Gerade in der Nutzfahrzeugwelt wird oft um Grundsätzliches gekämpft: Diesel oder Benziner, AGR oder SCR, Batterie oder Wasserstoff, Depotlader oder Gelegenheitslader. Etwas aus dem Fokus ist hier allerdings der Elektromotor geraten, obwohl er einer der wesentlichen Bausteine des modernen E-Busses ist. Oft wird er stiefmütterlich behandelt nach dem Motto: "Der muss eben auch drin sein." Dabei tut sich gerade in diesem Sektor viel in der Branche, nachdem sich ZF zumindest in Europa als Champion der Asynchrontechnologie bei der E-Achse wie auch ganz neu bei Zentralmotoren aufgestellt hat.
Seit vielen Jahren jedoch ist auch der Siemens-Konzern schon aus seiner Verbundenheit zu Industrie- und Bahnmotoren sehr stark im Bereich der Zentralmotoren vertreten – auch wenn man nicht so laut posaunte wie der Wettbewerb. Und man setzt hier konsequent auf die magnetbasierte und hocheffiziente Permanentsynchron-Technologie (PEM/PSM), wie Eugen Holl, Entwicklungsleiter bei Siemens, erklärt. "Gerade bei Nutzfahrzeugen sehen wir ganz klare Vorteile gegenüber anderen Technologien, und daher verfolgen wir diese seit 2007 mit dem ersten eigens für Busse entwickelten Elfa-2-Motor auch sehr konsequent." Vorher wurden eher vom Industriemotor abgeleitete Aggregate verbaut, so etwa eine elektrische Achse (!) für den futuristischen, aber letztlich glücklosen Midibus Mercedes Cito.
Neue Zeiten bei Siemens Commercial Vehicles
Zusammen mit dem Designpreis-gekrönten Elfa-3-Umrichter, der schon 2018 auf den Markt kam, sollen jetzt mit der neuen Nextgen-Zentralmotorgeneration endgültig neue Zeiten bei Siemens Commercial Vehicles anbrechen – und zwar hocheffizient, automotiv zertifiziert und vollmodular. Über die gesamte Zentralmotorpalette von 160 bis 330 kW Spitzenleistung, die aber noch nicht vollständig enthüllt wird, sprechen die Konstrukteure von rund 30 Prozent höherer Drehmoment- und sogar 60 Prozent höherer Leistungsdichte, und das bei erhöhter Energieeffizienz und besserem Geräusch- und Vibrationsverhalten. Die Kosten sollen zudem um 20 Prozent sinken. Warum aber zuerst wieder ein Zentralmotor? Holl erklärt dies so: "Ein Zentralmotor hat natürlich deutliche Vorteile in Sachen Robustheit und Geräuschentwicklung." Allein die Tatsache, dass es keine großen ungefederten Massen an den Rädern gibt, ist von Vorteil. Subjektiv kann man die Motoren auch als etwas leiser empfinden, da sie leichter gekapselt werden können unter dem Fahrzeugboden.

Die neue Motorbaureihe ist jetzt aus Aluminium gefertigt, was einen Gewichtsvorteil von rund zehn Prozent ausmacht. Konkret sind es beim stadtbusrelevanten, neuen 1-CS2016-Motor mit einer Spitzenleistung von 230 kW 270 Kilogramm bei einem maximalen Drehmoment von 3.000 Nm. Der schon bei Solaris verbaute ZF-Cetrax-Motor (300 kW/4.500 Nm) dagegen bringt 295 Kilogramm auf die Waage, da er auch 20 Zentimeter länger baut. Auf ein Getriebe verzichtet Siemens wie auch ZF bisher, und das gilt laut Holl so auch bis zu 26 Tonnen, würde also leichte Reisebusse oder Doppelgelenk-Stadtbusse einschließen. "Die minimalen Wirkungsgradvorteile, die Sie in bestimmten Arbeitspunkten mit einem Schaltgetriebe gewinnen könnten, verlieren Sie wieder über den gesamten Zyklus durch die zusätzlichen drehenden Teile und Lager", erklärt Holl. Zudem verfügt der PEM-Motor konzeptbedingt über ein viel niedrigeres Drehzahlniveau als eher hochdrehende ASM-Motoren – der ZF Cetrax gönnt sich bis zu 8.500/min. Insgesamt rechnen die Siemens-Strategen bei einem 200-kW-Zentralmotor mit einer Einsparung von rund 4.500 kWh pro Jahr oder einer Reichweitenverlängerung von rund neun Prozent.
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