Wer zu früh einsteigt, den bestraft die Realität", so könnte der ernüchternde Leitspruch der E-Mobilität lauten, wenn man die Erfahrungen, die so manche Busunternehmen in den vergangenen Jahren gemacht haben, näher untersucht. Sogenannte First Mover gab es vereinzelt in Europa, aber auch in den USA. In Deutschland zählen nur eine Handvoll Städte wie Köln oder Osnabrück zu den Mutigen der ersten Stunde. Alle anderen Verkehrsbetriebe haben sich bisher ehrfurchtsvoll zurückgehalten und bereiten jetzt langsam den Einstieg in den Einstieg vor.
Mehr Stadtbusse mit alternativen Antrieben in den USA als in Deutschland
Immerhin sind auch große deutsche Hersteller mittlerweile (fast) lieferfähig, und 2020 wird bei vielen Busbauern das Jahr der lange erwarteten Elektro-Gelenkbusse. Allein welche Energiespeicherart sich durchsetzen wird, steht noch in den Sternen – neben Lithium-Ionen-Batterien der unterschiedlichsten Bauarten setzen Experten ihre Hoffnung derzeit auf Festkörperbatterien oder Brennstoffzellen-Range-Extender. Wie das Rennen ausgeht, ist völlig offen. Und wie sieht es in den USA aus, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, aber nicht der Bushochkultur? Dort sinken seit 2013 die Fahrgastzahlen stetig, trotz wachsender Busflotten. Dennoch sind hier deutlich mehr Stadtbusse mit alternativen Antrieben unterwegs als in Deutschland: 2018 waren es stolze 32,6 Prozent Erdgasbusse, die teilweise mit Biogas aus der Molkereiindustrie betrieben werden – was sie nicht nur weitgehend klimaneutral, sondern sogar mit einem positiven CO2-Effekt fahren lasse, wie Daniel Gage von der Lobbyorganisation Natural Gas Vehicles for America auf der Busworld Academy in Omaha vorrechnete. Erdgasbusse kämen auch für die 2027 in Kraft tretende "Cleaner Trucks Initiative" in Betracht, anders als bei der umstrittenen europäischen "Clean Vehicle Directive".
Weitere 16,1 Prozent werden in den USA mit Hybridantrieben bewegt, ein Bereich, der mit der ehemaligen Tochter Orion sogar die globale CO2-Bilanz von Daimler aufgehübscht hatte. Und mit 6,4 Prozent Elektrobussen von den 12.000 neuen Stadtbussen pro Jahr liegen die Staaten ebenfalls deutlich vor Deutschland, wo der Bestand mit rund 200 reinen Elektrobussen noch weit unter einem Prozent der VDV-Flotte liegt. Verendeer Kaul, Global Vice President Commercial Mobility bei Frost und Sullivan, rechnet damit, dass 2025 in den USA bereits rund 50 Prozent der neuen Busse elektrisch fahren – und 7,5 Prozent mit Wasserstoff. Im wachsenden Überlandsegment geht er sogar von einem H2-Anteil von 16,3 Prozent und einem E-Anteil von knapp 30 Prozent aus, da es hier vor allem auf größere Reichweiten ankommt. Und JP Pelletier, Technikchef des Marktführers MCI unter dem Konzerndach von NFI (New Flyer Industries), rechnet schon 2020 mit 1.000 emissionsfreien Bussen für die USA – unter anderem liefert die Konzernschwester ADL aus Schottland die ersten 32 elektrischen Doppeldecker nach Kalifornien an das Pionierunternehmen Foothill Transit im Osten von Los Angeles. Die Traktionsausrüstung stammt hier von Proterra, dem kalifornischen Start-up, das sich seit seiner Gründung 2004 zu einer Art Tesla des Busbereichs gemausert und seitdem rund 900 Elektrobusse an rund 120 Kunden vor allem in Nordamerika verkauft hat.
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