Fahrer vor Gericht: Teures Erbsenzählen

Fahrer vor Gericht
Teures Erbsenzählen bei Überlänge

Höchst eifrige Beamte stellen auf fragwürdige Art und Weise ein paar Zentimeter Überlänge fest. Das soll für Steven* richtig teuer werden. Autobahnanwalt Silvio Lange kämpft wie ein Löwe.

LaSi Kontrolle Großkontrolle
Foto: Jacek Bilski

Steven versteht die Welt nicht mehr. Er ist selbstfahrender Unternehmer, Angestellte gibt es nicht. Er fährt ausschließlich selbst mit seiner Sattelzugmaschine und dem Sattelauflieger. Bauliche Veränderungen hat er daran nicht vorgenommen. Die Ladung stand auch nicht über. Der Lkw wird sorgfältig gewartet. Da müssen es schon Polizeibeamte mit übergroßem Ermittlungseifer sein, wenn am Sattelzug von Steven etwas gefunden werden soll. Im Januar letzten Jahres ist es in Hamburg passiert. Zwei Polizisten kontrollierten ihn und überprüften alles überaus sorgfältig. Als sie nichts, aber auch gar nichts gefunden hatten, kam einer auf die Idee, doch einmal die Länge des Gespanns zu überprüfen. Dazu hätten sie doch dieses funkelnagelneue Messgerät. Gesagt, getan. Messgerät aufgebaut, Länge des Sattelzugs "professionell" vermessen. Etwas triumphierend stellten sie fest, dass das Gespann 16,63 Meter maß – 13 Zentimeter zu viel. Das war den Beamten deutlich zu viel. Steven würde von ihnen hören, darauf könne er sich verlassen. So kam es dann auch.

Einziehungsbescheid über 1.800 Euro wegen 3 Zentimetern Überlänge

Einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid hat er nicht bekommen. Das war den Beamten wahrscheinlich zu läppisch. Nein, richtig in die Trickkiste haben sie gegriffen und für die Strecke von Berg nach Hamburg einen Bescheid erlassen, der Steven 1.800 Euro kosten soll. Steven kann das nicht verstehen, den Bescheid aber auch nicht. Da hat anscheinend schon so etwas wie ein Volljurist dran gesessen. Steven liest Rechtsanwalt Silvio Lange beispielhaft einen der in berühmt-berüchtigtem Juristendeutsch abgefassten Sätze vor: "Darüber hinaus würde die Berücksichtigung der Tatsache, dass die Fahrt auch legal, also genehmigt, hätte durchgeführt werden können, abstrahiert zum Beachten eines hypothetischen rechtmäßigen Kausalverlaufs führen." Silvio Lange schüttelt zunächst mit dem Kopf. Er muss das Ganze noch mal selbst lesen. Ihm kommt das vor, als sei er im falschen Film. 13 Zentimeter Überlänge und dafür einen Einziehungsbescheid über 1.800 Euro – echte Erbsenzählerei. Natürlich legt die Autobahnkanzlei aus Neustadt-Glewe sofort Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid ein. Punkte gibt es für den Einziehungsbescheid nicht. Aber für den kleinen Spediteur Steven sind 1.800 Euro verdammt viel Geld. In dem Bescheid wird im Übrigen auch gar nicht genau dargelegt, wie sich die 1.800 Euro zusammensetzen. Das scheint das Justiziariat einfach so geschätzt zu haben. Autobahnanwalt Silvio Lange verspricht Steven, für ihn zu kämpfen wie ein Löwe.

Im November 2021 ist es dann so weit. Vor dem Amtsgericht wird verhandelt. Die Richterin ist jung und freundlich und macht einen kompetenten Eindruck. Rechtsanwalt Silvio Lange stellt die Grundlage des Einziehungs- oder, besser gesagt, Abschöpfungsbescheides infrage. Eine Ordnungswidrigkeit habe es nicht gegeben. Das Fahrzeug sei nicht zu lang gewesen. "Ein Fahrzeug oder ein Auflieger kann", führt Silvio Lange aus, "nicht einfach länger werden als in den vorhandenen Maßangaben. Es gab daran keinerlei Veränderungen. Das Gespann ist genau so, wie es war, als es vor einem Jahr gekauft wurde."

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