Neue Player auf dem Elektrobusmarkt haben es erfahrungsgemäß nicht leicht. Es reicht einfach nicht, nur mit einem neuen Produkt auf der Elektrowelle zu surfen. Damit allein lässt sich keine Kundschaft einsammeln. Zuletzt mussten das die beiden Unternehmen Sileo und Linkker schmerzvoll erfahren. Andere Newcomer wie Arrival, Quantron und Deltabus stehen derzeit erst in den Startlöchern und scharren mit den drehmomentstarken Antriebsrädern – sofern man schon der Prototypphase entwachsen ist. Wohl dem, der mit einer starken Marke und großer Serienreife punkten kann – so wie Škoda Transportation, das zwar unternehmerisch völlig außerhalb des VW-Konzerns aufgehängt ist, aber sogar das bekannte "Geflügelter Pfeil"-Logo mit den Pkw der Marke teilt, wenn auch in elektrisiertem Blau statt des allseits bekannten Škoda Green. Mit dem eigenen Elektrobus und Avenue Electron tat sich Temsa Deutschland bisher sehr schwer – auch mangels geeigneter Verkaufsmannschaft. Mit Škoda Transportation starten die Newcomer jetzt aber Hand in Hand durch.
Die Marktbedingungen für einen neuen Player sind durchaus gut. Während der Reisebusmarkt durch die Coronapandemie hart getroffen wurde, ist der Stadtbusmarkt weitgehend stabil geblieben und wandelt sich sehr schnell in Richtung Emissionsfreiheit. Von den 14.990 im Jahr 2021 zugelassenen Stadtbussen (EU, UK, Island, NO, CH; 2020: 14.842 Stück) waren bereits 59,4 Prozent mit alternativen Antrieben ausgerüstet. Dabei stieg der Anteil der Batteriebusse stark von 14,8 auf 21,7 Prozent oder 3.259 Einheiten. Der der Hybridbusse – die meist sogenannte Mildhybride von MAN und Mercedes-Benz sind – legte nur von 19,7 auf 21,8 Prozent oder 3.270 Busse zu. Der Anteil der Erdgasbusse (überwiegend CNG, einige wenige von Scania und Irizar mit LNG) sank derweil deutlich von 17,7 auf 14,8 Prozent oder 2.224 Einheiten. Ein Trend, der sich durch den Ausstieg von Mercedes-Benz aus der NGT-Technologie noch verstärken dürfte in Europa.

Auch in Sachen Wasserstoff sieht es derzeit noch recht überschaubar aus, wenn auch der Anteil erstmals über die Einprozenthürde sprang (1,1 Prozent nach 0,3 Prozent 2020). Von 2012 bis 2021 wurden in Europa (inklusive Polen, ab 2020 inklusive UK, Island, NO, CH) 259 Wasserstoffbusse zugelassen, allein 158 im letzten Jahr, eine glatte Verdreifachung zu 2020. Die größten Lieferanten waren in diesem Zeitraum der belgische Hersteller Van Hool mit 96 Bussen, Wrightbus aus England mit 71, Solaris mit 38 und der portugiesische Busbauer Caetano mit 24 Bussen.
Im Gesamtmarkt der 3.882 rein elektrischen in der EU (inklusive UK, Island, NO, CH; ohne Trolleybusse) zugelassenen Stadtbusse im Jahr 2021 lag Solaris mit 390 Bussen oder 11,9 Prozent Marktanteil vorn – wie auch in der gesamten Dekade von 2012 bis 2021 (1.132 oder 13,3 Prozent von insgesamt 8.513 Bussen). Das trifft freilich nur zu, wenn man eine Busperspektive einnimmt und die Zulassungszahlen von BYD mit deren eigenen Produkten aus China, Frankreich und Ungarn sowie die schottischen ADL-Busse mit BYD-Fahrwerk beziehungsweise Traktions- und Batterietechnik getrennt erfasst. Auf BYD-Basis verkaufte ADL im Jahr 2021 in Europa stolze 375 Elektrobusse (11,4 Prozent) und liegt auf Platz zwei, BYD allein jedoch nur 257 Einheiten. Das sind 7,8 Prozent und reicht nur für Platz sechs nach Solaris, ADL/BYD, Mercedes-Benz (10,1 Prozent), Yutong (9,2 Prozent) und Iveco (8,3 Prozent). In der Dekade 2012 bis 2021 lag BYD allein jedoch mit 1.088 Bussen (12,8 Prozent) noch direkt hinter Solaris und vor VDL (969 Busse oder 11,4 Prozent) und ADL/BYD (803 Busse oder 9,4 Prozent). ADL konnte sich also deutlich von seinem chinesischen Lieferanten "freischwimmen".
38 Tonnen Gesamtgewicht: ein Rekord in der Buswelt
Škoda Transportation trat bisher als eigenständiger Busbauer nicht wirklich in Erscheinung, lieferte man doch vor allem die elektrische Traktionsausrüstung, nicht aber komplette Fahrgestelle. So ist es auch bei den 20 Solaris-Doppelgelenkbussen des Typs Urbino 24 in der Trolleyversion für das Prager Verkehrsunternehmen DPP, die in den nächsten beiden Jahren ausgeliefert werden sollen. Die gewaltigen, 24,7 Meter langen, fünftürigen Busse sind mit zwei Zentralmotoren zu je 160 kW an der zweiten und dritten Achse ausgerüstet und fassen bis zu 179 Fahrgäste, davon 54 sitzend. Die vierte Achse ist zudem gelenkt, um den BO-Kraftkreis zu erfüllen. Beeindruckend auch das zulässige Gesamtgewicht von 38 Tonnen: ein Rekord in der Buswelt. Noch handelt es sich zwar nicht um einen modernen "Super-Trolley", wie ihn Solaris nennt, der weitgehend auf Elektrobustechnik aufbaut und so auf die aufwendige doppelte Isolierung verzichten kann. Aber durch die Pufferbatterie von 60 kWh sind wenigstens "drahtlose" Fahranteile von bis zu elf Kilometern möglich.

Einen Schritt weiter geht der Škoda E’City in der zwölf Meter langen Standardausführung, der weitgehend auf dem Schwestermodell Temsa Avenue Electron basiert. Statt aber nur klassisches Badge-Engineering zu betreiben, haben die Pilsener Elektroexperten einen Elektrobus mit Trolley-Eigenschaften gebaut, der jederzeit an der Oberleitungsinfrastruktur in Prag (der ehemalige Ostblock hat eine lange O-Bus-Historie) oder über Nacht seine 266 kWh große NMC-Batterie laden kann. "Dies ist die erste Lieferung von Elektrobussen, die wir in Zusammenarbeit mit unserer Schwesterfirma Temsa, die in diesem Fall unser Unterauftragnehmer war, realisieren. Wir haben spezifische Modifikationen für die bestehende Lösung entwickelt, die unsere Schwesterfirma für ihre eigenen Fahrzeuge verwendet, auf Basis der Erfahrungen aus früheren gemeinsamen Projekten", so Škoda Transportation. Die Karosserie samt KTL-Grundierung sei in der Türkei gefertigt worden. "Dazu kam das Beste aus unserer Produktion. Die komplette elektrische Ausrüstung einschließlich Batterien und Stromabnehmer, die gesamte Montage und die komplette Prüfung des Wagens wurden in unserem Werk in Pilsen durchgeführt. Dank dieser Zusammenarbeit ist ein ideales Transportmittel für den öffentlichen Verkehr entstanden", erläutert Zdenek Majer, Senior Vice President Vertrieb für Škoda Transportation.
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