Interview BGL: Geschäftsführer bringt Schwung in den Verband

Interview BGL
Geschäftsführer bringt Schwung in den Verband

Professor Dirk Engelhardt bringt als Hauptgeschäftsführer des BGL neuen Schwung in den alteingesessenen Verband. Und er holt mit dem "Brummi" einen beliebten Sympathieträger zurück.

Geschäftsführer bringt Schwung in den Verband
Foto: Jan Bergrath

Prof. Dr. Dirk Engelhardt, geboren 1973, ist seit Januar 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. Nach dem Wehrdienst studierte er an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt "Umweltsicherung und Entwicklung ländlicher Räume". Anschließend promovierte und habilitierte er nebenberuflich – ebenfalls an der JLU – im Bereich Logistik. Schon während der Schul- und Studienzeit arbeitete er in den Vorgängerorganisationen der späteren Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ) im Lager und bewegte europaweit Waren mit 40 Tonnern.

Nach mehreren Jahren der Lehrtätigkeiten als Privatdozent erhielt Dirk Engelhardt im Januar 2009 die Professur für Logistikmanagement an der Steinbeis Hochschule Berlin (SHB). Seither ist er an der SHB und als Gastprofessor an diversen anderen Hochschulen in der Logistiklehre aktiv. Auch in der Logistikberatung ist er tätig.

Als Student sind Sie selber Lkw gefahren. Welche Erfahrungen nehmen Sie aus dieser Zeit für ihre heutige Aufgabe mit?

Dass ich die tägliche Praxis im Transportgewerbe nicht nur vom Hörensagen kenne, sondern jahrelang am eigenen Leib erfahren habe, wie mit Lkw-Fahrern an den Rampen umgegangen wird. Der BGL ist schon seit Jahren auch auf höchster politischer Ebene aktiv, um hier Verbesserungen herbeizuführen. Sie können sicher sein, dass diese Zielrichtung auch in Zukunft beibehalten wird.

Der BGL will den "Brummi", das einst sehr beliebte Maskottchen, wiederbeleben. Was versprechen Sie sich davon für das Image der Branche?

Der Brummi war, ist und bleibt ein Sympathieträger und eine Identifikationsfigur für das Transportgewerbe. Er symbolisiert den Lkw-Fahrer ebenso wie seinen Lkw und den Verkehrsträger Lkw insgesamt. Das Feedback auf die "Wiederbelebung" des Brummis ist im Übrigen einhellig positiv und reicht von Zustimmung bis Begeisterung.

Jan Bergrath
Der Letzte macht den Motor aus. Ob die derzeit kursierende Zahl von 45.000 fehlenden Berufskraftfahrern pro Jahr realistisch ist oder nicht – der BGL will sich dafür einsetzen, dass der Fahrerberuf wieder attraktiver wird.
Die Transportbranche klagt über einen enormen Fahrermangel. Halten sie die aktuell kursierende Zahl von derzeit 45.000 fehlenden Fahrern für realistisch?

Ganz genau weiß das sicherlich niemand. Anhand der aktuellsten BAG-Zahlen gehen wir davon aus, dass jedes Jahr rund 30.000 Lkw-Fahrer in den Ruhestand eintreten. Anno 2016 wurden jedoch nur 16.211 neue Lkw-Führerscheine ausgestellt. Den Rest kann man sich ausrechnen.

Wie können Sie wieder mehr Nachwuchs für den Fahrerberuf gewinnen?

Eines ist klar: Lkw-Fahrer ist eine herausfordernde Aufgabe, kein Job für Weicheier. Wir tun gut daran, in der Nachwuchswerbung keine falschen Erwartungen zu wecken. Dennoch hat der Fahrerberuf auch im 21. Jahrhundert seine attraktiven Seiten. Wer selbstständiges Arbeiten und eine verantwortungsvolle, für Wirtschaft wie Verbraucher gleichermaßen unverzichtbare Tätigkeit schätzt, ist hier richtig. Und was wir nicht vergessen sollten: Bei der ZF-Zukunftsstudie des ETM Verlages nannten zwei Drittel der befragten Lkw-Fahrer als Hauptgrund für ihre Berufswahl den "Spaß am Fahren". Eine konkrete Maßnahme, von der wir eine Steigerung der Attraktivität der BKF-Ausbildung erwarten, wäre das in unseren Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl geforderte begleitete Fahren ab 17 Jahren.

Unternehmer klagen immer öfter, dass Fahrer kündigen, weil sie an der Rampe der Kunden teilweise miserabel behandelt werden und immer öfter mit Hausverbot belegt werden. Was kann der BGL dagegen tun?

Der BGL hat unter anderem bereits im Jahr 2010 dafür gesorgt, dass die Rampenproblematik im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung an prominenter Stelle thematisiert und dokumentiert wird. Das BAG hat daraufhin mehrere Studien zu den Arbeitsbedingungen in der Logistik erstellt. Mit den "Verhaltensempfehlungen des BGL für einen fairen Umgang der Beteiligten an Be- und Entladestellen (Laderampen)" hat der BGL 2011 einen weithin beachteten Leitfaden vorgelegt. Viele Verladerverbände haben sich jedoch außerstande gesehen, dessen Inhalte mitzutragen. So sind die Zustände an den Rampen nach wie vor nicht zufriedenstellend. Der BGL macht sich im Moment intensiv Gedanken, wie er sich mit der Fahrerschaft verstärkt vernetzen kann, um deren Interessen an passender Stelle zu vertreten.

Die jüngsten Kontrollen des BAG zur regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit scheinen nicht besonders effektiv zu sein. Haben Sie mehr erwartet?

Die Gesetzesänderung war ein erster Schritt in die richtige Richtung zum Schutze deutscher Arbeitsplätze. Grundsätzlich gibt es bei der Einführung von neuen Kontrolltatbeständen immer eine gewisse Lernphase, in der noch nicht alles optimal läuft. Diese Zeit sollte man den Kontrollbeamten zugestehen. Ein wesentliches Ziel des BGL ist, deutsche Unternehmen und deutsche Arbeitsplätze zu erhalten. Wir werden alles tun, um dem dienlich zu sein.

Unterdessen wächst der Marktanteil ausländischer Lkw-Flotten immer weiter, vor allem kleinere Frachtführer fühlen sich im Wettbewerb überrollt. Was raten sie diesen Firmen?

Preissensible Marktsegmente meiden, sich spezialisieren, Zusatzleistungen anbieten, nach Möglichkeit Alleinstellungsmerkmale schaffen. Auch hier arbeitet der BGL an Produkten, um über eine Mitgliedschaft in unserem Verband die gemeinsamen Interessen zu bündeln und bei der Umsetzung der oben genannten Punkte zu helfen.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist Geschichte. Was erwarten oder erhoffen Sie sich von seinem Nachfolger?

Wir erhoffen uns vom neuen Bundesverkehrsminister, dass er oder sie konstruktiv und vertrauensvoll mit uns zusammenarbeitet. An vorderster Stelle steht für uns dabei die Bekämpfung des Sozialdumpings und die Wiederherstellung fairer Wettbewerbsverhältnisse im europäischen Straßengüterverkehr. Aber auch eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung, um anliefernden Lkw-Fahrern und -Fahrerinnen den Zugang zu Sanitär- und Pausenräumen zu ermöglichen, steht ganz weit oben auf der Tagesordnung.