Elektro-Lkw: Steuergelder für saubere Flotten

Elektro-Lkw
Steuergelder für saubere Flotten

Fehlende staatliche Anreize bei Steuern, Maut und Anschaffung bremsen Elektromobilität in Unternehmen aus.

Steuergelder für saubere Flotten
Foto: Steffen Kugler

Die Transportunternehmen hierzulande zeigen noch wenig Bereitschaft, elek­tromobile Nutzfahrzeuge in die Flotte zu integrieren – zu teuer, zu geringe Reichweite, zu wenig Nutzlast, so die Argumente. Und auch die Politik hat eher die privaten Pkw im Blick, wenn sie über eine staatliche Kaufprämie diskutiert.

Elektro-Nutzfahrzeuge sind ferne Zukunftsmusik

"Nutzfahrzeuge spielen in den Zukunftsszenarien überhaupt keine Rolle", bemängelt Stephan Opel, Geschäftsführer von Gruber Logis­tics in Kreuztal. "Aber nur eine Gesamtlösung unter Einbeziehung von E-Lkw oder E-Transportern kann ein entsprechender Ansatz sein, denn es geht letztendlich um den Komplettumbau des Mobilitätssektors."

Dieser könnte auch die City­logistik beflügeln. Das ist auch nötig. Angesichts von Staus, Lärm und Abgasen drohen bereits manche Städte mit drastischen Maßnahmen bis hin zu Fahrverboten für herkömmliche Nutzfahrzeuge.

Für die feinstaubbelastete Stuttgarter Innenstadt, aktuell deutsche Staustadt Nummer eins, gibt es seit 2010 ein Durchfahrtverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen ohne konkreten Lieferauftrag. Nur der Quell-/Zielverkehr ist davon ausgenommen. Im baden-württembergischen Verkehrsministerium erwägt man, die Durchfahrtszone zu verkleinern und nur noch besonders schadstoffarme Fahrzeuge, etwa mit E-Antrieb, zuzulassen.

Mit Elektroflotte langfristig Geld sparen

E-Lkw fahren emissionsfrei, dynamisch und leise – und rechnen sich zumindest bei den laufenden Kosten, da Strom gegenüber Dieselkraftstoff mit wesentlich weniger Steuern belegt ist. "Die Einsparungen liegen typischerweise bei 60 bis 65 Prozent", sagt Dr. Sebastian Stütz vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund.

In einem groß angelegten Forschungsprojekt hat er Elektromobile Urbane Wirtschaftsverkehre (Elmo) untersucht. Partner war auch das Handelsunternehmen TEDi, das mit zwei Zwölf-Tonnen-E-Lkw seine Märkte beliefert. "Die E-Lkw leisten mit einer Nutzlast von je 4,7 Tonnen das Gleiche wie ihre Diesel-Pendants", sagt eine Unternehmenssprecherin. Wünschenswert sei, dass auch andere auf elektromobile Flottenlösungen setzen, "damit die Nachfrage steigt und die Konstruktionskosten der Hersteller sinken".

Doch vom Staat gibt es dafür kaum finanzielle Anreize, eine Kaufprämie für Lkw wird nicht in Betracht gezogen. „Damit würde man zunächst nur mit Milliarden an Steuergeldern vor allem die Autoindustrie bei Laune halten“, hat auch Gruber-Chef Opel Bedenken. Ein solcher Zuschuss wäre wohl auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn E-Lkw werden derzeit kaum von großen Herstellern produziert, sondern auf der Basis von Dieselfahrzeugen in Kleinserien umgebaut und elektrifiziert – zusammen mit dem größten Kostenblock, der separaten Antriebsbatterie, eine teure Angelegenheit im sechsstelligen Bereich.

Staatliche Förderung fehlt bislang

Die wenigen Privilegien für E-Fahrzeuge, die im vergangenen Jahr durch das Elektromobilitätsgesetz geschaffen wurden – Nutzung der Busspur, reservierte Parkplätze mit Ladesäulen, Befreiung von Parkgebühren – passen oder gelten nicht für schwere Lieferfahrzeuge. Für diese wäre etwa eine Förderung der Ladeinfrastruktur direkt in den Betriebsstätten von Nutzen. „Der Staat muss endlich Geld in die Hand nehmen, um die entsprechende Infrastruktur bereitzustellen“, fordert Stephan Opel. "Sollte kein zuverlässiges und flächendeckendes Netz an Ladestationen für E-Fahrzeuge zur Verfügung stehen, und zwar beginnend in den Städten, werden sich diese nicht durchsetzen, erst recht nicht E-Nutzfahrzeuge."

Lärmfreie Lieferung in der Stadt

Zwar hat TEDi für seine Lkw durch die Projekte Elmo sowie "Geräuscharme Nachtlogistik" (GeNaLog) Bundesfördergelder erhalten; eine Förderrichtlinie von 2015 will neben der Elektrifizierung der kommunalen Fuhrparks auch die praxisnahe Forschung von Elektro-Lkw unterstützen. Doch solche Fördergelder werden Einzelfälle bleiben. Auch Sonderabschreibungen auf gewerbliche E-Fahrzeuge, wie der Bundesrat sie fordert, oder eine verbrauchsabhängige Lkw-Maut wären weitere Signale, auf die die durchaus innovationsfreudige Transportbranche dringend wartet. Derzeit kommen E-Lkw nur in den Genuss der günstigsten Mautklasse A, zusammen mit Euro-6-Fahrzeugen.

Rechtsrahmen für Nachlieferung gefordert

Projektleiter Stütz sieht einen anderen möglichen Anreiz: "Wenn die Politik den Rechtsrahmen dafür schafft, dass der E-Lkw neue Geschäftsmodelle erschließen kann, die durch konventionelle Lkw kaum zu bedienen sind." E-Lkw könnten etwa im Belieferungsverkehr eingesetzt werden und nachts Waren in die Stadt liefern, ohne dass dies die Nachtruhe der Anwohner störe. "Wenn damit ein E-Lkw pro Tag in drei Schichten arbeiten kann, während der konventionelle Lkw nur in zwei Schichten gefahren werden darf, wiegen die höheren Anschaffungskosten gar nicht mehr so schwer." Der Forscher wirbt für ein Prüfsiegel "Leise Logistik", wie es die Niederlande in Form des PIEK-Zertifikats eingeführt haben und das unter anderem zu Nachtbelieferungen berechtigt. "So etwas könnte der Türöffner für den E-Lkw sein."


Wer als Fuhrparkleiter trotz Bedenken mehr Elektromobilität in seiner Flotte wagen will, dem rät Verkehrslogistiker Stütz im Vorfeld des Kaufs zu einem Praxistest über einige Wochen im Winter, wenn der Stromverbrauch am höchsten und die Reichweite am geringsten ist. Eine Kaufentscheidung sollte mit einer umfassenden Mobilitätsgarantie abgesichert werden, sodass ungeplante Ausfälle nicht zu Produktionsausfällen führen, sondern sofort durch Ersatzfahrzeuge abgefangen werden können.

Perfekter Einsatzbereich: Stop & Go

Er rät, zunächst nur einen E-Lkw anzuschaffen, um auch Schritt für Schritt Akzeptanz bei den Mitarbeitern aufzubauen. Auch müsste die lokale Stromversorgung dann noch nicht ausgebaut werden. „Die Fahrzeuge sollten in Gebieten eingesetzt werden, die der Effizienz des Antriebs besonders entgegenkommen, also urbane Gebiete mit hohem Stop-and-go-Anteil, wo Dieselfahrzeuge viel Kraftstoff unproduktiv verbrauchen, während E-Antriebe von der Energierück­gewinnung beim Bremsen zusätzlich profitieren.“

All das klingt logisch und überzeugend. Und dennoch: Selbst die Bundesministerien haben die regierungsseitig angeordnete Quote von zehn Prozent Elektrofahrzeugen in den Flotten 2015 verfehlt.

Vorteile für Elektro-Lkw

  • E-Lkw im Güterkraftverkehr sind zwar ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mautpflichtig, aber sind durch null Cent Mautsatzanteil für die Kosten der Luftverschmutzung in der preisgünstigsten Kategorie A
  • Die Stromsteuerbelastung von 20,50 Euro pro Megawattstunde beträgt nur einen Bruchteil der Energiesteuerbelastung eines Diesel-Lkw
  • Reine Elektrofahrzeuge aller Fahrzeugklassen sind bei der Kraftfahrzeugsteuer begünstigt. Bei Erstzulassung sind sie fünf Jahre steuerbefreit, danach ist die Steuer gewichtsbezogen und um die Hälfte ermäßigt

Text: Anja Falkenstein
Foto: Meyer Logistik