Raus mit dem Alten, rein mit dem Neuen – das Motto so mancher gescheiterten Beziehung könnte künftig für Nutzfahrzeuge interessant sein. Denn der Gedanke klingt verlockend: Nach ein paar Jahren fliegt der alte Diesel-Antriebsstrang aus dem Gebrauchtfahrzeug, hinein kommt ein moderner Brennstoffzellenantrieb, mit dem man leise, lokal emissionsfrei und obendrein von der Maut befreit weiterhin unterwegs sein kann. Mit Umrüstungen auf einen batterieelektrischen Antrieb funktioniert das bereits, wie eine Handvoll kleinerer Hersteller beweist.
Lkw-Hersteller entwickeln Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge
"Wir wollen nun einen modularen Elektrifizierungsbaukasten entwickeln und zeigen, dass es auch mit einer Brennstoffzelle möglich ist", sagt Peter Ayvaz, Oberingenieur am Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen. Für das Projekt "Schwere Lastkraftwagen für die emissionsfreie Logistik im Schwerlastverkehr mittels Elektrifizierungsbaukasten und wirtschaftlichem Produktionssystem", weniger sperrig abgekürzt SeLv, erhalten die Forscher eine Förderung in Höhe von 16,9 Millionen Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
Alle großen Lkw-Hersteller entwickeln eigene Brennstoffzellennutzfahrzeuge – Peter Ayvaz erklärt, warum eine nachträgliche externe Umrüstung sinnvoll sein kann: "Die OEM bedienen nur den Neufahrzeugsektor. Um die ehrgeizigen CO2-Ziele zu erreichen, müssen aber auch Bestandsfahrzeuge umgerüstet werden." Bis zu welchem Fahrzeugalter sich eine Modernisierung lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. "Eine Sattelzugmaschine mit nahezu Vollauslastung wird im Schnitt drei bis fünf Jahre gehalten, dann steigen Wartungs- und Instandhaltungskosten für das Antriebssystem. Der Rest des Fahrzeugs ist aber noch gut, daher kann ein Austausch sinnvoll sein", sagt Ingenieur Ayvaz. Zumal mit dem neuen Antrieb Vorteile wie eine Mautbefreiung zum Tragen kommen. Sonderfahrzeuge oder Kommunal-Lkw sind ebenfalls interessante Kandidaten für einen Umbau; wegen der oft sehr teuren Aufbauten werden die Fahrzeuge lange gehalten.

Ziel des PEM sei jedoch nicht, eine Brennstoffzelle und die dazugehörigen Komponenten zu entwickeln. "Die gibt es bereits am Markt, sie sind zuverlässig und erprobt. Was fehlt, ist ein modulares System, das sich an den Einsatzzweck anpassen lässt", erklärt der Experte. Ein bestehendes Brennstoffzellensystem könnte je nach verwendeter Größe der Einzelstacks beispielsweise in kleinere Verteiler-Lkw eingebaut werden, für Lkw und Zugmaschinen höherer Gewichtsklassen möglicherweise zwei oder mehr. Zum modularen Elektrifizierungsbaukasten gehören Batterien, denn die sind auch bei Brennstoffzellenfahrzeugen an Bord. Je nach Antriebsstrangtopologie fallen sie unterschiedlich groß aus. Ein brennstoffzellendominierter Lkw deckt die Dynamik größtenteils über die Brennstoffzelle ab, hier reicht eine geringe Batteriekapazität. Eine Brennstoffzelle als Range Extender wird in Kombination mit einer größeren Batterie zur Abdeckung der Dynamik eingesetzt. Im Rahmen des SeLv-Projekts wollen die Forscher des PEM eine optimale Betriebsstrategie entwickeln.
Komponenten wie Brennstoffzellen, Tanks, Elektromotoren und Batterien von Zulieferern zusammenzukaufen und aus ihnen ein funktionierendes Gesamtsystem zu bauen, ist nicht so einfach, wie es klingt. "Wir müssen Steuergeräte und Schnittstellen entwickeln oder sie optimieren. Es braucht mechanische Integrationsarbeit, einen Prototypenaufbau und Erprobungsfahrten", erklärt Peter Ayvaz den großen Entwicklungsaufwand.
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