Es ist schon verwunderlich, wie schwer es ist, einen elektrischen Minibus zu finden, der den üblichen Anforderungen des Segments entspricht. Zwar bieten fast alle großen Hersteller mittlerweile eine elektrifizierte Van-Basis, aber man tut sich extrem schwer damit, einen veritablen Busaufbau darauf zu realisieren. Mercedes und MAN können kein Startdatum für einen solchen Versuch nennen, VDL und Iveco haben ihre ersten Ansätze entweder kassiert oder erst gar nicht auf die Straße gebracht. Schade eigentlich, wären Einsatzorte und -arten der kompakten Busse doch zumeist prädestiniert für einen batterieelektrischen Antrieb. Womöglich ist die Konkurrenz der Vans und sogar Pkw um die Batteriepakete und Antriebskomponenten noch zu stark in diesem Segment. Am Interesse der Kunden jedenfalls kann es nicht liegen.
Kleinbusbauer Atlas hat beachtliche Entwicklung hingelegt
Eines der wenigen Angebote kommt aus Litauen, genauer: der schönen Stadt Vilnius. Dort hat der Kleinbusbauer Altas seinen Sitz, der eine beachtliche Entwicklung hinter sich hat und sowohl mit Mercedes als auch MAN beste Referenzen hat als Ausbauer und "Preferred Partner". Die Litauer haben sich vor allem in Skandinavien einen Ruf wie Donnerhall erarbeitet und gelten ein wenig als die Schwaben des Baltikums: clever und sorgfältig. Den Bussen sieht man das sofort an: Die Verarbeitung ist fast makellos, keine vermurksten Schmuddelecken oder scharfen Grate an Plastikbauteilen. So weit der erste Eindruck, aber nun schauen wir uns das Elektroangebot an. Da ist zum einen der von uns gefahrene EV Cityline in zwei Längen: in 7,36 Metern und mit Kapazität für 20 Personen oder in der L-Variante mit 7,66 Metern, bis zu 18 Sitzen und einer Kapazität für bis zu 22 Fahrgäste. Beide Modelle können auch einen Rollstuhlplatz nebst Rampe bieten. Und zum anderen – für alle, die auf den Niederflurbereich verzichten können für einen Crewbus oder ähnliche Anwendungen – der EV Ecoline, der mit bis zu 19 Sitzplätzen oder auch zwei Rollstuhlplätzen angeboten wird mit der sonst gleichen Traktionstechnik.

Und die kommt vom ebenfalls baltischen Spezialisten Elinta, der schon viel Erfahrung mit der Elektrifizierung von Vans und Lieferdienstfahrzeugen gemacht hat. 2015 wurde sogar ein erster Plug-in-Hybrid auf Sprinter-Basis ins Rennen geschickt, dem aber nicht der große Durchbruch vergönnt war, was sicher auch der geringen elektrischen Reichweite von nur rund 40 Kilometern anzulasten war. Solche Probleme gehören mit den neuen Fahrzeugen der Vergangenheit an. "Ich war zuerst auch skeptisch und habe dann erst mal Testfahrten gemacht", sagt Martin Herrmann aus Schwabach, der als Chef des zweiten Vertriebsstützpunkts neben HJB in Dettingen in Deutschland Altas verkauft als zweites Standbein zu den Großbussen, die in der Coronakrise ja deutlich eingebrochen waren. Dies habe sich aber nun in einem wachsenden Markt "nachhaltig etabliert". Also nahm er sich selbst ein Auto, belud es mit üppigen 800 Kilogramm und fuhr eine nicht allzu anspruchslose Linie mit dem Elektrowagen. Ergebnis? "Bei rund 25 Grad Außentemperatur sind wir deutlich über 250 Kilometer weit gekommen und haben sogar an der 300er-Marke gekratzt", erklärt Herrmann begeistert. Die offiziellen SORT-Werte werden für den Wagen mit 236 bis 294 Kilometern angegeben. Das dürfte für die allermeisten Einsätze reichen.
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