Hoyer zur Energieversorgung: Nicht ohne russisches Gas

Hoyer zur deutschen Energieversorgung
Nicht ohne russisches Gas

Beim Hamburger Bulk-Logistiker Hoyer lief das vergangene Jahr trotz Pandemie sehr gut. Warum er russisches Gas weiterhin für unverzichtbar hält und welche Zukunftsperspektiven er sieht, erläutert der Beiratsvorsitzende des Unternehmens, Thomas Hoyer, der Fachzeitschrift trans aktuell.

Nicht ohne russisches Gas
Foto: Markus Heimbach/Hoyer
trans aktuell: Herr Hoyer, nach einem Umsatzplus von 15,6 Prozent und einem Ergebniszuwachs von 34,5 Prozent im vergangenen Jahr müssten Sie eigentlich rundum zufrieden sein…

Thomas Hoyer: In der Tat war 2021 sehr gut und eine deutliche Verbesserung zu 2020. Im ersten Quartal dieses Jahres hatten wir sogar 30 Prozent mehr Umsatz, im Vergleich zum Vorjahresquartal hat sich der Gewinn verdrei- bis vervierfacht. Ich halte das im Bereich Tank/Silo für recht ungewöhnlich.

Recht ungewöhnlich ist auch, dass sie als Familienunternehmer so locker Zahlen nennen…

Stimmt. In der Szene werden Zahlen oft wie ein Geheimnis behandelt. Sie dürfen aber kein Geheimnis sein, ich bin für völlige Offenheit. Wie sollen Beschäftigte motiviert in einem Unternehmen arbeiten, wenn sie die Zahlen nicht kennen? Dazu gehört auch, dass wir 80 Prozent des Gewinns nach Steuern thesaurieren, das ist Teil der Familienverfassung, 20 Prozent werden ausgeschüttet.

Meinen Sie, dass die gute Entwicklung so weitergeht?

Ich sehe die Zukunft positiv und bin optimistisch. Wir können jetzt zufrieden sein und warten ab, wie das Jahr insgesamt verläuft. Mich beruhigen diese Zahlen aber nicht, denn die beförderte Menge ist gleichgeblieben. Da zeigt sich auch die Inflation, die Explosion der Seefrachtraten. Es geht derzeit nur noch um Verfügbarkeit. Engpässe bei Equipment, Zugmaschinen, Fahrern, Tankcontainern - und im Stückgutsektor haben wir dieselbe Situation. Das muss sich früher oder später wieder auf ein normales Maß einpendeln.

Der Energiebereich, in dem Hoyer ja auch tätig ist, befindet sich gerade in einer sehr prekären Situation. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Wenn die Raffinerie in Schwedt kein Öl mehr bekommt, wären wir unmittelbar bei der Tankstellenversorgung betroffen. Von Schwedt aus werden insgesamt 95 Prozent der Mobilität in Berlin und Brandenburg beliefert, von Flughäfen mit Kerosin bis zu jeder Tankstelle.

MORRIS MAC MATZEN
Logistikunternehmer Hoyer: Wenn die Raffinerie in Schwedt kein Öl mehr bekommt, wären wir unmittelbar bei der Tankstellenversorgung betroffen

Sollte Schwedt ausfallen, müsste der Nachschub aus Leuna kommen, aber damit wären ganz andere Distanzen zu überbrücken. Das würde Umsatzsteigerungen in der Spedition und gleichzeitig eine Preisexplosion am Markt bedeuten, und die Nachfrage ginge in der Konsequenz zurück. Unsere Kunden denken zum Teil, wir könnten Kapazitäten und Fahrer vorhalten, aber das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Wie sieht es bei Gas aus?

Wenn das Gas reduziert wird, wird die ganze Volkswirtschaft das massiv spüren. Von den Automobilherstellern bis zu LNG-Terminals, die gerade forciert werden, in Wilhelmshaven, Stade oder Brunsbüttel. Wie soll das Ganze gehen? Die Terminals sind nicht da, die Schiffe sind nicht da. Es gibt weltweit gerade mal 460 LNG-Tanker, dass die jetzt umweltschädliches Frackinggas aus den USA importieren sollen, ist sowieso eine große Heuchelei. Aber die Anzahl der Schiffe wird auch nicht reichen, und jedes kostet pro Stück um die 200 Millionen Euro. Die Reeder werden sie nur bauen, wenn sie entsprechende Verträge haben. Ich habe den Eindruck, dass in der Politik gerade sehr viel fantasiert wird, ohne dass jemand mit einem Reeder oder Raffineriedirektor gesprochen hätte. Das wäre vielleicht mal angebracht.

Was ist nach Ihrer Ansicht die Lösung?

Wir werden an russischem Gas nicht vorbeikommen, das Embargo wird uns mehr schaden als Herrn Putin.

Die Reeder haben von der Krisenlage in den vergangenen beiden Jahren auf kaum vorstellbare Weise profitiert. Ist das ein Problem?

Hoyer macht im Moment eine Umsatzrendite von vier Prozent vor Steuern. Die Reeder machen teilweise 40 Prozent. Das ist weder normal noch gesund. Da es horizontal aufgrund der drei Allianzen nicht mehr viel zu kaufen ist, gehen sie jetzt vertikal an die Speditionen ran. Sie täten besser daran, ihr eigenes Geschäft für stürmischere Zeiten zu richten. In der Schifffahrt war ja mal Land unter, und das kommt auch wieder.

Könnte das Geschäftsmodell von Hoyer bedroht sein?

Nein. Das betrifft uns insofern nicht, als Reeder keine Tankcontainer haben, das Geschäft ist sehr speziell. Lediglich Hapag Lloyd hatte in den 70er Jahren mal welche für den Whiskeyhandel zwischen Schottland und den USA. Die Reeder können uns nicht bedrohen, aber wir leiden unter ihnen. Wir bekommen kaum Stellplätze, und unsere Tanks bleiben zu oft an der Pier stehen.

Details zum Geschäftsbericht 2021 finden sich hier: