Recht aktuell: Die Ablenkung und das Bußgeld

Recht aktuell
Die Ablenkung und das Bußgeld

Längst gilt die Ablenkung als eine Hauptursache bei Unfällen am Stauende. Das Bußgeld bei Nutzung von elektronischen Geräten etwa ist klar geregelt, bei anderen Arten der Ablenkung ist es schwierig.

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Foto: Jan Bergrath

Die Autobahnpolizei Ahlhorn überwacht unter Leitung von Polizeihauptkommissar Cliff Sprenger per Kamera aus einem zivilen Transporter, ob Lkw-Fahrer am Steuer abgelenkt sind. Der Grund: zu viele Unfälle am Stauende, derzeit vor allem auf der A 1. Siehe Brennpunkt auf Seite 98. Wie wichtig diese präventiven Maßnahmen sind, zeigt der spannende Film bei EurotransportTV auf Youtube: "Polizei macht Jagd auf Verkehrssünder".

"Seit dem 19. 10. 2017, in der Neufassung des Paragrafen 23 Absatz 1a der StVO, gibt es für die erwiesene Ablenkung am Steuer mit elektronischen Geräten drei Stufen von Bußgeldern", so Matthias Pfitzenmaier. Bei Ablenkung ohne Unfall sind es 100 Euro plus ein Punkt in Flensburg. Bei Ablenkung mit Gefährdung sind es 150 Euro plus ein Monat Fahrverbot plus zwei Punkte in Flensburg. Eine Ablenkung mit Unfall schlägt mit 200 Euro plus einem Monat Fahrverbot zu Buche. Ein Unfall mit Todesfolge des Fahrers kostet dessen Leben. Allein im ersten Halbjahr 2021 sind bereits 51 Fahrer an einem Stauende mutmaßlich infolge einer Ablenkung verstorben.

"Die StVO definiert den Begriff des elektronischen Geräts, ebenso wie früher den Begriff des Mobil- oder Autotelefons, allerdings nicht näher", sagt Pfitzenmaier. "Von Paragraf 23 Absatz 1a Satz1 StVO werden alle elektronischen Geräte erfasst, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind." Also etwa Handy, Laptop, Navigationsgeräte, E-Book-Reader, MP3-Player, Personal Computer, DVD-/Blu-Ray-Player, CD-ROM-Abspielgeräte. Auf dieser Grundlage spricht etwa die Polizei in Ahlhorn, wenn sie einen Fahrer am Steuer erwischt, ein Bußgeld aus.

Ablenkungsfaktoren gesetzlich nicht eindeutig geregelt

Schwierig wird es mit allen anderen Arten der Ablenkung, etwa wenn jemand während der Fahrt Zigaretten dreht oder Fußnägel schneidet. Sprenger sieht hier für die Polizei in Niedersachsen keine rechtliche Handhabe. In anderen Bundesländern, so Baden-Württemberg, greift die Polizei dagegen auf den Vorwurf der "fahrerfremden Tätigkeit" zurück.

"Die vom Tatbestand eher allgemein gehaltenen Paragrafen 1, 3 Absatz 1 und 23 Absatz 1 StVO sind meines Erachtens nicht geeignet, fahrerfremde Tätigkeiten unter Strafe zu stellen", so Pfitzenmaier. Insbesondere in Paragraf 3 Absatz 1 StVO ist nur geregelt, dass, wer ein Fahrzeug führt, nur so schnell fahren darf, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Weiterhin heißt es dort, dass die Geschwindigkeit den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen ist.

"Dies taugt meines Erachtens nicht, um hierunter einen Bußgeldtatbestand zu fassen, wenn der Fahrer etwa am Steuer raucht, trinkt oder isst. Paragraf 3 StVO meint die Geschwindigkeit, so steht es auch in der Überschrift zum Paragrafen."