Recht aktuell: Nach Vollrausch droht Freiheitsentzug

Unter Drogeneinfluss
Bei Vollrausch droht Freiheitsentzug

Ende Januar leistete sich ein Lkw-Fahrer im Drogenrausch eine anderthalbstündige Verfolgungsjagd mit der Polizei. Nun stand er in Coburg vor Gericht.

Drogen
Foto: Andreas Techel

Verfolgungsjagd am zweiten Arbeitstag:  So hieß Ende Januar 2017 der Blogbeitrag, der hier zu finden ist. Unter Drogeneinfluss hatte sich der frisch eingestellte, einheimische Fahrer einer Spedition aus Norddeutschland ein hochgefährliches Rennen mit der Polizei geliefert: über anderthalb Stunden lang durch Franken. Er konnte nur gestoppt werden, indem ein Polizeihubschrauber den Fahrer mit einem Scheinwerfer massiv durch die Frontscheibe blendete. Das Landgericht Coburg  hat den Fahrer nun wegen fahrlässigen Vollrauschs zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt, ihm dazu die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung von einem Jahr und neun Monaten festgesetzt. Das basiert auf Paragraf 323a Strafgesetzbuch (StGB), der im Kern besagt: „Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.“

Schuldunfähigkeit wird angezweifelt

Das heißt, erläutert Rechtsanwalt Matthias Pfitzenmaier, „das Landgericht ist bei der Tatbegehung von Schuldunfähigkeit des Angeklagten ausgegangen. So kann der Täter wegen der Taten, die er sonst verwirklichen würde, also eine Trunkenheitsfahrt, Straßenverkehrsgefährdung oder Körperverletzung, nicht ­bestraft werden – mangels Schuld.“ Das Urteil ist  allerdings noch nicht rechtskräftig. „Einer der Polizeibeamten, der verletzt wurde, hat Revision eingelegt, wohl weil für ihn die Feststellung der Schuldunfähigkeit zweifelhaft war.“ Die Strafe selbst lautet ohne Bewährung. „Der Entzug der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist von einem Jahr und neun Monaten ist dagegen eher mild“, sagt Pfitzenmaier. „Der Führerschein ist weg und bleibt weg, bis er von der Verwaltungsbehörde nach einer medizinisch-psychologischen-Untersuchung (MPU) wiedererteilt wurde.“ Der Richterspruch ist  laut Pfitzenmaier bemerkenswert, da sich Gerichte mit der Feststellung von Schuldunfähigkeit sonst eher schwertun. „Hier bleibt abzuwarten, was die Revision bringt. Bemerkenswert ist sicher auch, dass ein Polizist im Verfahren sagte, der rasende Fahrer habe großes Glück gehabt, dass er nicht im Lkw erschossen wurde.“

Haus des Rechts
Matthias Pfitzenmaier, Fachanwalt für Verkehrsrecht.

 Lkw-Fahrer , die unter Drogeneinfluss Unfälle bauen oder von der Polizei vorher aus dem Verkehr gezogen werden, sind noch Einzelfälle – aber diese nehmen laut den aktuellen Pressemeldungen der Polizei zu. „Im Gegensatz zu Alkohol gibt es bei Drogen aber keine Grenzwerte. Es reicht, dass sie im Blut oder Urin nachgewiesen werden“, so der Anwalt. Die Einzige Ausnahme:  Bei Haschisch gibt es einen vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grenzwert von 1 ng/ml. Unter diesem liegt kein Drogen- oder Trunkenheitsdelikt vor. Es liegt bei Drogen im Körper daher immer relative Fahruntüchtigkeit vor. Für eine Straftat, die zur Bestrafung eine Fahruntüchtigkeit voraussetzt, muss daher noch eine drogentypische Ausfallerscheinung kommen, etwa Schlangenlinien fahren.

Die Ermittlung der Drogenwerte erfolgt durch eine Haar-, Blut- oder Urinprobe. Der Unterschied liegt in der jeweiligen Eignung, bestimmte Stoffe feststellen zu können – im Blut akute Werte, im Urin Abbauprodukte. Über die Gründe ,  warum auch Lkw-Fahrer Drogen konsumieren, kann Pfitzenmaier allerdings nur spekulieren. „Der Stress im Straßenverkehr, die Angst um den Job und so manche privaten Probleme wären eine Erklärung.“