Die Angebote der Woche gibt es neuerdings per App. Rewe-Kunden müssen sich umstellen, denn auf die Information über den lieb gewonnenen Prospekt müssen sie seit 1. Juli verzichten. Doch ist es wirklich ein Verzicht, wenn die Umwelt profitiert? Der Lebensmittelhändler spricht von erheblichen Effekten beim Klima- und Ressourcenschutz: Mehr als 73.000 Tonnen Papier würden jährlich eingespart, 1,1 Millionen Tonnen Wasser und 380 Millionen kWh Energie pro Jahr. Und fürs Klima nicht ganz unerheblich: Die Umstellung von Print zu Digital verhindert den Ausstoß von 70.000 Tonnen CO2 pro Jahr.

Mit dem Einsparen von Papier ist es aber nicht getan. Beträchtliche Potenziale beim Klimaschutz sehen die großen Handelsketten auch in der Logistik – und hier speziell beim Umstellen auf Fahrzeuge, die mit alternativen Antrieben lokal emissionsfrei verkehren. Vertreter von Aldi Nord, Rewe und der Drogeriemarktkette dm berichteten beim trans aktuell-Symposium von ihren bisherigen Erfahrungen und den weiteren Plänen in Sachen Dekarbonisierung. Im Fall von dm und Rewe erfolgt das Ganze im Schulterschluss mit Partnern, konkret mit dem Logistikdienstleister DSV beziehungsweise dem Technologieunternehmen Einride.
Was beim Thema CO2-Vermeidung im Allgemeinen zutrifft, gilt für die Flotte im Besonderen: „Es gibt nicht die eine Lösung für einen CO2-neutralen Transport“, betonte Fabian Nevries, Head of Transport Innovation & Technik bei der Rewe Group in Köln. In Bälde verfügt das Unternehmen über zwei Wasserstoff-Lkw von Hyundai, parallel treibt es den Einsatz von Elektro-Lkw voran. Die ersten Erfahrungen mit den Stromern im Verteilerverkehr reichen schon fast zehn Jahre zurück: 2014 nahm Meyer Logistik einen von E-Force umgerüsteten 18-Tonner in Betrieb, der Touren für Rewe im Berliner Raum fuhr.

In der Zwischenzeit hat die technische Entwicklung Sprünge gemacht, sodass die Rewe-Verantwortlichen bei der Elektrifizierung die nächste Stufe zündeten: Sieben Elektro-Lkw des Typs eActros 300 von Daimler Truck beliefern seit kurzem von den Logistikzentren in Oranienburg und Berlin-Mariendorf aus mehr als 300 Supermärkte in Berlin und Brandenburg. „Wir wollten es gerne probieren, es aber nicht alleine machen“, erläuterte Nevries. Denn wer die E-Lkw einsetzen will, muss auch die Themen Förderanträge, Netzleistung und Ladesäulen mitdenken. Hier kommt der schwedische Technologieanbieter Einride ins Spiel, der Rewe ein Rundum-Sorglos-Paket aus Trucks, Ladesäulen und Steuerungsmöglichkeiten mit der firmeneigenen IT-Plattform Saga zur Verfügung stellt.
„Wir haben die Lkw, die Ladeinfrastruktur und die Software – der Versender geht also kein Technologierisiko ein“, erklärte Carl Petersen, Senior Business Development Manager bei Einride. Einride übernimmt auch die hohen Investitionen und schließt im Sinne einer langfristigen Planbarkeit mit den Kunden mehrjährige Verträge ab. Zu den Kunden gehören bereits Lidl, Carlsberg oder Pepsico – „und wir werden bald auch in Deutschland noch mehr von Einride auf der Straße sehen“, sagte Petersen.

Auf ein partnerschaftliches Modell setzt beim Einsatz von Elektro-Lkw auch die Drogeriemarktkette dm, die hier den Schulterschluss mit dem Logistikdienstleister DSV sucht. Wie Rewe hat auch dm gemeinsam mit DSV sowohl Wasserstoff-Lkw von Hyundai (im Einsatz beim DSV-Partner Amm in Nürnberg) als auch Elektro-Lkw von Mercedes-Benz im Einsatz. Die drei eActros 300 versorgen dm-Filialen im Bonner Raum. Die Besonderheit dabei: „Wir haben unsere bisherigen Lieferketten nicht verändert – weder die Zeiten noch die Mengen wurden angepasst“, erklärte Nadine Siemes, Director Transport Retail Distribution Services (RDS) bei DSV in Weilerswist. Mit der Reichweite von rund 300 Kilometern komme DSV gut klar. Und die Fahrer wollten die Fahrzeuge nicht mehr hergeben – „um kein Geld der Welt“.
Fahrer von Elektro-Lkw werden nach Selfie gefragt
Dass die Fahrzeuge bei den Fahrern beliebt sind, bestätigt Ursula Paepcke, Bereichsverantwortliche TKM im Ressort Logistik bei dm in Karlsruhe. „Die Fahrer wurden sogar schon gefragt, ob man ein Selfie mit ihnen machen könne. Das ist für sie eine ganz neue Erfahrung“, sagt Paepcke und sieht darin auch eine gewisse Wertschätzung. Auch dm wolle seinen Teil dazu beitragen, dass die Mitarbeiter in der Logistik angenehme Arbeitsbedingungen vorfinden. Die Drogeriemarktkette wirkt etwa bei der Tourenplanung mit und prüft, ob eine Tour am Heimatdepot enden kann oder – sofern das nicht möglich ist – der Fahrer beim dm-Verteilzentrum einen Parkplatz vorfindet. Warum es dm wichtig ist, beim Einsatz von E-Lkw zu den Vorreitern zu gehören? „Weil Abwarten keine Option ist“, wie Paepcke sagt.
Diese Devise gilt auch beim Einzelhändler Aldi Nord. Das Unternehmen macht keine halben Sachen und nimmt gleich zehn Elektro-Lkw des Typs FM Electric von Volvo Trucks in seine Flotte auf. Die ersten drei Fahrzeuge nahm der Discounter am Standort Seefeld bei Berlin in Betrieb, im Beisein von Daniela Kluckert (FDP), parlamentarischer Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium. Neben Berlin/Brandenburg setzt Aldi Nord die E-Lkw auch in Hamburg/Schleswig Holstein sowie in Nordrhein-Westfalen ein.

Pro Jahr erwartet das Unternehmen für alle zehn Fahrzeuge eine CO2-Einsparung von 486 Tonnen. Für Andreas Müller, Senior Manager Outbound Logistics bei Aldi Nord, besonders interessant: die Antwort auf die Frage, ob die E-Trucks die gleiche Arbeit leisten können wie die bewährten Diesel-Lkw. Denn wie bei dm gilt auch in seinem Hause: keine Extrawurst für die Elektro-Lkw. „Die Fahrzeuge werden den gleichen Anforderungen bei Touren, Lasten, Distanzen und Topografie ausgesetzt.“ Das Ganze werde von einer Studie begleitet, und darin wolle Aldi Nord nichts beschönigen. Doch Müller ist guter Dinge, dass die Stromer liefern werden. „Sie bringen bereits sehr gute Leistungen“, berichtet er.
Eine Herausforderung ist das Laden – nicht des Trailers, sondern der Akkus. „Wir können die Fahrzeuge nicht drei Stunden zum Laden abstellen, es muss in die Abläufe passen“, erklärte Müller. Strom „getankt“ werde also immer, wenn der E-Lkw verfügbar ist – sei es beim Be- und Entladen oder wenn der Fahrer eine Pause einlegt. Dabei sei es nicht das Ziel, die Batterie immer auf 100 Prozent aufzufüllen. Wenn auf der nächsten Tour nur 100 Kilometer zu bewältigen seien, reiche eine Zwischenladung. Noch arbeitet Aldi Nord mit mobilen Ladesäulen – dabei wird es aber nicht bleiben. Logistikexperte Müller kann sich sowohl Hochleistungs-Ladesäulen als auch Anlagen mit Tragarmen vorstellen, bei denen das Kabel von oben kommt. Das sei auch von der Verfügbarkeit abhängig. „Manche Hersteller sagen: Kommt 2026 wieder. So lange kann ich nicht warten.“
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