Batterietechnik im neuen Mercedes eCitaro: Status quo und Ausblick

Batterietechnik im neuen Mercedes eCitaro
Status quo und Ausblick

Zum Start des eCitaro setzt Daimler auf Lithium-Ionen-Batterien mit NMC-Chemie – sowohl für Depotladung als auch fürs Schnellladen. Aber schon in zwei Jahren wird es richtig spannend bei dem Thema.

Mercedes-Benz eCitaro
Foto: Daimler

Gemeinhin werden die Batterien beim Elektrobus als Schlüsseltechnologie angesehen, wie der Verbrennungsmotor in der fossilen Mobilitätswelt. Sie haben den größten Einfluss auf die Reichweite der Fahrzeuge. Zudem spielt die komplexe Zellchemie eine große Rolle bei den Themen Ladefähigkeit, Alterung und Recycling-Fähigkeit.

In den vergangenen Jahren und Monaten hat sich die Zellchemie des Typs „Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid (NMC)“ als führend etabliert, wobei der Kobalt-Anteil zugunsten des Nickels immer weiter zurückgefahren wird, betont Professor Egbert Figgemeier vom ISEA (Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Antriebe) der RWTH Aachen. Daimler verbaut sechs bis zehn Module mit jeweils rund 25 kWh Energiegehalt in Heck und Dach des Busses. Maximal sind 243 kWh möglich, die eine Reichweite von 150 bis über 200 Kilometer ermöglichen.

Warum diese Entscheidung so gefallen ist, erklärt Andreas Mink, bei Daimler Buses für die Elektrifizierung zuständig: „Die maximale Ladeleistung hängt von den eingesetzten Batteriematerialien ab und ist eine von mehreren wichtigen Charakteristika einer Batterie, die vom Batterieaufbau beeinflusst werden. Wir haben uns viele verschiedene Batterietypen im Vorhinein angesehen und haben uns jetzt für NMC entschieden. Damit bekommen wir aus unserer Sicht eine gute Balance hin, d.h. Eignung sowohl für Depot-Ladeanwendungen als auch für Pantografen-Schnellladesysteme. Das ist beileibe kein Kompromiss, sondern ein Flexibilitätsinstrument, mit dem wir durch die Modularität des Batteriesystems nochmals besser auf die Kundenanforderungen eingehen können.“

Und noch einen weiteren Vorteil hat die Modularität: Schon in zwei Jahren kommt die Nachfolge-Generation von Akasol, die rund 30 Prozent mehr Leistung bieten soll. Diese seien dann upgradefähig, der eCitaro könne also in der Lebenszeit „getunt“ werden, freut sich Gustav Tuschen. Die immer noch intakten Batterien der ersten Generation könnten dann ja in einem stationären Speicher im Depot noch Dienste tun.

Eine Besonderheit der Batterien macht ein besonderes Vorgehen nötig, um über die Lebensdauer eine ähnliche Leistung zu erhalten. Andreas Mink: „Mit der ersten Nutzung einer Batterie baut sich die Gesamtnutzkapazität der Batterie sukzessive ab. Damit das für den Kunden aber nicht negativ spürbar ist, limitieren wir vom ersten Tag an das nutzbare Fenster der Batterie, damit sich dieses über die Lebenszeit des Fahrzeuges für den Kunden nicht merklich verändert. Innerhalb der definierten Lebensdauer können wir also ein konstantes Energievolumen zur Verfügung stellen.“

Sollte es jedoch einmal nötig sein, die volle Batteriekapazität zu nutzen, um nach Hause zu kommen, dann lässt sich dieses Fenster manuell öffnen, was allerdings die Lebensdauer negativ beeinflusst und akribisch protokolliert wird. Der Wert einer gebrauchten Batterie wird sich maßgeblich an solchen Extravaganzen festmachen.

Aber damit lässt es Daimler nicht bewenden, man habe in den vergangenen Monaten einen „konkreten Fahrplan in die Zukunft der Elektromobilität“ ausgetüftelt. Gustav Tuschen erklärt warum: „Der entscheidende Punkt ist die rasante Weiterentwicklung der Batterietechnologie. Wir wollen unseren Kunden stets die beste Lösung zur Verfügung stellen.“ Parallel zur zweiten Generation von NMC-Batterien wird Daimler nun auch solche mit Feststoff-Polymeren als Elektrolyt zwischen Anode und Kathode anbieten, diese allerdings nur für die Depotladung.

Der Vorteil dieser Bauart: Die Batterien sind unempfindlicher gegen Hitze, also betriebssicherer, und können mehr Energie aufnehmen. Daimler spricht von mindestens 400 kWh für den Solobus.

Nachteil der sogenannten Feststoffbatterien: Sie sind voluminöser und nicht schnellladefähig, daher ausschließlich für Depotladung geeignet. Daimler will daher auch den bei Fahrgästen ungeliebten Motorturm noch beibehalten. Wie sich die neue Wundertechnik letztlich auf das ohnehin hohe Fahrzeuggewicht und den Preis auswirkt, bleibt abzuwarten. Schließlich sind zwei Jahre eine kleine Ewigkeit in der Batterieentwicklung, und Daimler geht hier erstmals in die Pionierrolle in Sachen Batterietechnik.