Gleich drei Truck Racing Rennserien gastierten 2024 gleichzeitig auf dem Circuit Bugatti in Le Mans, zweimal durften die aufgehübschten Laster zum Defilee auf den Rundkurs. Während in den vergangenen Jahren die nationale französische Serie parallel zur FIA European Truckracing Championship einen Lauf austrug, komplettierten bei der jüngsten Auflage auch noch die Teilnehmer an der britischen Truckrace-Meisterschaft das Programm. Randnotiz: Im Unterschied zu Briten und Franzosen schafften es die Teilnehmer an der FIA-EM auch an diesem Wochenende, trotz der anstehenden Entscheidungen in den Titelkämpfen ohne rote Flaggen bzw. Rennabbruch auszukommen.
In Le Mans firmieren bekanntlich alle Veranstaltungen unter dem Label 24-Stunden, die Rennstrecke zehrt von ihrem Nimbus als Austragungsort des wohl berühmtesten Langstreckenrennens. Doch in diesem Jahr waren auch die 24 Heures Camion nicht viel von einer 24-Stunden-Veranstaltung entfernt: Die französische Serie trug am späten Samstagabend nach dem Schaulaufen der herausgeputzen Showtrucks, das wie üblich vor voll besetzten Tribünen stattfand, noch ein Nachtrennen aus – ein spektakulärer Anblick.
Norbert Kiss auf Rekordjagd
Die Titel in der FIA-EM wurden allesamt schon bei dem vorletzten Rennen der Saison vergeben. Erwartungsgemäß sicherte sich der ungarische Seriensieger Norbert Kiss auch in diesem Jahr die Krone, es ist sein sechster Einzeltitel. In gewohnter Manier setzte sich Kiss am Samstag sowohl im Qualifying als auch im ersten Championshiprace durch und begann die Punktejagd auch am Sonntag mit einer bombastischen Rundenzeit.
Jochen Hahn gab sein Bestes, blieb aber nur der Top-Fahrer aus dem Verfolgerfeld. Nach dem dritten Lauf hatte sich Kiss den nötigen Vorsprung für den vorzeitigen Titelgewinn gesichert. Rein rechnerisch konnte damit nichts mehr schief gehen, wobei am Erfolg des alten und neuen Champions ohnehin kein Zweifel bestand. Der erneute Triumph hielt den Ungarn aber nicht davon ab, auch im letzten Championshiprace des Wochenendes im Angriffsmodus um den Kurs zu brettern, er schloss seinen Auftritt in Le Mans mit einem vierten Platz ab. Wobei Kiss der eigentliche Titelgewinn inzwischen vermutlich weniger stark antreibt als das Bestreben, möglichst viele neue Rekordmarken zu setzen.
Alle Qualifyings zu dominieren, ist ihm ja schon im vergangenen Jahr geglückt. Bleibt nur noch, möglichst viele Rennsiege in einer Saison zu schaffen. 17 Top-Podestplätze – davon 11 in Serie zum Saisonbeginn – stehen bisher in der EM 2024 auf seinem Konto und wenn nichts Ungewöhnliches passiert, dürfte er seine Erfolgsbilanz beim Finale am kommenden Wochenende in Jarama noch einmal aufstocken.
Rodrigues gewinnt die Young Star Trophy
In den Rennen zwei und vier kamen Jose Eduardo Rodrigues beziehungsweise Lukas Hahn als glückliche Gewinner ins Ziel. Rodrigues sicherte sich mit seinem Erfolg in Le Mans zwei weitere FIA-Titel: Er gewann die Chrome Class und wurde zudem Sieger in der European Young Star Trophy.
Strahlende Gesichter gab es auch bei den Teams Schwabentruck und Don’t Touch Racing. Steffi Halm stand am Samstag und Sonntag nach den Rennen 2 und 4 auf dem Podium, sie war Dritte bzw. Zweite geworden. André Kursim durfte aus Le Mans einen Pokal für seinen hart erkämpften zweiten Platz im Rennen am späten Samstagnachmittag mit nach Hause nehmen. Im ersten Sonntagsrennen, in dem Norbert Kiss seinen Titelgewinn perfekt machte (und standesgemäß mit der schnellsten Rennrunde notiert wurde), gab es zudem einen kuriosen Zieleinlauf: Auf den Plätzen 1 bis 9 kamen die Piloten exakt in der Reihenfolge der Gesamtwertung ins Ziel.
Keine Überraschungen zu erwarten
Im vergangenen Jahr gab es beim Finale in Spanien immerhin noch einige Fragezeichen aufgrund des dicht beisammen liegenden Verfolgerfelds. Sascha Lenz (er stand in Le Mans zwei Mal auf dem Podium) hat bei 58 Punkten Rückstand de facto keine Chance mehr, an Jochen Hahn (zweimal Zweiter in den Rennen 1 und 3) vorbeizuziehen. Mit 23 Zählern Vorsprung auf Antonio Albacete hat Lenz andererseits ein gutes Polster, um sich auf dem Bronzeplatz zu behaupten. Den Spanier wiederum trennen 29 Punkte von Verfolgerin Halm – auf seiner Heimstrecke sollte das ausreichen, um die Reihenfolge beizubehalten.
Deutlich knapper sieht es auf den Plätzen 6 und 7 aus – Chrome Class-Gewinner José Eduardo Rodrigues hängt praktisch am Heck von André Kursim, die beiden Konkurrenten trennen gerade einmal zwei Punkte. Routine oder zusätzliches Selbstvertrauen nach dem Titelgewinn in der neu geschaffenen Chrome Class – man wird sehen, was am kommenden Wochenende den Kampf um den sechsten Rang entscheidet.