Herr Strecker, Sie betonen gerne, dass Solaris vom Grundsatz her ein familiengeführtes Unternehmen bleiben wird, auch wenn sich Frau Olszewska aus dem Vorstand zurückzieht. Was ist aus Ihrer Sicht der Vorteil von dieser Genese?
Solaris muss ein Familienunternehmen bleiben. Dieser Aspekt ist ein wichtiger Teil der Solaris-DNA. Das hat den Vorteil, dass Leute sich sehr gut kennen und sich gegenseitig vertrauen. Dank dem können viele strategische Entscheidungen viel schneller getroffen werden. Die Atmosphäre im Werk ist auch anders. Es macht Spaß hier zu arbeiten.
In Deutschland sind wir gerade mit über 230 Bussen im Bestand sehr gut unterwegs und wir werden unseren Absatz gegenüber dem Jahr 2015 verdoppeln. Das freut mich persönlich sehr, weil ich mit meinem Team sehr viel Arbeit hineingesteckt habe, die Kunden persönlich zu besuchen, und die Themen, die es ja durchaus zu bearbeiten gab, auch konkret abzustellen. So haben wir zum Beispiel die Ersatzteilverfügbarkeit dramatisch verbessert durch verbesserte IT, Prozesse und Erhöhung des ET-Bestands. In Frankreich beobachten wir nach einer schwächeren Phase einen starken Aufwärtstrend, dessen Krönung ein Auftrag von RATP für Beinahe 50 CNG-Busse ist. In Israel sind wir in den letzten Jahren sehr stark vertreten. Wir liefern gerade 110 Busse auf den dortigen Markt. Wir sind nach wie vor stark in osteuropäischen Regionen. Unsere Marktanteile im Stadtbusmarkt in Italien, Österreich oder der Schweiz können sich auch sehen lassen.
Wir werden, wie die gesamte Industrie, den Übergang zur Elektromobilität gestalten. Wir haben dazu sehr gute Voraussetzungen, aber es gibt noch sicherlich viele operationelle Themen, mit denen man sich stark beschäftigen muss. Brennstoffzellenbusse sind auch ein wichtiges Thema für uns. Auch auf diesem Gebiet sind wir aktiv. Außerdem sind autonomes Fahren oder Vernetzung wichtige Themen, die bei uns an Bedeutung gewinnen.
Zumindest für den zwölf Meter-Solowagen wird das neue System zum Standard werden, es hat aber auch das Potenzial für den 18 Meter-Wagen, dann mit einem etwas vergrößerten System. Eaton hat ja von deren Seite aus das System eingestellt, das lag nicht in unserer Hand und Allison muss sich aus unserer Sicht noch technisch weiterentwickeln in Richtung Start-Stopp und anderen Themen wie das batteriegestützte Anfahren aus der Haltstelle. Daher ist BAE hier auch eine echte Option für den Gelenkbus.
Es gibt hier in Polen viele Hybridausschreibungen, da sollte man mitbieten können als heimischer Hersteller. Zudem kenne ich die Kollegen von BAE sehr gut aus meiner vorherigen Tätigkeit in den USA, ich weiß, dass dieses System funktioniert und wir keine Bastellösung haben. Zudem wird es uns keine Unsummen kosten, dieses Fahrzeug auf die Straße zu bringen, Solaris hat das ja schon mehr als einmal gemacht. Man könnte es auch als eine Art Risikominimierung sehen, falls der Schritt zum Elektrobus gerade im Heimatmarkt nicht ganz so schnell gehen sollte, wie man sich es wünschen würde.
Diese Schwelle wird noch nicht unterboten, aber wir sind schon preiswerter geworden als zu Beginn. Zudem muss man sehen, dass der Aufpreis zu einem konventionellen Diesel nur bei rund der Hälfte zu einem reinen Elektrobus liegt, und der Hybrid in vielen Ausschreibungen immer noch als bevorrechtigtes, "sauberes" Fahrzeug zählt. Eine Plug-in-Version bieten wird zunächst noch nicht als Standard an, später wird sie aber als Option verfügbar sein.
Wir verstehen uns als Impulsgeber und Vorreiter in Sachen Einführung und Verbreitung der Elektromobilität bei Stadtbussen. Wir haben früh angefangen und all die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, bringen uns Schritt für Schritt weiter. Wir registrieren eine höhere Nachfrage nach Elektrobussen in mehreren Ländern, aber ich gehe davon aus, dass uns Dieselmotoren noch eine Weile begleiten werden.
Im Bereich der Straßenbahnen realisieren wir jetzt zwei sehr interessante Projekte. Wir bauen erste Trams für Leipzig und realisieren gleichzeitig einen Auftrag für die Fertigung von 55 Fahrzeugrohbauwagenkästen für das Stadtbahnfahrzeug TW 3000 für Hannover. Da wir auch hier, genauso wie beim Busgeschäft, eine Kontinuität der Produktion garantieren wollen, denken wir über einige Zukunftsszenarien nach. Eine Alternative wäre ein Partner mit dem wir uns weiterentwickeln können. Hier werden wir uns die notwendige Zeit nehmen, um solche Gespräche zu führen.