia-Mitarbeiter Jens Geisler bei seinem Vortrag kürzlich im Rahmen des Logistikforums der Dualen Hochschule Lörrach. Eine 31. Niederlassung sei bereits in Planung, und auch die Laufzeit soll kürzer werden: "Das Ziel sind zehn Tage".

Wie das erreicht werden kann, ist noch offen. Im Moment muss die Ware aufgrund verschiedener Spurbreiten an drei Gateways umgeschlagen werden. Das kostet Zeit – bis zu acht Stunden. Restriktionen gibt es laut Geissler auch noch bei Gefahrgut-Transporten nach China. Bis Klasse 9 sei der Transport derzeit aber möglich.

Hohe Warenwerte unterwegs

Neue Kunden für seinen China-Railservice erhofft sich der Logistikdienstleister vor allem in der Automobil-, Mode- und Hightech-Industrie sowie im Maschinenbau und bei Retail-Unternehmen. Die  Kunden vertrauen dem Logistiker dabei laut Geisler Warenwerte zwischen 50.000 und 1,8 Millionen US-Dollar pro Container an.

Mit sicheren, stabilen, noch schnelleren Laufzeiten will Hellmann die deutschen Kunden überzeugen. Gleichzeitig soll der jährlich um fünf bis sechs Prozent wachsende chinesische Binnenmarkt stärker bedient werden. Die Voraussetzungen hat der Logistiker folglich geschaffen. Bleibt abzuwarten, wie der Dienst angenommen wird.

Das Unternehmen

  • Hellmann Worldwide Logistics, 1871 gegründet, 244 Niederlassungen und rund 12.900 Mitarbeiter in 56 Ländern, rund drei Milliarden Euro Umsatz (2014)
  • Inhabergeführt durch die Geschäftsführenden Gesellschafter Jost und Klaus Hellmann