Die Vorbereitungen von Hyundai in der Schweiz: Pionierarbeit bei der Brennstoffzelle für Lkw

Die Vorbereitungen von Hyundai in der Schweiz
Pionierarbeit bei der Brennstoffzelle für Lkw

Hyundai Hydrogen Mobility leistet Pionierarbeit mit Brennstoffzellen-Lkw in der Schweiz. CEO Mark Freymüller spricht gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell über das ambitionierte Projekt und den weiteren Zeitplan.

Pionierarbeit bei der Brennstoffzelle für Lkw
Foto: Hyundai Hydrogen Mobility
trans aktuell: Herr Freymüller, Sie bringen in großem Stil Brennstoffzellenfahrzeuge nach Europa. Werden Sie bewundert oder belächelt

Freymüller: Es geht uns gar nicht um Bewunderung, sondern darum, als Firma mitzuhelfen, den Klimawandel aufzuhalten. Daher fokussieren wir uns im Sinne der Nachhaltigkeit von Beginn an ausschließlich auf erneuerbar hergestellten Wasserstoff. Aber was wir in der Schweiz tun, wird tatsächlich auch international mit sehr viel wohlwollendem Interesse verfolgt und erfreut sich ziemlicher Aufmerksamkeit.

Was sind die Reize und was manchmal auch die Tücken dieser Pionierarbeit?

Wie bei jeder Pionierarbeit fängt man bei null an – oder zumindest sehr nah dran. Das ist aufreibend, macht aber auch den Reiz aus. Wir haben in der Schweiz das Glück, dass mit den Mitgliedern des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz bereits engagierte Partner involviert sind, die das Projekt und das Wasserstoff-Ökosystem in der Schweiz nach vorne bringen wollen. Insofern ist hier sehr viel Unterstützung vorhanden, was natürlich sehr motivierend ist.

Empfinden Sie es als Ritterschlag, dass der Förderverein H2 Mobilität Schweiz Sie als Hersteller ausgewählt hat?

Für Hyundai ist der Brennstoffzellen-Lkw eine ausgezeichnete Möglichkeit, in Europa zu zeigen, was wir draufhaben. Wir können unsere Stärken im Nutzfahrzeuggeschäft mit der Expertise in der Brennstoffzellentechnologie paaren und sind damit in Europa die Ersten. Insofern ist es für uns natürlich eine tolle Sache, dass sich der Förderverein für Hyundai entschieden hat.

Es gibt in Europa keine Erfah­rungen beim Einsatz von Brennstoffzellen-Lkw, sieht man von einigen Prototypen mal ab. Wie groß ist das ­Risiko und wie groß der vielleicht selbst gemachte Erfolgsdruck?

Hyundai hat ja mit Brennstoffzellenfahrzeugen schon einiges an Erfahrung – nicht nur im Pkw-Segment, sondern in Korea auch bei Nutzfahrzeugen. Aber die Größenordnung, die wir hier in der Schweiz angehen, ist offensichtlich eine andere Nummer. Das hier ist nicht als Demoprojekt angelegt, sondern wir sind hier in der vollen Kommerzialisierung. Natürlich ist das mit einem gewissen Risiko verbunden. Aber ohne kalkulierte Risiken einzugehen, wird sich nichts ändern. Das Gute ist, dass die Risiken in diesem Projekt zwischen allen beteiligten Partnern offen diskutiert und geteilt werden. Corona hat viele Pläne durchkreuzt, wahrscheinlich auch Ihre.

Welche Auswirkungen hat das Virus auf Ihren Zeitplan?

Corona hatte natürlich auch bei uns einen Einfluss und hat für einige Verzögerungen gesorgt. Wir haben aber zusammen mit den Kollegen in Korea und dem Technical Center in Rüsselsheim einiges so umgestellt, dass wir eigentlich nur den Plan ändern mussten, nicht aber das Ziel. Wir werden statt der 50 vielleicht nur 46 Fahrzeuge bis Ende des Jahres in den Markt bringen – aber auch da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Und die großen Meilensteine für die Schweiz mit 1.000 Lkw bis 2023 und 1.600 bis 2025 haben weiterhin Bestand.

Ein erster Lkw kam Anfang des Jahres in der Schweiz an. Ist er schon im Regelbetrieb oder dauern die Erprobungen an?

Der Truck, der sich aktuell in der Schweiz befindet, ist kein Kundenfahrzeug, sondern ein reiner Testtruck.

Hyundai Hydrogen Mobility
Hyundai Hydrogen Mobility-Chef Freymüller: Die ersten Fahrzeuge werden im September übergeben.

Das Fahrzeug wird für diverse technische Feinabstimmungen eingesetzt, aber vor allem auch für die Inbetriebnahme der Betankungsinfrastruktur. Die ersten Trucks werden im September übergeben. Das genaue Datum steht noch nicht fest. Die Kunden sind alles Mitglieder des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz. Der Aufbau der Flotte soll Hand in Hand gehen mit dem Aufbau einer Tankinfrastruktur. Wurde die zweite Wasserstofftankstelle, die in St. Gallen geplant war, zwischenzeitlich eröffnet, und was wird hier noch im laufenden Jahr passieren?Die Tankstelle in St. Gallen hat ihren Betrieb am 19. Juni aufgenommen. Im Laufe des Jahres folgen dann noch fünf weitere Tankstellen in Rümlang, Rotheburg, Zofingen, Bern und Crissier.

Ist der Betrieb in der Schweiz für Hyundai Hydrogen Mobility eher ein Türöffner für Europa oder schon ein handfester Business-Case?

Und bekommen Sie Anfragen aus anderen Ländern, die ebenfalls Brennstoffzellen-Lkw nach dem Schweizer Modell auf die Straße bringen möchten?Wir bekommen sehr viele Anfragen – zum Aufbau der Wasserstoffversorgung, dem Business-Case allgemein, aber natürlich auch von potenziellen Kunden. Und das nicht nur aus anderen europäischen Ländern. In der Schweiz rechnet sich der Einsatz von Brennstoffzellen-Lkw bereits heute für den Kunden. Das liegt zum einen an höheren Dieselpreisen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und zum anderen an einer Schwerverkehrsabgabe, von der emissionsfrei betriebene Fahrzeuge ausgenommen sind. Hier hat die Schweiz also bereits ein Anreizsystem für CO2-Einsparungen, von dem andere Länder in Europa noch weit entfernt sind. Aber wir arbeiten an Konzepten, um die sich hieraus ergebende TCO-Lücke zu schließen.

Wie sieht das Modell für den Kunden aus? Angeblich zahlt er nur den gefahrenen Kilometer.

Genau, der Flottenbetreiber bezahlt in einer Art Akonto-Zahlung einen Betrag pro Kilometer, der – bis auf den Fahrer – im Prinzip alles enthält, von der Versicherung über den Service bis hin zum Wasserstoff. Dieser Betrag richtet sich nach der erwarteten Fahrstrecke pro Jahr und dem zu erwartenden Verbrauch. Das erlaubt dem Kunden mehr Planungssicherheit.

Wird es bei einem Standard-Lkw bleiben – oder wird es hierzu im Lauf der Jahre unterschiedliche Motorisierungen, Ausführungen und Gewichtsklassen geben?

Wir starten dieses Jahr mit einem 4x2-Motorwagen mit Kühl- oder Trockenkoffer. Nächstes Jahr kommt dann auch noch ein 6x2-Motorwagen und wahrscheinlich 2023 eine Sattelzugmaschine. Die Optimierung von Gewichten oder Nutzlasten und der gesamten Antriebstechnologie ist aber ein kontinuierlicher Prozess

Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit mit Ihren Partnern H2 Energy und dem Förderverein H2 Mobilität Schweiz? Sind die Rollen klar verteilt?

Die Zusammenarbeit ist ausgezeichnet, man ergänzt sich prima. Das Schöne daran ist, dass alle das gleiche Ziel verfolgen: den gemeinsamen Aufbau eines nachhaltig funktionierenden Wasserstoff-Ökosystems, in dem die Trucks laufen können. Jeder weiß, dass es ohne den anderen nicht funktioniert und nur in sauberer Abstimmung klappen kann. Daher ist das ein hoch motiviertes Miteinander.

Zur Person

  • Mark Freymüller ist seit dem 1. Januar 2019 CEO bei Hyundai Hydrogen Mobility (HHM) in Zürich.
  • Der 51-Jährige hat eine 22-jährige Erfahrung bei Mercedes-Benz in unterschiedlichen Funktionen im Nutzfahrzeugbereich in Deutschland und den USA.Im Dezember 2017 wechselte er als Vice President zu Hyundai nach Seoul (Korea) mit Verantwortung für das New Business Development.
  • Freymüller ist Diplom-Ingenieur im Maschinenbau, Fachrichtung Fahrzeugtechnik. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.