Kögel rückt Kilos zu Leibe: Trailer: Leichtbau wird zum Standard

Kögel rückt Kilos zu Leibe
Trailer: Leichtbau wird zum Standard

Höhere Nutzlast bei neuer Kögel-Generation Novum: die Geschäftsführer Thomas Eschey und Josef Warmeling über CO2-Effizienz und die Suche nach Einsparpotenzialen.

Trailer: Leichtbau wird zum Standard
Foto: Kögel
eurotransport.de: Herr Eschey, Herr Warmeling, im vergangenen Jahr hat Corona vieles durcheinander gewirbelt. Wie fallen Ihre Erwartungen für das laufende Jahr aus?

Warmeling: Wir blicken positiv in die Zukunft und erwarten ein sehr gutes Jahr 2021. Wir rechnen mit einem erheblichen Nachholbedarf und gehen davon aus, mindestens wieder das Umsatz- und Produktionsniveau von 2019 zu erreichen. 2020 haben wir insgesamt 9.500 Fahrzeuge gefertigt. Der Umsatz lag bei 250 Millionen Euro. Das entspricht in etwa einem Umsatzrückgang von 25 Prozent und einer Bewegung mit dem Markt. Wir sind froh, dass wir im letzten Quartal 2020 einen sehr guten Auftragseingang hatten, sodass wir das Jahr mit einem guten und ausgeglichenen Ergebnis abschließen. Auch der Januar hat sehr gut begonnen bezogen auf den Auftragseingang. Die Bestellungen kommen aus West-, Zentral- und Osteuropa gleichermaßen.

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Kögel-Geschäftsführer Josef Warmeling: Wir erwarten ein sehr gutes Jahr 2021.

Eschey: Wir arbeiten bereits wieder im Zwei-Schicht-Betrieb an fünf Tagen die Woche. Aktuell fertigen wir 300 Einheiten pro Woche. Die hohe Nachfrage hat den Zwei-Schicht-Betrieb erforderlich gemacht und dient auch dazu, Kontakte wegen der Corona-Pandemie zu beschränken. Wir achten sehr stark auf das Einhalten der Corona-Regeln und haben eine Maskenpflicht. Nach der Betriebsruhe haben wir die gesamte Mannschaft getestet und fast 1.000 Tests in zwei Tagen im Werk Burtenbach sowie bei unserer tschechischen Tochter in Chocen organisiert. Zum Glück haben wir bislang keine größeren Corona Ausfälle. Es gibt nur Einzelfälle. Durch Corona erschwert ist auch die Organisation der Lieferketten. Das war zur Beginn der Pandemie eine Herausforderung, die wir aber für uns und unsere Kunden sehr gut gelöst haben.

Haben Sie Lieferketten komplett umstellen müssen?

Eschey: Wir mussten hier und da anpassen. Zum Beispiel beziehen wir Aluminium und Stahl teilweise aus Arabien, das mussten wir teilweise zurück in Richtung Deutschland und Europa holen. Auch bei anderen Bauteilen aus Asien hatten wir immer wieder Lieferengpässe und mussten das Ganze stabilisieren. Durch die Brexit-Entwicklungen ist auch ein Lieferant in Großbritannien ausgefallen, sodass wir auch dort gegensteuern mussten. Es war in der Vergangenheit verlockend, energieintensive Vorproduktion im Ausland anzusiedeln und die Komponenten von dort zu beziehen. Nun werden wir wie viele andere auch bei der gesamten Supply Chain sicherlich umdenken müssen.

Warmeling: Umso glücklicher sind wir, dass wir während der gesamten Zeit immer lieferfähig waren. Der After Market hat trotz aller Corona-Herausforderungen zuverlässig funktioniert. Das war uns sehr wichtig. Unsere Kunden brauchen gerade in diesen besonderen Zeiten immer unseren Support, national wie international.

In welchen Bereichen sehen Sie aktuell den höchsten Investitions- oder Nachholbedarf?

Warmeling: Sehr hohe Nachfrage spüren wir in den Bereichen Automotive und E-Commerce – also in den Bereichen, die den höchsten Transportbedarf auf der Straße haben. Auch bei Lebensmitteln und Pharma gibt es eine anhaltend hohe Nachfrage, was wir bei den Kofferfahrzeugen feststellen. Die Nachfrage spüren wir auch in unseren wichtigen Auslandsmärkten. Da das Geschäft immer ein lokales ist, investieren wir stark in den Service der Auslandsmärkte. Die Nähe zum Kunden ist wichtig.

In welchen Ländern investieren Sie dabei am stärksten?

Warmeling: In den nächsten Wochen werden wir eine Tochtergesellschaft in Frankreich gründen, die ihren Sitz in der Nähe von Lyon haben wird. Dort bieten wir den gleichen Service wie in Deutschland an. Soeben haben wir in Frankreich eine Rahmenvereinbarung mit Tred Union, eine führende Vereingung von Transportunternehmen vergleichbar mit Elvis in Deutschland, abgeschlossen, die unseren Absatz in Frankreich weiter beflügeln wird. In Spanien arbeiten wir mit starken Partnern zusammen, der nächste Schritt ist auch dort die Gründung einer Tochtergesellschaft. Auch in Benelux agieren wir inzwischen mit einer Tochtergesellschaft, die so leistungsfähig wie der Hauptsitz ist. In Italien sind wir schon länger mit einer eigenen Tochter tätig.

Wo sehen Sie sich in Europa, was Ihren Marktanteil angeht?

Warmeling: Deutschland, Polen und Italien sind unsere Topländer, auch in Russland waren wir immer schon stark. Sehr stark an Bedeutung gewinnen Spanien und Frankreich, wo wir unseren Vertrieb zurzeit komplett neu strukturieren. Als maßgeblicher europäischer Hersteller ist unser Anspruch, klar die Nummer drei in Europa zu sein. Dazu gehören aber nicht nur ein entsprechender Marktanteil, sondern auch der Ausbau der Produktlinien, die Optimierung unserer Produkte sowie ein starkes Aftersales-Geschäft und ein leistungsfähiges Servicenetz.

Können Sie uns dafür Beispiele geben?

Eschey: Das aktuellste Beispiel ist der Ausbau unserer Novum-Generation. Wir werden noch im ersten Quartal unser ganzes Produktportfolio auf Novum umgestellt haben. Wir haben die Nutzlast für alle Fahrzeuggenerationen weiter optimiert und die Trailer noch benutzer- und bedienerfreundlicher gemacht. Der Aufwand beim Beladen sinkt, etwa dadurch, dass es bei unseren Trailern nicht nötig ist, Einstecklatten einzusetzen. Dennoch erfüllen die Aufbauten die Anforderungen der aktuellsten Ladungssicherungsnormen für die wesentlichen Transportgüter.

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Kögel-Geschäftsführer Thomas Eschey: Wir müssen bei der gesamten Supply Chain umdenken.

Warmeling: Mit der neuen Fahrzeug-Generation wird deutlich, worauf Kögel besonderes Augenmerk legt: auf Nutzlast und Volumen, CO2-Einsparungen beziehungsweise Nachhaltigkeit sowie den Fahrer. Für den Fahrer muss das Handling der Fahrzeuge einfacher und sicherer werden. Hier haben wir mit der Novum-Generation den Nagel auf den Kopf getroffen. Unsere Orientierung auf die genannten Punkte kommt auch durch unseren neuen Slogan ideal zum Ausdruck: ‚Economy meets Ecology – because we care‘. Er macht klar: Wir wollen Verantwortung in Richtung Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz übernehmen.

Können sie konkret darstellen, wie hoch der Gewichtsvorteil durch die neue Trailer-Generation ausfällt?

Eschey: Der Kögel Light plus aus der Novum-Generation ist gegenüber einem Standard-Auflieger um 800 bis 900 Kilogramm leichter, das sehen wir als Riesenfortschritt an. Das Eigengewicht beginnt bei 4.822 Kilogramm. Dass wir weiteres Potenzial heben können, zeigt die Einbindung unserer neuen Novum-Achsengeneration, die mit weiteren Gewichtsvorteilen verbunden ist.

In welchem Umfang können die Kilos denn noch purzeln, ohne dass die Stabilität leidet?

Eschey: Wir sind noch nicht am Ende. Es wird immer anspruchsvoller, weitere Kilos abzuspecken. Aber wenn wir alle Register ziehen, erscheinen mir 4,6 Tonnen ein realistischer Wert, den wir erreichen können. Dabei bieten wir den Kunden die gleichbleibend hohe Stabilität der Fahrzeuge. Die Praxis zeigt, dass unsere Leichtbau-Fahrzeuge ebenso widerstandsfähig sind wie herkömmliche Transportlösungen. Der Light wird daher immer mehr als Standard akzeptiert. Es gibt einen Trend zum Leichtbau, ihr Anteil in den Flotten steigt.

Wie gut wird die eigene Achse eigentlich schon angenommen?

Warmeling: Die Kögel Trailer Achse KTA Novum wird gut angenommen. Es gibt keine Probleme. Wir haben in die Entwicklung aber auch viel Arbeit gesteckt, das macht sich nun bezahlt. Selbst in Russland läuft die Achse im dritten Jahr ohne Probleme. Unser Zielwert wäre ein Neuausrüstungsanteil der eigenen Achsen von etwa einem Drittel.

Eschey: Perspektivisch werden wir uns auch mit einer E-Achse im Trailer beschäftigen. Durch die CO2-Regulierung wird der Bedarf steigen, hier tätig zu werden. Noch müssen aber rechtliche Fragen geklärt werden, bevor eine Serienlösung denkbar ist. Das Ganze braucht also noch etwas Zeit.

Welche weiteren Perspektiven sehen Sie eigentlich für den verlängerten Auflieger, den Euro Trailer, um den es in letzter Zeit wieder etwas ruhiger geworden ist.

Warmeling: Schon lange weist Kögel auf die Vorteile des Euro Trailer hin. Das kommt bei den Kunden an. Clevere Ideen setzen sich durch, was wir daran erkennen, dass inzwischen auch die Wettbewerber das nun knapp 15 Meter lange Fahrzeug bauen. Wenn wir nach Tools für mehr Effizienz im Trailer suchen und über intelligente Telematik, Aerodynamik oder anderes sprechen, sollten wir nicht übersehen, dass es eine Maßnahme gibt, mit der wir viel CO2 einsparen können, ohne dass wir damit viel Aufwand hätten: den verstärkten Einsatz des Euro Trailers, den wir bei Kögel ebenfalls in die Novum-Generation überführt und damit um die Vorzüge dieser Technologiegeneration ergänzt und um acht Zentimeter verlängert haben. Bei einem geringen Mehrgewicht kann der Betreiber damit zehn Prozent mehr zuladen – das ist die schnellste Möglichkeit, dem CO2-Ausstoß zu Leibe zu rücken. Damit sich das Fahrzeugkonzept noch stärker durchsetzt, sprechen wir uns für einen grenzüberschreitenden Einsatz aus.

Damit wäre der Gesetzgeber gefordert …

Warmeling: Er sollte den Weg für einen dauerhaften Regelbetrieb frei machen. Und wir würden uns wünschen, dass der Erwerb des 15-Meter-Aufliegers aufgrund der hohen CO2-Einsparung pro transportierter Einheit beziehungsweise Volumen auch in das Lkw-Austauschprogramm aufgenommen wird. Wir begrüßen es sehr, dass neben der ziehenden Einheit auch der Trailer berücksichtigt ist. Abseits von Telematik oder Aerodynamik sollte aber auch der Lang-Lkw und insbesondere der Typ 1 beziehungsweise Euro Trailer darin vorkommen.

Zu den Personen

Josef Warmeling

  • Josef Warmeling (58, verheiratet, ein Sohn) ist seit April 2018 Geschäftsführer beim Trailerhersteller Kögel. Er verantwortet die Bereiche Vertrieb Nord- und Westeuropa, Finance-Fullservice-Telematik und Gebrauchtfahrzeuge sowie Marketing und Kommunikation.
  • Der Branchenspezialist mit mehr als 20-jähriger Vertriebserfahrung war vor seinem Einstieg bei Kögel 15 Jahre bei Schmitz Cargobull tätig, zuletzt als Head of International Key Account Management. Josef Warmeling ist gelernter Kaufmann.

Thomas Eschey

  • Thomas Eschey (50, verheiratet) leitet seit 2009 als Geschäftsführer die Bereiche Produktion, Technik, Industrialisierung und Qualitätsmanagement bei Kögel.
  • Der Maschinenbautechniker begleitete zuvor verschiedene Führungspositionen beim Anhängerhersteller Humbaur, zuletzt als technischer Leiter des Unternehmens.