DB Schenker: Der Anfang einer Reise

Alternative Antriebe bei DB Schenker
Der Anfang einer Reise

Wasserstoff, BEV und die Frage der Infrastruktur: Armin Humer, Sustainability Manager, DB Schenker Cluster DE/CH, über die Herausforderungen bei alternativen Antrieben.

H2_Truck_Betankung
Foto: DBSchenker_Michael_Neuhaus

Mit seinen Erfahrungen aus der Praxis ist Armin Humer, Sustainability Manager von DB Schenker im Cluster DE/CH, bei der Messe Hy-fcell in Stuttgart fast ein Exot. Zwischen den zahlreichen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Experten aus Forschung und Fahrzeug-Entwicklung berichtet der Praktiker, wie die Fahrzeuge sich im realen Transportalltag behaupten. Der Logistiker zeigt sich von der Wasserstoff-Technologie überzeugt.

770 Fahrzeuge mit alternativem Antrieb betreibt der Logistikdienstleister in der Region Europa. Nicht viel, gemessen an der Gesamtzahl der Fahrzeuge, die täglich für DB Schenker unterwegs sind. "Man darf die Fahrzeugzahl nicht als absolut sehen – beim Thema alternative Antriebe befinden wir uns am Anfang einer Reise, und wir bleiben kontinuierlich daran, hier weiter Erfahrungen zu sammeln", sagt Humer. Ziel sind CO2-arme Transportlösungen für die Kunden und damit auch eine nachhaltige Logistik.

Sechs H2-Lkw sind im Einsatz

Sechs Wasserstoffahrzeuge sind in Deutschland im Einsatz; eines von Paul Nutzfahrzeuge sowie fünf Fahrzeuge des Modells Hyundai Xcient, die DB Schenker über das pay-per-use-Angebot von Anbieter Hylane nutzt. "DB Schenker ist Partner der ersten Stunde", berichtet Dr. Julian Hess, Senior Business Manager bei Hylane, bei einem gemeinsamen Gespräch auf der Messe mit trans aktuell. "Den Anfang machte ein 6x2 Trockenkoffer. Schritt für Schritt wurden es mehr Fahrzeuge, jetzt haben wir auch BDF-Fahrzeuge 6x2 im Einsatz". Die Erfahrungen von DB Schenker sind laut Armin Humer positiv. "Im täglichen Betrieb gibt es keine Probleme und die Fahrzeugen werden in ganz verschiedenen Bereichen eingesetzt – etwa im Pendelverkehr, in der City-Logistik oder im nationalen Messe-Geschäft", berichtet Humer.

Tanken als Herausforderung

Vor dem Ersteinsatz analysierten DB Schenker und Hylane mögliche Touren, mit den jeweiligen DB Schenker-Niederlassungen wurden der Einsatz und die Routen abgestimmt. Denn auch bei der Wasserstofftechnologie ist das Thema Tanken aktuell noch eine Herausforderung. Zwar gibt es bundesweit schon zahlreiche Wasserstofftankstellen, nicht immer sind diese aber für das Betanken der Lkw mit 350 bar Druck ausgerüstet – bundesweit beläuft sich die Zahl der H2-Tankstellen für Lkw auf knapp 50, sagt Humer. Die genaue Planung hilft daher, dass DB Schenker dennoch diese öffentlichen Tankstellen für seine H2-Lkw nutzen kann. Dann spielt die Technologie auch ihre Vorteile aus: In nur 15 Minuten sind die Wasserstoff-Lkw vollgetankt. Dabei hat die tatsächliche Reichweite den Nachhaltigkeitsexperten und seine Kollegen positiv überrascht: "Hyundai hat die Reichweite konservativ mit 400 Kilometer angegeben. Das fahren die Fahrzeuge problemlos, oft schaffen die Fahrer und Fahrerinnen locker 450 Kilometer. Das ist aber immer abhängig von Verkehrssituation, Beladung und Topografie", sagt Hylane-Vertreter Hess. Dabei achten die Fahrer darauf, nicht das maximal mögliche aus den Fahrzeugen herauszufahren. Vor dem ersten Einsatz gab es jeweils eine Schulung durch Hyundai. "Die Fahrer sind alle sehr zufrieden und wissen die Vorteile zu schätzen, etwa dass der Xcient geräusch- und vibrationsarm ist".

Weitere H2-Fahrzeuge denkbar

Humer persönlich kann sich daher vorstellen, dass weitere Wasserstoff-Fahrzeuge bei DB Schenker in Deutschland eingesetzt werden könnten, insbesondere bei einer Erweiterung der Reichweite bei künftigen Modellen und mehr Tankstellen. Denkbar wäre dann ein Einsatz im Fernverkehr zwischen den insgesamt 44 Terminals in Deutschland: "Hier könnten Brennstoffzellen-Lkw oder auch Lkw mit Wasserstoffverbrenner eingesetzt werden". Bei der Dekarbonisierung der Flotte fährt DB Schenker allgemein eine technologieoffene Strategie, und hat daher auch batterieelektrische Antriebe am Start. Auf der letzten Meile von den DB Schenker-Terminals zu den Kunden kommen auch elektrische Cargobikes und, für die größeren Sendungen, die batterieelektrischen Lkw bis 18 Tonnen zum Einsatz: Volvo FM Electric und FH Electric, Fuso eCanter, eActros 300. Die Lkw haben eine tägliche Laufleistung von 150 bis 200 Kilometern pro Tag und können somit problemlos über Nacht im Depot mit einer Leistung von 50 kW geladen werden. "In diesem Bereich ist es daher vergleichsweise einfach, die alternativen Antrieb zu nutzen", sagt Humer.

Armin Humer, Sustainability Manager, DB Schenker Cluster DE/CH,
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Armin Humer, Sustainability Manager, DB Schenker Cluster DE/CH.

BEV-Einsatz im Pendelverkehr

Die großen batterieelektrischen 40-Tonner hat DB Schenker aktuell etwa im Pendelverkehr zwischen Lager und Produktionsstätten von Kunden im Einsatz, auch auf einer Linienverbindung zwischen Dortmund und der belgischen Schenker-Geschäftsstelle in Eupen. "Wenn die Ladeinfrastruktur da ist, sind Shuttleverkehre und andere Linienverkehre ideal – wenn die Versorgungssicherheit gegeben ist". E-Lkw sind inzwischen von vielen Herstellern verfügbar, sie fahren bei Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien emissionsarm und sind gerade für die Anwendungen auf der letzten Meile gut geeignet. "Aber die Ladeinfrastruktur ist noch ein großes Thema – wir sind gerade für weitere Strecken auf eine gute Infrastruktur angewiesen und brauchen hier noch mehr Tempo, um die elektrischen Antriebe auf die Straße zu bringen". Am DB Schenker-Standort in Neufahrn bei München hat das Unternehmen selbst schon die richtigen Bedingungen geschaffen: eine PV-Anlage und ein Batteriespeicher, um auch schwere Nutzfahrzeuge problemlos laden zu können, und das ohne eine große Belastung für das Stromnetz vor Ort. "An weiteren Standorten haben wir ebenfalls Ladestationen errichtet, um die Fahrzeuge am eigenen Depot zu laden. Das geschieht, während die Fahrzeuge zum Be- und Entladen stehen, oder wenn ein Fahrertausch stattfindet – danach können wir die Fahrzeuge vollbeladen auf die Straße schicken".

Redundanz an Tankstellen notwendig

In Bezug auf das Thema Wasserstoff sind laut Humer ein noch nicht so breites Angebot und wenig Auswahl bislang eine Herausforderung. Von Vorteil sei aber die rasche Betankung. Allerdings: "Auch die Redundanz an den H2-Tankstellen ist ein wichtiges Thema. Lkw sind getaktet, die können nicht warten, bis eine Tankstelle wieder zur Verfügung steht oder ein Fehler behoben ist". Während BEV mit eigen-produziertem Strom im Vergleich zum Diesel bei den TCO schon ganz gut dastehen, müsse Wasserstoff hier aber noch deutlich attraktiver werden.

Aktuell kostet ein Kilogramm Wasserstoff (aus nachhaltiger Erzeugung) an der Tankstelle rund vierzehn Euro. Die aktuelle Wunschvorstellung aller Beteiligten im Wasserstoffmarkt sei es, als nächsten Schritt einen konstanten Preis von unter acht Euro pro Kilogramm zu erreichen, was den Einsatz der Fahrzeuge stabilisieren könnte. „Nicht ganz paritätisch zum Diesel, aber der hat ja auch 60 Jahre Vorsprung. Und er ist, im Gegensatz zum Wasserstoff, nicht klimaverträglich“, sagt Julian Hess von Hylane.

Umsetzung der THG-Quoten

Die Hoffnung der Wasserstoffwirtschaft liege auf der weiteren Umsetzung der THG-Quoten im Nutzfahrzeugbereich, so dass auch die Wasserstoffhersteller und Tankstellenbetreiber die Preise mitgehen können. Laut Humer braucht es aber für den Hochlauf der Wasserstofftechnologie auch eine ausreichende Menge an grünem Wasserstoff sowie Tankstellen, die auch näher an den großen Logistikhubs gelegen sein sollten. Und das Thema Nutzlast beziehungsweise zulässiges Gesamtgewicht? "Die Nutzlast ist meines Erachtens beim derzeitigen BEV-Einsatz etwa auf der letzten Meile nicht das Problem, hier ist das Volumen wichtiger. Und beim Wasserstoff-Lkw gibt es ja die Überlängengenehmigung. Hier können wir dann auch einen 13,6 Meter-Trailer anhängen, haben dann also die volle Kapazität.

Im Austausch mit den Frachtführern

Allein kann DB Schenker das Thema CO2-armer Transport aber nicht stemmen: Denn im Einsatz sind die Fahrzeuge zwar für DB Schenker, im Besitz sind sie aber bei den Transportpartnern des Konzerns. "Unsere Frachtführer sind als unsere Scope 3-Emittenten natürlich Teil unserer Klimabilanz und daher sehr wichtig für uns. Wir sind daher immer im Austausch mit ihnen, bieten Unterstützung an, zeigen auch mal neue Fahrzeuge an den Standorten. Und auch die eigene Ladeinfrastruktur hilft hier, denn die Frachtführer können hier laden. Zudem bieten wir beispielsweise Tankkarten mit besseren Preisen für das Laden oder guten Preismodellen für Wasserstoff", so Humer. Auch die Unterstützung durch die Kunden ist auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Zukunft wichtig. "Die wirtschaftliche Situation ist allgemein angespannt. Dennoch bemerken wir, dass das Thema Nachhaltigkeit unseren Kunden immer wichtiger wird – auch wenn es sich bei vielen vorerst auf Fragen nach einem entsprechenden Transportangebot im Tender beschränkt", sagt Humer. Aber es werden auch erste Projekte begonnen, etwa in der Werkversorgung: "Dabei geht es darum, dass auch die Kunden die Technologien erst kennenlernen und Erfahrungen sammeln. Dazu müssen Linien ausgesucht werden, wo der Einsatz passt, das Fahrzeug effizient eingesetzt werden kann und die TCO gesenkt werden können". Da eine CO2-Logistik sich nicht nur auf die Emissionen im Transportbereich beschränkt, setze DB Schenker beispielsweise auch im Rahmen seines Innovation-Teams auf weitere Maßnahmen, etwa die Möglichkeit, Transporte zu reduzieren oder zu bündeln. Einen ähnlichen Inhalt hatte das Projekt zur geräuscharme Logistik des Fraunhofer Institut IML, an dem DB Schenker mitgearbeitet hat: Wie kann man Lieferzeiten ausweiten, um die Tageslieferung zu entzerren und die Verkehrsbelastung zu senken? "Hier gilt es, wie bei vielen anderen Themen, dass man gewisse Prozesse, die sich über die Jahrzehnte etabliert haben, herausfordert und gegebenenfalls aufbricht, um Platz für Neues zu schaffen", sagt Armin Humer.