Etwa eine halbe Autostunde vom ehrwürdigen Kaiserpalast der japanischen Hauptstadt Tokio entfernt befindet sich die Geburtsstätte des Fuso eCanter – heutzutage zwischen dichten Wohnhäusern und der Bahnlinie im Stadtteil Kawasaki. Die Anwohner müsse man auch hinsichtlich der Geräuschkulisse beachten, geben die Kollegen im Werk zu bedenken – getreu dem berechtigten Klischee der japanischen Höflichkeit. Typisch japanisch mutet auch so manches Detail in den Produktionshallen an. Beinahe klinisch rein sind heute die meisten Werke. Dazu dringt immer wieder Märchenwald-Musik ins Ohr. Die kommt aus den Lautsprechern der autonom fahrenden Transporteinheiten, die zum Beispiel die Chassis von Halle zu Halle überführen – deutlich angenehmer als durchdringendes Piepsen. Auch die Produktionsweise an sich bietet ein paar Überraschungen. Mittlerweile entsteht in Kawasaki bereits die zweite Generation des eCanter, diesmal im Prinzip in Massenproduktion und nicht mehr in Kleinserie. Bis zu 23 eCanter können in Kawasaki an einem Tag vom selben Band laufen.
Allein ein Drittel der produzierten eCanter werden in Japan abgesetzt. Darum sieht das Lehrbuch vor, dass in jeder der 180 Niederlassungen mindestens ein Mitarbeiter speziell für das Fahrzeug ausgebildet ist. In den eLab genannten Trainingsprogrammen lernen diese Experten Grundlagen wie die Spannungsumwandlung oder die Funktionsweise der Elektromotoren, aber auch wie die Hochvoltsysteme funktionieren und welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Zudem bietet Fuso den Kunden, wie mittlerweile im E-Nutzfahrzeugbereich fast üblich, ein ganzes Ökosystem rund ums Fahrzeug an, von digitalen Diensten über Finanzierung bis zur Ladeinfrastruktur. Gerade letztere macht Japan eigentlich nicht unbedingt zum perfekten Stromer-Land. Während in Deutschland Wechselstromladen mit 11 oder 22 kW der Standard ist, liegt in Japan deutlich weniger Leistung an. Und auch beim schnellen Gleichstromladen ist in der Regel bei 75 kW Schluss. Das liegt nicht nur an der geringeren Spannung im Stromnetz (100 Volt im Haushalt), sondern auch an der zugehörigen Gesetzgebung, die hier auch für die E-Mobilität keine wirklichen Ausnahmen macht.
Exklusive Testfahrt rund ums Entwicklungszentrum
Gut zweieinhalb Stunden weiter nördlich befindet sich das Testgelände Kitsuregawa Proving Grounds (siehe Kasten). Auf einer Fläche, die etwa so groß ist wie die beiden Disney-Parks in Tokio zusammen, forschen dort rund 300 Mitarbeiter an der Entwicklung der Fuso-Fahrzeuge. Ein großer Teil der Prüfstände widmet sich dabei dem Thema Elektromobilität, angefangen von der Hochvoltsicherheit bis zur Performance unter verschiedensten Betriebsbedingungen.
In Kitsuregawa bekommen wir exklusiv die Gelegenheit, die Kabine des Fuso eCanter zu entern. Dabei fällt sofort der neue Innenraum mit wertigeren Materialien und netten Designdetails in Hochvolt-Orange auf. Der Fahrer darf sich über Sitz-, Lenkrad- und Frontscheibenheizung freuen. Als Testfahrzeuge stehen drei Varianten bereit: Ein Kipper mit sechs Tonnen Gesamtgewicht, ein Kühlkoffer (7,5 Tonnen) sowie ein Flügelaufbau mit acht Tonnen (siehe links). Wir schnappen uns direkt den kleinen Kipper. Schon beim ersten Tritt aufs Gaspedal überrascht der eCanter. Es geht richtig flott voran mit 110 kW und satten 430 Nm, aber schließlich müssen hier mit einem Batteriemodul (39 kWh netto, 70 km) gerade einmal 2,5 Tonnen Leergewicht beschleunigt werden. Der Wendekreis von 10,8 Meter von Wand zu Wand mit kleinstem Radstand (2,5 Meter) würde auch gut in süditalienische Innenstädte passen. In der Maximalvariante (8,55 t zGG) bietet der eCanter gut vier Tonnen Nutzlast, 129 kW/430 Nm und mit größter Batterie (116 kWh netto) immerhin 200 Kilometer Reichweite.
- Zugang zu allen Webseiteninhalten
- Kostenloser PDF-Download der Ausgaben
- Preisvorteil für Schulungen und im Shop
Sie haben bereits ein Digitalabo? Hier einloggen.
* Sie sind DEKRA-Mitglied? Dann loggen Sie sich ein und ergänzen ggf. in Ihrem Profil Ihre DEKRA-Mitglieds-Nummer.
Mitgliedsnummer ergänzen* Jahrespreis 22,65 Euro, Preis für FERNFAHRER Flexabo Digital in Deutschland,flexible Laufzeit, jederzeit kündbar.
Weiter zum Kauf