Im Gespräch vor rund eineinhalb Jahren hatte sich Dr. Michael Bargl, Geschäftsführer der Stückgutkooperation IDS, für die Einführung des Lang-Lkw stark gemacht. Schon damals forderte er allerdings praktikable Rahmenbedingungen. Im neuerlichen Interview mit trans aktuell erörtert er, warum er den Lang-Lkw derzeit nicht im Blick hat – und warum die Systempartner lieber auf High-Cube-Wechselbrücken setzen.
Dr. Bargl: Wir können mittlerweile auf ein halbes Jahr zurückblicken und verzeichnen bislang ein leichtes Wachstum um ein Prozent. Wobei wir national sogar 1,5 Prozent über dem Vorjahr sind. Im übrigen Europa gibt es hingegen kein einheitlich positives Bild. Insbesondere in Frankreich, Spanien und Italien mussten wir Einbrüche hinnehmen. Diese sind allerdings der konjunkturellen Lage in den einzelnen Ländern geschuldet. Skandinavien hingegen bietet da schon wieder mehr Grund zur Freude.
Nein, unser Ziel mussten wir aus den genannten Gründen nach unten korrigieren. Aber die Zwölf-Millionen-Grenze werden wir wohl trotzdem erreichen. Dies ist kein so starkes Wachstum wie noch im letzten oder auch vorletzten Jahr. Wir hatten uns aber bereits im Dezember letzten Jahres schwer damit getan, eine Prognose für 2012 herauszugeben. Das ging wohl allen in der Branche so.
Ja, das ist richtig. Bis jetzt ist es relativ stabil gelaufen. Nun sind wir zwar erst mal in der Sommerpause. Es gibt aber keinen Grund zu der Annahme, dass es im September nicht ebenso stabil weitergehen sollte.
Vor allem im Konsumgüterbereich aber auch in der gesamten Baubranche läuft es gut. Man unterschätzt bisweilen den Einfluss des Wetters. Das gilt sogar für manche Sparten in der Industrie. Ganz besonders gespürt haben wir das im Gartenbereich. Dort lief in diesem Jahr der Abverkauf nicht so gut. Es fehlte einfach eine längere Sonnenperiode. Ohne die hatten die Kunden keinen Grund, beispielsweise Bewässerungssysteme zu kaufen. Daher lief es folglich nicht allzu gut, was aber nichts mit der Konjunktur zu tun. Das ist eine rein wetterabhängige Entwicklung.
Die Beschäftigungszahlen sind tatsächlich stabil. Und der Fachkräftemangel ist ja kein neues Problem, sondern begleitet uns seit einigen Jahren. In besonders konjunkturstarken Zeiten wie 2010 und 2011 haben wir den Mangel aber noch deutlicher gespürt.
Zu Beginn mit elf Mittelständlern gestartet, kamen zunächst die Konzerne DSV sowie Kühne + Nagel hinzu. Zwischenzeitlich waren es dann sogar 25 Gesellschafter und 37 Depots. Da hatte jeder im Schnitt 1,5 Standorte. Heute sind es zehn Gesellschafter und 43 Häuser. Da sieht die Struktur natürlich anders aus. Neben den beiden Konzernen betreibt nun auch der Mittelstand mehrere Depots. Das können durchaus drei, vier oder sogar fünf Häuser sein. Denn auch der Mittelstand kauft zu. Jüngstes Beispiel ist die Spedition
Noerpel, die Kentner gekauft hat, um eine höhere Marktdurchdringung zu erreichen.
Das nationale Netz ist zwar seit Langem ausgereift. Optimierungspotenziale ergeben sich aber ständig. Wenn es Wachstum gibt, müssen die Sendungen schließlich verteilt werden. Da braucht es sowohl Hallenkapazitäten als auch den entsprechenden Fuhrpark. Eine Möglichkeit dafür sind Gebietsarrondierungen – also dass man eine Postleitzahl von einem in ein anderes Depotgebiet verschiebt. Das ist normale Anpassungsarbeit.
Ich bin mir sicher, dass unser Status quo erhalten bleibt. Da gibt es entsprechende Bekenntnisse der Gesellschafter. Schließlich sind wir in einem ständigen und intensiven Kontakt. Daher weiß ich, dass alle Gesellschafter mit der Struktur und der Qualität des Netzwerks zufrieden sind.
Kühne + Nagel arbeitet bei den internationalen Verkehren natürlich mit den jeweiligen Landesorganisationen zusammen, ebenso sieht es bei DSV aus. Die acht Mittelständler wiederum haben sich in vielen Märkten auf einen gemeinsamen Partner verständigt. In Skandinavien, England und Irland ist das DSV. In anderen großen Märkten wie Italien und Frankreich ist das der Konzern Geodis, der ebenfalls die Strategie hat, weiter zu wachsen und daher immer neue Linien einrichtet.
Die Kontraktlogistik ist bei uns zu 100 Prozent unter der Regie der jeweiligen Gesellschafter. Als IDS haben wir zentral erst einmal nichts zu tun. Die Unternehmen entwickeln diese Geschäfte vollkommen eigenständig weiter. Die damit einhergehende Beschaffungs- beziehungsweise Distributionslogistik wird dann aber über die Kooperation abgewickelt. Unser Transportnetzwerk profitiert also davon. Wir als IDS haben diesbezüglich aber keine Ambitionen, Kontraktlogistik selbst zu vermarkten.
Dieser Bereich entwickelt sich erfreulich. Wir sind natürlich weiter am Verbessern und Konsolidieren. Etwa fünf Prozent unserer Sendungen entfallen darauf, wobei es sich um einen wachsenden Markt handelt. Nächstes Jahr sollen es bereits sieben, im Jahr darauf zehn Prozent sein. Bislang können wir die Privatsendungen aber noch mit dem Stückgut-Lkw ausfahren. Auf lange Sicht werden wir das voneinander trennen müssen.
Dass wir in Ballungsräumen wie Stuttgart oder München spezielle Zustellfahrzeuge einsetzen. Wir haben bereits einen Standardservice, der die Lieferung bis Bordsteinkante beinhaltet. Für den Zwei-Mann-Zustellservice wiederum haben wir eine Kooperation mit Hermes geschlossen. Dazu bringen wir die Sendungen zum Hermes-Hub nach Löhne und von dort aus geht es dann zum Endkunden. Notfalls liefern wir auch in den dritten Stock und schließen die Waschmaschine an. Unser größter Versender in diesem Segment ist der Online-Händler Redcoon, der mittlerweile zur Media-Markt-Saturn-Gruppe gehört. Der größere Teil sind aber Mischversender. Diese beliefern größtenteils den Handel. Ein kleinerer Teil geht direkt an den Verbraucher.
Die Steigerungen des Dieselpreises konnten wir über einen Floater abfangen. Handlungsbedarf gibt es dennoch. Zwar stellt die Versa, die Teilorganisation des DSLV, aus kartellrechtlichen Gründen keine Preisempfehlungen für Stückgut aus. Wohl aber kommt demnächst ein sogenannter Kostenindex heraus. Die Grundidee ist, relative Änderungen der Kosten zu veröffentlichen. Das finden wir sehr positiv.
Fünf Prozent Preissteigerung über alles wurde weder dem Kunden noch dem Dienstleister gerecht. Je nach Unternehmensgröße fallen ganz unterschiedliche Kosten im Bereich der Administration oder des Transports an – um nur zwei Punkte zu nennen. Noch dazu wollen die Kunden sehr genau aufgeschlüsselt haben, wo die Kosten tatsächlich gestiegen sind.
Da kann man keine großen Sprünge mehr machen. EDV-gestützt lassen sich sicher noch einige Prozesse verschlanken, sodass mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitern mehr Sendungen bewältigt werden können. Eine weitere Möglichkeit ist, im Fern- und Nahverkehr größere Einheiten einzusetzen.
Nein. Wir schaffen gerade für rund zehn Millionen Euro eine weitere Tranche High-Cube-
Wechselbrücken an. Damit stellen wir unseren Fuhrpark um. Im Frühjahr sind dann zwei Drittel unserer Wechselbrücken High Cubes. Aber das ist ein Prozess, der bereits seit 2007 im Gange ist. Mit 3.100 Fahrzeugen dieser Art haben wir dann fast den kompletten Fernverkehr abgedeckt. Dem Lang-Lkw stehen wir prinzipiell positiv gegenüber. Gerade bei den Hub-Verkehren Kiel-Neuenstein oder Ravensburg-Neuenstein würde das Sinn machen. Aber aufgrund der aktuellen Restriktionen halten wir uns zurück.
Auf jeden Fall. Häufig ziehen sich politische Entscheidungen lange hin. Entschieden wird dann aber plötzlich und ohne Vorwarnung. Als Unternehmen benötigen wir hingegen rund 18 Monate Vorlaufzeit, um entsprechend reagieren zu können. Schließlich ändert niemand sein Geschäftskonzept kurzfristig und ohne entsprechende Garantien.
Zur Person
1961 in München geboren, studierte Michael Bargl Wirtschaftsingenieurwesen und promovierte 1993 zum Thema Dispositionssysteme in der Transportwirtschaft. Von 1987 bis 1993 war er Berater bei der Dornier System Consult in Friedrichshafen. Anschließend wechselte er in den Bereich Logistik: In der Systemzentrale von DPD in Aschaffenburg hatte er diverse Führungspositionen inne. 2000 wurde Dr. Michael Bargl Geschäftsführer von Elix European Logistix. Seit April 2003 ist er Geschäftsführer der Stückgutkooperation IDS Logistik mit Hauptsitz in Kleinostheim.