Konzept der IAA Transportation 2022

Konzept der IAA Transportation
Verkehrsübergreifend vernetzt

VDA-Geschäftsführer Jürgen Mindel über das neue Konzept der IAA Transportation – die gesamte Supply Chain im Blick.

Impression der IAA Nutzfahrzeuge 2018
Foto: VDA
Herr Mindel, der VDA hat das Messekonzept für 2022 komplett überarbeitet – welches sind die besonderen Merkmale?

Es handelt sich um einen bewussten Schritt, den wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern entwickelt haben. In einem monatelangen Prozess haben wir das bisherige Konzept angeschaut und überlegt, wo wir uns verbessern und verändern können und auch müssen. Ziel war es die Messe für die Industrie, aber auch für neue und internationale Zielgruppen attraktiver zu machen und den klimaneutralen Weg in den Transport und die Logistik der Zukunft aufzuzeigen. Dem trägt auch der neue Name IAA Transportation Rechnung.

Was meinen Sie damit?

Unser Veranstaltungsmotto macht es ganz deutlich: People and Goods on the Move – Es geht nicht mehr nur um das Nutzfahrzeug allein – sondern auch um den Transport beziehungsweise die Logistik auf dem Weg zur Klimaneutralität. Und dabei adressieren wir den ganzen Bereich der notwendigen Infrastruktur. Dabei macht es einen Unterschied, ob ich innerstädtisch oder über Land unterwegs bin. Zusätzlich nehmen wir Busse noch stärker in den Fokus. Mit dem neuen Konzept präsentieren wir vom 20. bis 25. September in Hannover die fortschrittlichste verkehrsübergreifende Plattform weltweit. Dazu gehört, dass wir die gesellschaftliche Debatte auf die IAA Transportation holen – und von dort den Dialog auch in die Gesellschaft wieder hineintragen.

Wie wollen Sie hier ansetzen?

Jeder ist es gewohnt, dass er in den Supermarkt gehen und dort Produkte aus dem Regal nehmen kann. Dabei wird oft übersehen, was logistisch alles im Hintergrund läuft. Hinzu kommt die, meines Erachtens zu wenig wertgeschätzte Arbeit des Lkw-Fahrers, der früher noch einen ganz anderen Stellenwert und eine andere Anerkennung hatte. An dieser Stelle muss wieder ein Umdenken stattfinden. Heutzutage geht es in der öffentlichen Diskussion meist nur darum, dass die Lkw die Autobahnen verstopfen. Welche Arbeit für jeden einzelnen von uns damit geleistet wird, wird dabei leider zu oft übersehen.

Spielt an dieser Stelle auch die Digitalisierung eine Rolle?

Klimaneutraler Verkehr und Digitalisierung sind auf jeden Fall ein Schwerpunkt der neuen IAA Transportation. Wir reden beispielsweise von vernetzten Lösungen, mit denen Fahrzeuge künftig kommunizieren. Es geht aber auch um die Frage, woher der Strom kommt, mit dem zumindest ein Teil der Fahrzeuge unterwegs sein wird. Dabei darf man allerdings nicht außer Acht lassen, dass eine solche Weiterentwicklung nicht im Gleichschritt geschieht.

Mit Blick auf die Technik oder die Kunden?

Beides. Beim hochautomatisierten Fahren etwa werden wir erste Erfolge auf der Autobahn sehen. Bis wann die Technik im komplexen Stadtverkehr anwendbar ist, ist ein anderes Thema. Im Pkw ist der Weg zur Klimaneutralität – auch aufgrund regulatorischer Vorgaben der Politik – vorgezeichnet. Dort nimmt die Elektromobilität entsprechend Fahrt auf. Vor einer ähnlichen Herausforderung stehen wir übrigens auch im Hinblick auf die Antriebe im Nutzfahrzeugsegment.

Und bei den Nutzfahrzeugen?

Hier werden wir ein breiteres Spektrum haben als beim Pkw. Wichtig ist, dass parallel zum Hochlauf der Produkte auch die notwendige Ladeinfrastruktur aufgebaut wird.

Wohin geht die Reise?

Stand heute lässt sich beim Nutzfahrzeug nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Technik sich durchsetzen wird. In Sachen Wasserstoffantrieb gibt es schließlich ebenfalls erfreuliche Nachrichten aus Deutschland. Aber hier gilt es, die deutsche beziehungsweise europäische Brille abzulegen. In anderen Teilen der Welt werden wir auf absehbare Zeit nicht nur E-Lkw und E-Busse auf den Straßen sehen.

Impliziert der Name Transportation, also Transport, nicht mehr als den Verkehrsträger Straße?

Auf jeden Fall. Das ist deshalb auch Teil des neuen Konzepts. So öffnen wir in Hannover die Tür erstmals für den kombinierten Verkehr inklusive Anbieter aus dem Bereich Schiene – vom Fahrzeughersteller und deren Zulieferer bis hin zu den Logistikdienstleistern in diesem Segment.

Ist das nicht ein Affront gegenüber den VDA-Mitgliedern?

Keineswegs. Darum haben wir das neue Konzept gemeinsam mit unseren Mitgliedern erarbeitet und diskutiert. Und Sie dürfen nicht vergessen, dass unsere Unternehmen zugleich auch alle große Bahnkunden sind. Und mit Blick auf die vollen Straßen ist klar, dass dort die Kapazitäten begrenzt und in Teilen auch bereits am Limit sind. Es gilt folglich, gemeinsame Wege für den Transport der Waren zu finden. Ich denke da etwa an entsprechende Standards, damit die Sendungen leichter den Verkehrsträger wechseln können.

Nun bietet der Transport, vor allem auf der letzten Meile, noch mehr Möglichkeiten …

Ob Drohne oder Zustellroboter – wir verschließend uns nicht und geben auch Start-ups die Möglichkeit, ihre Ideen zu präsentieren. Klar ist: Eine IAA Transportation ohne die gesamte Logistikkette zu denken, wäre grundlegend falsch. Sicherlich werden wir 2022 noch nicht alles umgesetzt haben, was bereits angedacht ist. Aber der entscheidende Anfang ist gemacht.

Apropos Anfang – wie sieht es Stand heute mit der Resonanz für die Messe aus?

Tatsächlich haben wir seitens der potenziellen Aussteller bereits im ersten Monat einen großen Zuspruch erfahren. So viel wie das letzte Mal erst nach zwei Monaten. Dennoch gehen wir konservativ an die Planung heran. Aufgrund der Herausforderungen durch Corona kann man bei einer Veranstaltung nur auf Sicht fahren. Eine Tendenz, und das haben wir in München auch erleben dürfen: Die Unternehmen haben ein großes Interesse sich wieder austauschen zu können.

Wäre ein digitales Event eine Option?

Unser Fokus liegt auf einer Präsenzveranstaltung, die wir mit digitalen Elementen erweitern. Der Mehrwert eines solchen Events liegt im persönlichen Austausch. Wir haben aktuell keinen Zweifel, dass wir eine erfolgreiche IAA Transportation erleben werden, Mit der Erwartungshaltung sind wir auch an die IAA Mobility in München gegangen – und das Ergebnis hat gezeigt, dass es lohnt Mut zu haben.

Ist das mit Blick auf Corona nicht ein Risiko?

Wir haben mit der IAA Mobility vergangenen September in München gezeigt, dass wir in der Lage sind ein großes internationales Event in dynamischen Zeiten erfolgreich zu veranstalten. Wir sind, auch dank unserer Erfahrung aus München, mehr als optimistisch, dass die IAA Transportation 2022 ein Erlebnis für Besucher und Aussteller wird.

Was erwartet die Messebesucher?

Sowohl das Erleben als auch das Demonstrieren von Lösungen ist den Ausstellern besonders wichtig. Da gehen digital und real direkt ineinander über. Wir wollen natürlich einerseits Faszination an der Technik wecken. Andererseits bauen wir Brücken zu anderen Verkehrsteilnehmern. Die können dann beispielsweise die Perspektive des Lkw-Fahrers einnehmen. Das schafft Verständnis, etwa mit Blick auf den toten Winkel. Weckt aber auch Emotionen, weil in einem modernen Nutzfahrzeug unglaublich viel Technologie steckt.

Wobei die Chipkrise alles einbremst …

Das ist richtig. Wir werden 2022 noch keinen großen Aufschwung erleben. Das kommende Jahr wird jedenfalls kein einfaches werden.

Sind chinesische Hersteller da im Vorteil?

Nein, diese Herausforderung besteht ja weltweit. Chips sind für alle nur in stark eingeschränktem Maße verfügbar. Daher muss es eine europäische Diskussion geben, ob wir nicht auch eine Halbleiterproduktion auf unserem Kontinent brauchen. Aktuell fahren wir jedenfalls alle auf Sicht.

Steht eine Transformation der Branche an?

Die Transformation der Branche ist ja bereits in vollem Gange. Die deutsche Automobilindustrie ist in vielen Bereichen weltweit führend, und aus dieser Position heraus werden wir die Transformation weiterhin engagiert vorantreiben – hin zu neuen Antrieben, hin zu mehr Digitalisierung. Als Automobilindustrie bekennen wir uns ausdrücklich zu den Klimaschutzzielen von Paris und zum Ziel der Klimaneutralität in 2050. Unsere Industrie war, ist und wird auch in Zukunft der entscheidende Treiber dieser Transformation der Mobilität sein.

Zur Person

VDA-Geschäftsführer Jürgen Mindel
VDA/Dominik Butzmann
VDA-Geschäftsführer Jürgen Mindel
  • Jürgen Mindel ist seit 2007 im Verband der Automobilindustrie (VDA) tätig
  • Seit dem 1. Oktober 2020 ist der 47-jährige VDA-Geschäftsführer
  • Er leitet seitdem den neuen Geschäftsbereich Kommunikation & IAA
  • Ab 2022 ist Mindel zusätzlich für die wirtschaftlichen Themen des Verbandes und die Finanzen zuständig
  • Bevor Mindel zum VDA wechselte, leitete er das Büro des ehemaligen Verkehrsministers Matthias Wissmann, als dieser noch für die CDU im Bundestag saß