Die Digitalisierung in Transport und Logistik schreitet voran – aber vielerorts fehlt es an ganzheitlichen Antworten. Statt integrierter Systeme dominieren Einzellösungen: eine Software für die Disposition, eine andere für die Mautabrechnung, ein separates Telematiksystem und eine Tankkarte mit eingeschränkter Akzeptanz. Der Anbieter Eurowag will das ändern. Ziel ist eine Komplettlösung für Transportunternehmen – mit Produkten aus einer Hand, abgestimmt auf die Anforderungen im gewerblichen Straßengüterverkehr.Country-Manager Stanislav Štěrba spricht im Interview mit trans aktuell über die strategischen Ansätze seines Hauses – und warum Truck-Racing ein guter Ort für Kundenbindung ist.
Truck-Racing als Marketinginstrument
Seit 2024 ist Eurowag offizieller Partner der Goodyear FIA European Truck Racing Championship (ETRC). Für Štěrba mehr als ein PR-Coup: „Der Truck-Race am Nürburgring war ein wahnsinnig inspirierendes Erlebnis“, erzählt er. „Die Atmosphäre dort ist einzigartig, fast wie ein Festival. Und unsere Zielgruppe ist mittendrin: Spediteure, Disponenten, Fahrer, Unternehmer.“
Truck-Racing stärkt Markenwerte
Die Partnerschaft mit der ETRC sei auch ein Zeichen für gemeinsame Werte, betont Štěrba. „Diese Zusammenarbeit ermöglicht es uns, unsere Expertise in den Bereichen Dekarbonisierung und Effizienzsteigerung im Transportwesen in den Vordergrund zu stellen, sowohl im Motorsport als auch in der Transportbranche insgesamt. Nachdem man sich bei der FIA dazu entschieden hatte, die Rennfahrzeuge mit HVO100 zu betreiben, haben wir hier als Lösungsanbieter ein perfektes Match gesehen.“
Truck-Racing motiviert Mitarbeiter
Zudem habe das Truck-Racing einen überraschenden Nebeneffekt gezeigt: „Für unsere Mitarbeiter war das Event ebenfalls ein Highlight – und ein starkes Team-Erlebnis. Das wirkt sich intern genauso positiv aus wie nach außen.“

„Unsere Kunden sollen alle Leistungen zentral verwalten und gebündelt abrechnen können – selbst, wenn sie Services von Dritten nutzen.“ Stanislav Šterba,
Country Manager DACH, Eurowag
EVA-Box für Maut und Telematik
Herzstück des Eurowag-Angebots ist die sogenannte EVA-Box, was für „Enhanced Vehicle Assistant“ steht. Die On-Board-Unit übernimmt nicht nur die Mautabrechnung, sondern fungiert gleichzeitig als Telematiklösung. „Wir stellen die Box selbst her, vertreiben sie direkt und halten die Digitaltechnologie dahinter stets auf dem neuesten Stand“, erklärt Štěrba. Das bringe große Vorteile: „Kein Zwischenhändler, keine Sprachbarrieren, keine Umwege bei der Fehlerbehebung – unsere Hotline ist 24/7 erreichbar und verbindet unsere Kunden mit Servicemitarbeitern in der jeweiligen Landessprache, darunter selbstverständlich auch Deutsch.“
Einfache Installation der EVA-Box
Die EVA-Box deckt derzeit 13 Mautländer ab, darunter Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Frankreich, Spanien und exklusiv auch Tschechien. Die Installation ist denkbar einfach: Die Box wird mit selbstklebenden Klettverschlüssen an der Windschutzscheibe befestigt, eingeschaltet und schon kann der Lkw losfahren. Štěrba betont: „Selbst wer nur national fährt, profitiert. Denn wir bieten auch in Deutschland bessere Konditionen als etablierte Anbieter und das bei gleichzeitig viel geringerem Aufwand.“
Basis für Flottenmanagement
Die Box bietet nicht nur Zugang zum europäischen Mautsystem, sondern fungiert auch als Basis für das Flottenmanagement. In der kostenlosen Freemium-Variante sind bereits Funktionen wie Ortung, Mautkostenkalkulation und Fahrtenübersicht enthalten. Wer mehr will – etwa Fernauslesen von Lenk- und Ruhezeiten – kann das System über eine einfache Schnittstelle erweitern. „Viele unserer Kunden haben eigene Werkstätten. Die Nachrüstung ist für sie kein Problem. Für Kunden, die keine Möglichkeit zur Eigeninstallation haben, bieten wir einen kostengünstigen Vor-Ort-Installationsservice an – auf Wunsch auch am Wochenende, wenn die Lkw in der Regel nicht im Einsatz sind.“
Kundenportal als Schaltzentrale
Alle Services laufen im Kundenportal „Eurowag Office“ zusammen. Die Plattform vereint Flottenmanagement, Tank- und Mautabrechnung, Fahrersteuerung und Telematik und soll künftig auch Drittanbieter integrieren. „Man kann sich das vorstellen wie einen digitalen Marktplatz“, so Štěrba. „Unsere Kunden sollen alle Leistungen zentral verwalten und gebündelt abrechnen können – selbst, wenn sie Services von Dritten nutzen.“
E-Wallet bringt flexible Zahlungsziele
Ein zentrales, neues Feature wird voraussichtlich noch im Jahr 2025 eingeführt: das sogenannte E-Wallet. Die digitale Geldbörse erlaubt es Kunden, Zahlungsziele flexibel zu steuern. „Gerade in unserer Branche zählt jeder Tag“, erklärt Štěrba. „Ein Auftraggeber zahlt zu spät, der Unternehmer muss aber die Mautrechnung begleichen. Normalerweise bedeutet das Stress, vielleicht sogar Mahnkosten. Mit dem E-Wallet kann man auf Knopfdruck das Zahlungsziel verschieben – gegen geringe Zinsen, aber ohne großen Verwaltungsaufwand.“
E-Wallet erhöht Autonomie der Kunden
Gleichzeitig kann der Kunde durch vorzeitige Zahlungen sein Kreditlimit wieder anheben. „Er entscheidet, wie er zahlt – nicht wir“, betont Štěrba. „Diese Autonomie ist für viele mittelständische Betriebe Gold wert.“
Schutz vor Tankkartenmissbrauch mit FuelGuard
Ein weiteres Merkmal des Eurowag-Ansatzes ist die systemische Verknüpfung von Telematik, Maut und Tankkarte. Ein Beispiel: Tankkartenmissbrauch ist in der Branche ein häufiges Problem – durch Diebstahl, Kopien oder unbefugte Nutzung. Eurowag nutzt die GPS-Daten der EVA-Box, um die Transaktion mit dem Standort des Fahrzeugs abzugleichen. „Möchte der Fahrer also seinen Tankvorgang mit Bezahlung durch seine Tankkarte abschließen, muss er eine vierstellige PIN eingeben. In Sekundenschnelle folgt eine Abfrage, wo die Transaktion stattfinden soll und wo sich der zugehörige Lkw befindet. Decken sich die Angaben mit den GPS-Daten, wird die Transaktion freigegeben. Wenn nicht, wird diese abgelehnt“, erklärt Štěrba. „Somit ist egal, ob jemand die PIN kennt, oder die Karte geklaut hat: Solange der im System registrierte Lkw-Standort nicht mit dem Transaktions-Standort übereinstimmt, ist keine Abbuchung möglich.“
Digitale Zahlung mit Eurowag-Pay
Das unter dem Namen „FuelGuard“ eingeführte System lässt sich einfach im Kundenportal aktivieren. Es ergänzt die klassische Tankkarte und erhöht die Sicherheit deutlich. Gleichzeitig ermöglicht das System auch eine intelligente Tankstellen-Navigation: „Unsere Software schlägt auf der geplanten Route die günstigste Tankstelle vor, auf Basis von Echtzeitdaten. Der Disponent kann den Fahrer dorthin lotsen oder sogar einen Tankauftrag senden.“Selbst das Bezahlen funktioniert inzwischen digital. Mit „Eurowag Pay“ kann der Fahrer per App die Zapfsäule freischalten – ganz ohne Karte. Die Zahlung wird über das Smartphone autorisiert, die Abrechnung erfolgt automatisch.
Nachhaltigkeit mit „Decarbonization as a Service“
Neben der technischen Vernetzung setzt Eurowag stark auf Nachhaltigkeit. Unter dem Titel „Decarbonization as a Service“ bietet das Unternehmen Unterstützung für Speditionen, die ihren CO₂-Ausstoß senken wollen. Das Angebot reicht von der Fuhrparkberatung über die Entwicklung von Business Cases bis hin zur Hilfe bei Förderanträgen.
Nachfrage nach CO₂-reduzierten Kraftstoffen
„In Deutschland sehen wir großes Interesse – aber auch große Unsicherheit“, sagt Štěrba. „Viele Unternehmer wollen etwas tun, wissen aber nicht, wo sie anfangen sollen.“ Dabei verweist man bei Eurowag bereits auf eigene Zahlen: Rund zehn Prozent der Kraftstoffe, die mit Eurowag-Tankkarten getankt werden, sind CO₂-reduziert – etwa HVO100 oder Bio-LNG. Und das Netz wächst weiter. „Gerade mittelständische Fuhrparks können sich die Umstellung auf E-Lkw oft nicht leisten. Wir helfen ihnen, Lösungen zu finden, die realistisch, wirtschaftlich und nachhaltig sind.“
Ladeinfrastruktur für Lkw als Knackpunkt
Nicht nur für Eurowag ist dabei auch die Ladeinfrastruktur ein zentrales Thema. Zwar listet Eurowag inzwischen 900.000 Ladepunkte europaweit, 164.000 davon allein in Deutschland. Doch nur ein Bruchteil ist tatsächlich für schwere Nutzfahrzeuge geeignet. „Ich fahre privat selbst elektrisch“, erzählt Štěrba. „Mit Anhänger wird Laden aber zum Abenteuer, oft sind die Ladestationen nicht auf Anhänger ausgerichtet und eine Abkopplung wird nötig – danach ist die Ladestation dann allerdings bereits besetzt und ich muss noch länger warten. Für Lkw ist das noch viel kritischer.“
Filter für relevante Ladepunkte
Deshalb arbeitet Eurowag daran, Filterfunktionen zu etablieren, die wirklich relevante Ladepunkte anzeigen: mit Platz für Trailer, ausreichender Leistung und direkter Zufahrt. Ziel ist ein Lkw-taugliches Ladenetz. „Nicht 900.000 Punkte, das ist einfach nicht realistisch – aber zumindest eine Filterung, die Lkw-taugliche Ladestationen anzeigt und die Fahrt so nachhaltiger macht“, so Štěrba.
Verzahnung von Telematik und Zahlungssystem
Die neue Ladekarte umfasst dabei neben Strom auch Diesel, AdBlue, Benzin, sowie alternative Kraftstoffe wie HVO100, LNG, Bio-LNG, CNG, LPG und BioDiesel. Depotlösungen für den eigenen Betriebshof inklusive Finanzierungshilfen runden das Angebot ab. Die Verzahnung von Telematik, Zahlungssystem und Navigation bringt nicht nur Effizienz, sondern auch Sicherheit. Neben dem erwähnten FuelGuard-System hebt Štěrba besonders die Kontrolle in Echtzeit hervor: „Jede Transaktion kann auf Lkw-Ebene zurückverfolgt werden – Preis, Menge, Zeitpunkt. So hat das Unternehmen jederzeit die volle Übersicht.“ Auch die App-basierte Zahlung sei ein Komfortgewinn: „Der Fahrer muss keine Karte suchen, keinen PIN eingeben. Alles läuft über das Handy. Und die Daten landen sofort in der Zentrale.“
Persönlicher Service trotz Digitalisierung
Trotz aller Automatisierung betont Štěrba: „Im deutschsprachigen Raum zählt persönlicher Service mehr als anderswo.“ Deshalb setzt Eurowag bewusst auf einen hybriden Ansatz: „Wir haben ein lokales, deutschsprachiges Team, das jederzeit erreichbar ist – per Hotline, E-Mail oder im Außendienst.“
Selfcare-Portal für volle Autonomie
Parallel bietet das Selfcare-Portal volle Autonomie: Karten bestellen, Mautdienste aktivieren oder sperren, Rechnungen abrufen – alles ist digital möglich. „Natürlich muss dieses Angebot niemand nutzen, der andere Kommunikationswege bevorzugt“, unterstreicht Štěrba. „Wer lieber mit einer Person spricht, kann das selbstverständlich tun.“
Truckparks in Deutschland geplant
Noch im Jahr 2025 will Eurowag erstmals einen eigenen Truckpark in Deutschland eröffnen. Der Standort steht fest, weitere sollen folgen. „In Österreich haben wir bereits drei Standorte – jetzt kommt Deutschland dran“, kündigt Štěrba an. Die Truckparks sollen mehr bieten als Parkplätze und Duschen. „Natürlich gibt es Diesel, aber auch HVO100, Bio-LNG und künftig sogar Ladepunkte für E-Lkw“, erklärt Štěrba. Kunden mit Eurowag-Karte profitieren zudem von besseren Konditionen: „Wir reden von zwei bis vier Cent Preisersparnis pro Liter – das macht über die Masse einen großen Unterschied.“
Eurowag verfolgt klare Wachstumsstrategie
Gleichzeitig positioniere man sich bei Eurowag im DACH-Markt als dynamischer Herausforderer – mit einer klaren Wachstumsstrategie, Innovationskraft und dem Anspruch, bestehende Strukturen neu zu denken. „Getreu unserem Motto ‚Go Far‘ verfolgen wir das Ziel, immer sichtbarer zu werden und unsere Marktpräsenz nachhaltig auszubauen“, so Štěrba abschließend.
Das Unternehmen Eurowag
- Hauptsitz: Prag, Tschechien
- Gründung: 1995
- Geschäftsführer: Martin Vohánka (CEO)
- Geschäftsfelder: Mautabrechnung, Tankkarten, Telematik, Flottenmanagement, Zahlungsabwicklung, Ladeinfrastruktur
- Rund 2.300 Mitarbeiter
- Europaweit 38 Standorte in 19 Ländern, unter anderem in Deutschland, Österreich, Polen, Spanien und Tschechien
- Umsatz: 2 Milliarden Euro (2023)