V6 ist Pflicht, V8 ist die Kür. So ähnlich hat es Michael Schittler der Redaktion vor 20 Jahren erklärt. Der ausgewiesene Motorenspezialist und Vater der damals neuen Generation OM 500 schwor auf Motoren in V-Form und hatte eine Menge Pro-Argumente in petto. Das Wichtigste: die kompakten Abmessungen in Höhe und Länge, was speziell für Mercedes wichtig war, weil die Motoren auch unter jene kurzen Fahrerhäuser mit niedrigem Einstieg passen sollten, mit denen der Hersteller immer noch äußerst erfolgreich im schweren Verteiler- und Baustellenverkehr unterwegs ist. Dass die Nutzfahrzeugwelt rund um den Globus überwiegend und längst auf Reihensechszylinder setzt, ficht Schittler nicht an.
Der OM 501 LA gilt fortan als Standardmotor der Schweren
Maximal 428 PS (315 kW) leistet der OM 501 LA genannte und zwölf Liter große V6 im ersten Actros anno 1996 und gilt fortan als Standardmotor der schweren Generation. Der um zwei Zylinder verlängerte und damit um insgesamt vier Liter Hubraum vergrößerte V8 (OM 502 LA) zielt auf spezielle Einsätze wie Schwertransport und eben jene Kunden, die es gern etwas extravaganter haben – also Kür statt Pflicht. Auf große Stückzahlen kommt der V8 freilich nicht. Am gesamten Actros-Absatz machte er damals drei, allenfalls vier Prozent der Stückzahlen aus.
In drei Leistungsstufen von 476 bis 571 PS (350 bis 420 kW) liefert Mercedes den V8. Die mittlere Variante mit 530 PS respektive 390 kW schickten die Stuttgarter damals zum lastauto omnibus-Test. Sie lief mit 33,4 l/100 km auf der alten Teststrecke sehr sparsam und distanzierte ein halbes Jahr später bei einem Vergleichstest ihre Konkurrenten deutlich beim Verbrauch. Der knapp 16 Liter große V8 blieb bis zur Einführung von Euro 6 im Programm und trat dann ab. Damit beendete Mercedes die Zeit der V-Motoren, die Ende der 60er-Jahre mit den V-Motoren der Baureihe 400 begonnen hatte.
192, 256 und 320 PS leisteten die Sechs-, Acht- und Zehnzylinder mit rund 1,8 Liter Hubraum pro Zylinder. Frei saugend und mit hohen Drehzahlen selbstverständlich, weil die Mercedes-Motorenentwickler in jener Zeit vom Turbo nichts wissen wollten. Mit dem OM 500 im Actros wuchs der Hubraum auf zwei Liter pro Zylinder, basierend auf 130 Millimeter Bohrung und 150 Millimeter Hub. Euro 2 hieß damals die Abgasvorschrift, die der V8 mit Hilfe von Achtlochdüsen, elektronisch gesteuerten Einzelsteckpumpen und bis zu 1.800 bar Einspritzdruck erreichte. Der Volllastverbrauch sank auf 190 g/kWh und blieb in einem weiten Bereich (von 1.000 bis 1.700/min) unter 200 g/kWh.
In Kombination mit einer langen Gesamtübersetzung von 2,57, was nur 1.100/min bei Tempo 80 entspricht, ergab dies den schon angesprochenen guten Verbrauch, der nur rund einen Liter über den damals üblichen 40-Tonnern mit 400 PS aus zwölf Liter Hubraum rangierte.
2.400 Nm bei 1.080/min garantierten trotz langer Gesamtübersetzung zudem gewaltige Fahrleistungen, was damals im Test zu folgendem Fazit führte: In seiner Leistungsklasse mischt der 1853 ganz vorne mit und gibt sich bei Verbrauch und Fahrleistung weder vom ausgemachten Kraftwerk Volvo FH 16 noch vom "King of the road" Scania R 144 LA530 geschlagen. Seinen direkten Vorgänger 1853 SK disqualifiziert der Neue deutlich: drei Liter weniger Verbrauch und eine halbe Leistungsklasse schneller. Auch heute fühlt sich ein solcher Actros immer noch ganz kräftig an – zumal die kurzen Zündabstände auch bei niedriger Drehzahl schnelles Arbeiten suggerieren.
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