Die Vorteile des Baukastens nutzen, ohne die Identität einer Marke zu gefährden. Das klingt nach einer Gratwanderung. Die Verantwortlichen des Nutzfahrzeugherstellers Traton sind auf dieser Wanderung aber sehr trittfest und halten die möglichen Gefahren für beherrschbar. Denn bei allen Bestrebungen, den Traton-Baukasten auf alle Fahrzeugmarken des Konzerns auszuweiten – also Scania, MAN, Navistar und Volkswagen Truck & Bus– gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Das oberste Credo: Jede Konzernmarke muss einzigartig bleiben und ihren Markenkern behalten.

„Ein MAN-Kunde soll merken, dass er oder sie einen MAN fährt. Er schätzt die besondere Performance des Fahrzeugs, die er auch durch die spezifischen Komponenten erhält“, erläutert Catharina Modahl Nilsson, Mitglied des Traton-Vorstands und verantwortlich für das Produktmanagement innerhalb der Traton Group. Das gelte ebenso für einen Scania- oder einen Navistar-Kunden. „An diesem Charakter einer Marke arbeiten wir sehr hart“, betont sie im Gespräch mit trans aktuell. Trotzdem solle der Kunde – wie auch Traton selbst – davon profitieren, dass im Hintergrund ein Traton-Modularsystem zum Einsatz kommt.
Fuhrparkchef profitiert von niedrigeren Verbräuchen
Denn das modulare System – also ein Baukasten aus Gleichteilen – bringt Fahrern wie Fuhrparkchefs gleichermaßen Vorteile. Der Fahrer profitiert von einem leistungsstarken Antriebsstrang, der Fuhrparkchef von niedrigeren Verbräuchen. Modahl Nilsson macht das am Beispiel des neuen Diesel-Antriebsstranges fest, der sich bei Scania bereits bewährt hat, vor einem Jahr bei Navistar seine Premiere feierte und 2024 bei MAN Einzug halten soll. Im Anschluss folgt Südamerika, wobei das MAN-Motorenwerk in Nürnberg hier als Lieferant fungieren wird. Herzstück ist der neue Sechszylinderreihenmotor. Bei Scania firmiert er unter dem Namen Super.
Der Name ist Programm, denn die Effekte für den Unternehmer sind laut Traton immens. Beispiel Scania: Der Fahrzeugbauer spricht vom kraftstoffeffizientesten Motor, der jemals zum Einsatz kam und stellt Flottenbetreibern in Kombination mit dem neuen Getriebe Scania Opticruise G25 und G33 eine Verbrauchsersparnis von acht Prozent in Aussicht. Bei der US-Tochter Navistar setzt Traton noch eins drauf: In der schweren LT-Baureihe sind demnach sogar bis zu 15 Prozent Spritersparnis drin, wenn Unternehmer überdies noch ein aktuelles Aerodynamik-Paket ordern. „Das ist ein Riesenschritt“, bilanziert Traton-Vorstandsmitglied Modahl Nilsson. Ein Fahrzeugbauer plane üblicherweise mit einer Verbrauchsverbesserung von einem halben Prozent pro Jahr. Dagegen seien die 15 Prozent auf einen Schlag „ein fantastischer Wert“, der auch die Kunden auf den vielen vorangegangenen Testfahrten überzeugt hätte.
Der Motor ist eine große und schwere Komponente im Konzernbaukasten. Beim Einbau von Achsen kooperieren die Konzernmarken schon deutlich länger. Darüber hinaus gibt es viele weitere Komponenten, die einheitlich in den Marken ausfallen – beispielsweise die ab Werk verbauten Reifen. „Mehr Plug and Play ist bei uns die Zukunft“, sagt Managerin Modahl Nilsson – natürlich immer bei Beachtung der skizzierten Grenzen, die die Einzigartigkeit der Marken schützen. Sei der Integrationsaufwand einmal geleistet, gelinge später auch der Einbau eines batterieelektrischen Antriebsstrangs in alle Fahrzeugmarken.
Wie hoch die Einsparungen durch den Konzernbaukasten für Traton selbst ausfallen? Das lässt sich laut Modahl Nilsson nicht so einfach beziffern. Das modulare Konzept beginne schon bei einer gemeinsamen Forschung und Entwicklung, und hier seien erhebliche Einsparungen von 25 bis 30 Prozent zu erzielen. Die so gewonnenen Ressourcen setze Traton ein, um sich beim Thema CO2-neutrale Antriebe oder Euro 7 noch besser aufzustellen. Denn für die Chef-Produktmanagerin bei Traton steht fest, dass ihr Unternehmen beides benötigt – sowohl Null-Emission-Lkw als auch effizientere Dieselmotoren der Schadstoffnorm Euro 7. „Je nach Weltmarkt ist die Situation unterschiedlich“, erläutert sie. „In Europa müssen wir in jedem Fall beides anbieten – sowohl 100 Prozent elektrisch als auch Euro 7.“ Wenn nämlich die Euro 7-Norm zum 1. Juli 2027 greife, werde es noch nicht möglich sein, überall rein elektrisch zu fahren.
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