Eine Doppeltankanlage mit 1.000 Liter Diesel, Drucklufthörner auf dem Dach, nur rund 2.500 Kilometer auf der Uhr und so ziemlich alles an- und eingebaut, was gut, schwer und teuer ist: Der typische Test-Lkw sieht anders aus. Dass es dem Wörther Fahrversuch im aktuellen Fall vor allem um den Showeffekt geht, wird beim Blick auf den Probanden aber ohnehin sofort klar: Parat steht ein Actros 1863 mit 625 PS starkem 15,6-Liter-Motor und maximalem Gigaspace-Fahrerhaus.
Warum der Verbrauch beim Actros in Ordnung geht
Gemessen an den "suboptimalen" Voraussetzungen ist der Verbrauch gar nicht mal so schlecht: 34,7 Liter Diesel sind für einen derart großen und starken Motor aller Ehren wert. Gepaart damit ist ein Durchschnittstempo von 84,2 km/h, was sich mit 625 PS auf der Messstrecke eher am unteren Rand des Möglichen bewegt. Der Grund liegt aber weniger in einer allzu schlappen Schaltstrategie am Berg, sondern eher an der Geschwindigkeitsbegrenzung im bevorzugten Economy-Modus: Die entspricht mit 85 km/h auf dem Papier zwar exakt unserer Standardvorgabe, läuft beim nicht optimal abgerollten Testwagen aber nur auf "echte" 84 km/h hinaus. Die sonstigen Einstellungen bewegen sich im testüblichen Rahmen: minus/plus 5 km/h als Unter- und Überschwinger für Kuppen und Senken, ergänzt um eine Schwungspitze von 2 km/h im Auslauf von Gefällen (also kurzfristig 92 statt 90 km/h). Zwar ist der Kickdown in Economy deaktiviert, das Gaspedal aber mit oder ohne Tempomat frei, was jederzeit schnelles Überholen ohne Fummelei an irgendwelchen Tasten oder Schaltern erlaubt. Und, ein weiterer Pluspunkt: Ein ständiges Wechselspiel aus Rollenlassen und Angasen auf nahezu ebenen Strecken, wie das MAN, Renault, Scania von Volvo in verschiedenen Fahrprogrammen praktizieren, mutet Mercedes den Actros-Fahrern nicht zu.
Zweistufiger, verbrauchsoptimierter Luftpresser, Standheizung mit Restwärmepumpe und geregelte Lenkhelfpumpe: Das kleine Einmaleins der Spritspar-Zutaten beherrscht auch Mercedes. Wobei besagte Pumpe Teil der aktuellen Servotwin-Lenkung ist, die mit elektrischer Unterstützung aktive Eingriffe durch den Spurhalteassistenten erlaubt – und somit einen Grundbaustein für das teilautonome Fahren mit dem Active Drive Assist (ADA) bildet. Ohnehin nimmt Daimler derzeit eine Vorreiterrolle in Sachen Sicherheit ein, inklusive einer aktiven Seitenüberwachung, die beim Abbiegen vor gefährdeten Fußgängern und Radfahrern notfalls eine Vollbremsung hinlegt.
Die Kompressionsbremse, dem Wesen nach eine Jake Brake, bringt es beim hubraumstarken Turbocompound-Motor (also mit zweiter Turbine im Abgaskanal) auf über 650 Brems-PS: im Vergleich zu gängigen 13-Liter-Motoren ein sehr guter Wert. In Verbindung mit dem Retarder ist das Thema Dauerbremsen aber ohnehin abgehakt. Bemerkenswert allerdings: Der Voith-Wasserretarder ist bei Mercedes offenbar nicht mehr erste Wahl, denn der Testwagen wartet wieder mit einem konventionellen, rund 25 Kilogramm schwereren Voith-Ölretarder auf. Der Standard-Triebstrang besteht beim 1863 aus einem 12-Gang-Overdrive-Getriebe und einer 3,15 übersetzten Hinterachse. Auf der flachen Autobahn kommt also eine Zahnradpaarung mehr als bei einem Direktganggetriebe zum Einsatz, was zwangsläufig einen geringeren Wirkungsgrad und somit ein paar Tropfen Diesel mehr bedeutet. Immerhin: Auf der Landstraße passt der direkt übersetzte 11. Gang mit rund 1.100 Umdrehungen bei 65 km/h perfekt.
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