Burkhard Eling: Es ist unbestritten, dass dadurch ein sehr großer europäischer Dienstleiser entsteht, mit einem relevanten Set-up vor allem in den Bereichen Road und Air & Sea. DSV wird sicher von der Größe führend im Landtransport sein. Wir sehen als Folge des Zusammenschlusses, dass viele Unternehmen – mittelgroße und große – auf uns zukommen und aktiv nach einer Alternative suchen, weil sie nicht zu abhängig von einem Player sein wollen. Da gibt es gute Gespräche und auch schon relevante Abschlüsse. Es bewerben sich auch viele Personen. Dachser hat jedenfalls nicht das Ziel, über die Größe bei den Kunden zu punkten. Wir legen unseren Fokus auf die eigenen Stärken, allen voran auf Qualität. Wir punkten auch durch gute Informationen und eine klare Ausrichtung auf die Anforderungen des Kunden und greifen dabei auf unser standardisiertes Netzwerk zurück. Ich denke, dass dieser Ansatz, immer die beste Lösung für den Kunden zu suchen, auch ein Vorteil gegenüber einem sehr großen Konzern darstellt.
Wir schauen in der Frage von Übernahmen genau hin, wo wir uns in Europa noch ergänzen müssen. So haben wir in den vergangenen Jahren etwa die Dachser Food Logistics aus einer sehr deutschen Ausrichtung auf ein europäisches Set-up gebracht und vergrößert. Zudem wollen wir, wie in den vergangenen Jahren, Wachstumsimpulse auch außerhalb Europas setzen. Wir haben etwa Interesse an Nordamerika und Südamerika. Gerade auch angesichts der aktuellen Entwicklungen zeigt sich, dass wir in Südostasien noch nicht groß genug sind. Wir können schon heute dort sehr gute Leistungen bringen, aber für die Region als zukünftiger Wachstumsmarkt sind wir noch leicht unterrepräsentiert. China, Südostasien und Indien werden in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Und dementsprechend werden wir unsere Leistungsfähigkeit in diesen Märkten auch durch anorganisches Wachstum verbessern.

Burkhard Eling, CEO von Dachser: Wachstum in Südostasien geplant.
Die Standorte haben wir seit rund zwei Jahren. Unser Ziel war, etwa Erfahrungen zu sammeln. wie ein entsprechender Baukasten für weitere Standorte aussehen kann. Was braucht es bei der Ladeinfrastruktur, der Anschlussleistung oder der Trafokapazitäten? Wie muss das alles auf dem Gelände der Standorte platziert sein? Aus den Antworten haben wir eine Toolbox entwickelt, die wir auf andere Standorte anwenden.
Das Thema Energiegewinnung ist eine Erkenntnis auch aus den E-Mobility-Standorten: Wie müssen wir unsere Prozesse über den Tagesablauf, passend zur Lademöglichkeit und der zur Verfügung stehenden Energie, anpassen? Da spielen Batterien als Puffermöglichkeit künftig eine Rolle, aktuell ist das allein aufgrund der Kosten noch nicht Teil des bestehenden Standards.
Es ist schon Standard, jedenfalls sollen 25 europäische Städte mit mehr als einer Million Einwohner bis Ende 2025 eine Dachser Emission Free-Delivery-Zone haben. Geplant ist danach, sukzessive zu betrachten, in welchen weiteren Städten dies im Sinne einer emissionsfreien Innenstadtbelieferung dann Sinn macht, denn die Lösungen sind ja nicht für die große Fläche gedacht. Zudem sind Microhubs, Umschlagflächen und weitere Themen starke limitierende Faktoren.
Dieses Ziel verfolgen wir weiter, wir wollen Stückgut weltweit von Haustür zu Haustür anbieten. Wie haben uns jetzt auf die Schnittstellen zwischen Luft und See in Europa konzentriert, damit wir eine möglichst reibungslose Anbindung an unser Netzwerk haben, sowohl nach Europa hinein als auch heraus. Dafür haben wir beispielsweise in Waddinxveen in den Niederlanden so genannten Container Freight Stations geschaffen, also zentrale Standorte, um die Export-Sendungen zu bündeln. Das erhöht die Prozesssicherheit und Qualität. Auf der anderen Seite ist über weitere Container Freight Stations auch sichergestellt, dass alle Importe reibungslos in unser Stückgutnetz gelangen. Denkt man das Konzept weiter, kommen wir irgendwann zu dem Punkt, an dem wir auch Vor- und Nachläufe außerhalb Europas im Landverkehr abbilden können. Das heißt aber nicht, dass wir global ein Landverkehrsnetz aufziehen wollen. Dazu braucht es aber verlässliche Partner für den physischen Warenfluss. Genauso wichtig sind aber für die Steuerung die Informationen und die Transparenz, und das gehen wir als nächsten Schritt an. Wir haben viele Kunden, die in den europäischen Markt liefern wollen und umgekehrt und die an solch einer globalen Stückgutlogistik sehr interessiert sind.
Wir haben etwa 2024 eine extrem hohe Produktivität mit sehr guter Qualität liefern können. Ein wesentliches Thema war für uns die Servicepartner-Initiative, die das Ziel hat, eine noch bessere Zusammenarbeit zu erzielen. Denn die Leistung unserer Transportpartner ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Deshalb ist es sehr wichtig, auch an dieser Schnittstelle die Qualität zu erhöhen. Dazu gehören beispielsweise auch die Unterstützung beim Thema Ausbildung durch die Dachser Service- und Ausbildungsgesellschaft, aber auch eine gewisse Verlässlichkeit und die passende Tarifstruktur. Denn am Ende geht es darum, auch in schweren Zeiten eine faire Partnerschaft sicherzustellen. Das geht aber nicht, wenn man bei schwankenden Mengen einfach 15 Prozent der Tarife streicht.
Unser Augenmerk gilt aktuell dem Rollout von @ILO, unserem System eines digitalen Zwillings für den Stückgutverkehr. Das soll an allen neuen Standorten, wie aktuell in Unna und Ingolstadt, aufgebaut werden. Ziel ist jetzt, die Standards aus der Pilotierungsphase an den ersten zwei Standorten auf weitere insgesamt fünf Standorte auszubringen, neben den zwei in Deutschland auch in Schweden, den Niederlanden und der Schweiz. Zum Zuge komme hier vor allem Standorte, die entweder eine bestimmte Größe haben, oder aber eine Wichtigkeit für den regionalen Verkehr oder, wie in den Niederlanden, eine Relevanz für das ganze Land. Später soll @ILO in der Fläche ausgerollt werden.
Zunächst einmal finde ich EU-Initiativen wie Omnibus wichtig, weil es darum geht, zu überprüfen, wer was berichten muss. Denn die bürokratischen Hürden sind vor allem für kleinere Unternehmen zu groß. Und eigentlich haben wir ja ein klares Regelwerk zur Bepreisung der CO2-Emissionen und auch zu den Rahmenbedingungen, wie etwa die CO2-Maut. Das alles sagt uns, in welchen Schrittlängen es sinnvoll ist, unsere Flotten umzurüsten. Ich finde es allerdings schade, dass viele ein Stück weit von dieser Agenda weggerückt sind. Denn eines ist sicher: Der Klimaschutz geht nicht weg, seine Wichtigkeit kann gar nicht klar genug verdeutlicht werden. Für uns ist das sehr wichtig, deswegen gehen wir hier unseren Weg und stellen uns ein Stück weit auch als Impulsgeber in der Logistik vorne hin.
An erster Stelle wünschen wir uns ausreichend Investitionen in die Infrastruktur wie Straße, Schiene und Digitalisierung, um die Leistungsfähigkeit von Deutschland als transkontinentales Land sicherzustellen. Das zweite sind verlässliche Rahmenbedingungen, insbesondere im Blick auf Deutschland als Industriestandort. Auch befürworten wir einen Abbau der Bürokratie in Deutschland und in der EU, damit nicht weiter Ressourcen für bürokratische Themen statt für die Sicherstellung eines wettbewerbsfähigen Produktionsstandortes aufgewendet werden.
Wenn wir den Bogen Richtung USA spannen – das ist eine sehr schwierige Zeit und für eine langfristige Partnerschaft natürlich nicht günstig. Aber vielleicht ist es an der Zeit für Europa, dass wir uns wieder mehr auf uns besinnen und nach außen auch stark positionieren. Die USA sind zwar ein sehr wesentlicher Wirtschaftsraum, aber nicht der einzige. In der Logistik verhält es sich mit der Sendung wie mit dem Wasser, sie sucht sich ihren Weg. Vielleicht werden sich Warenströme zwar kurzfristig reduzieren, aber mittel- oder langfristig werden sie sich erholen und neue Routen nehmen. In der Logistik bietet die jetzige Situation daher auch Chancen für Unternehmen, die global aktiv sind. Man muss nur die richtigen Schlüsse ziehen.