Was ist stärker? Das schlechte Gewissen oder das innere Kind? Doch da ist es auch schon passiert. Der rechte Daumen huscht übers Multifunktionslenkrad und drückt ein paar Mal auf die Auspuff-Taste. Je nachdem, wie oft, geht die Klappe von leise über normal und Sport bis zu Baja. Dann brüllt der Biturbo-V6 des Ranger Raptor ganz frei, wie Ford ihn schuf. Welche Einstellung diesmal anliegt, dürfen die anderen Verkehrsteilnehmer im Tunnel evaluieren.
Doch auch die anderen Einstellungen verpassen dem Raubsaurier seinen ganz eigenen Charakter. So lassen sich auch Fahrwerk und Lenkung anpassen – normal Komfort, Sport, Offroad. Letztere Kompetenzen hat er schon ausreichend bewiesen. Nun ist die Straße an der Reihe. Hierbei ist es wirklich beeindruckend, wie sich das hochbockige Ungetüm auf All-Terrain-Reifen anschärfen lässt. In Sportstellung kann der Fahrer förmlich spüren, wie sich das Fahrwerk gegen die Kurve stemmt und den Pick-up in Schach hält. Damit ist der Raptor wirklich sportlich unterwegs. Der Fahrer eines tiefergelegten BMW hinter uns kann auf der kurvigen oberbayrischen Landstraße nur mit Mühe Schritt halten. Beeindruckend. Der druckvolle V6-Turbobenziner mit knapp 300 PS tut sein übriges, um auch auf den Geraden keine Langeweile aufkommen zu lassen. Und beinahe mag nun auch die Zehngangautomatik zum Fahrzeug passen. Beinahe. Ein paar Schaltpausen weniger wären auch nicht schlecht. Aber: 300 Pferde, zumal benzingenährt, haben Durst. Viel Durst.
Durstiger Raptor
Im Testschnitt schießen 15,56 Liter auf 100 Kilometer durch die Einspritzdüsen. Sehr gezügelt haben wir ihn im Test auch auf 12,9 Liter gebracht. Wer aber die Pferde auf der Autobahn laufen lässt, schafft auch 20 Liter. Vernünftig ist er also nicht. Dafür wie schon angesprochen sehr ausgeklügelt und ein runderes Paket als der Vorgänger, zumal der Sound nun nicht mehr künstlich erzeugt werden muss. Ein Vierzylinder-Diesel ist halt einfach kein Sportmotor. Trotzdem: Warum nimmt Ford nicht einfach den großen V6-Diesel? Nun, bei einem Sportwagen wie dem Raptor stehe die Gewichtsverteilung im Fokus. Da wäre der Sechsender-Diesel zu schwer. Ein Vierzylinder ist zu schwach. Also muss der Benziner ran. Doch wie ist es um den Nutzwert bestellt? Die Zuladung fällt mit rund 660 Kilogramm für einen Pick-up übersichtlich aus. Er ist kein Lastentier. Wer aber sehr schnell durch übles Gelände gelangen will und nur sein Outdoor-Equipment mitnimmt, kommt klar. Man muss dem Raptor also ganz nüchtern attestieren: Niemand braucht ihn so wirklich dringend. Aber: leider geil.
Deutlich vernünftiger geht es dagegen im kaum günstigeren Ranger Wildtrak zu. Kräftemäßig müssen wir dabei nicht viel Abstriche machen. Im Testwagen tut ebenfalls ein Dreiliter-V6 Dienst. Allerdings verbrennt dieser Diesel und leistet nur 240 PS. Damit beschleunigt er dennoch flott – weniger als neun Sekunden für den Standardsprint und sogar 10 km/h mehr Spitzentempo als der Raptor. Dafür bietet er deutlich weniger Einstellmöglichkeiten. Und das Fahrwerk, ganz Standard, hat deutlich mehr Mühe mit dem Trumm, was sich schnell auch in gemütlich durchfahrenen Kurven zeigt. Hier beginnen die Gummis recht schnell zu heulen, obwohl hier nicht einmal ruppige AT-Reifen aufgezogen sind, zudem mit an sich "sportlicherem" etwas niedrigerem Querschnitt.
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