Fahrer vor Gericht: Polizeilicher Übereifer kann gefährlich sein

Fahrer vor Gericht
Polizeilicher Übereifer kann gefährlich sein

Ein neuer Fall aus der Autobahnkanzlei: Strafverfolgungseifer trifft verkehrsrechtliche Ahnungslosigkeit: Ein Kripobeamter im Zivilfahrzeug jagt Hauke, der sich zu rasant aus dem Wochenende auf den Weg zu seinem Lkw gemacht haben soll.

Polizeilicher Übereifer kann gefährlich sein
Foto: Autobahnkanzlei

Hauke ist ein gestandener Kerl. Ein Fernfahrer, der jede Woche quer durch Europa fährt. Wieder einmal hat es am Wochenende nicht mit seiner Heimfahrt geklappt. Die Lenkzeit war verbraucht. Im Ruhrgebiet musste er vor Anker gehen. Mit seinem Chef kommt er gut klar. Der hat ihm einen Mietwagen spendiert, damit er übers Wochenende zu seiner Frau fahren konnte. Montagfrüh war er auf dem Weg zurück zum Lkw. Er hat schon ein wenig Gas gegeben, denn er war spät dran und wollte eigentlich noch reichlich Kilometer reißen. An einem Autobahnzweig fuhr plötzlich ein ziviler Pkw auf seine Höhe.

Gelber Umschlag verursacht Existenzängste

Der Fahrer gestikulierte wie wild. Hauke wusste nicht, was der wollte – bis er eine blaue Rundumleuchte aufs Dach setzte, direkt vor ihn fuhr und zu verstehen gab, dass er auf den nächsten Parkplatz zu fahren habe. Kaum angehalten, sprang der Fahrer aus seinem Auto, griff in die Fahrertür von Hauke, zückte seinen Polizeiausweis und begann mit einer Schimpftirade. Ein Raser sei Hauke. Dazu sei er viel zu nah aufgefahren, habe ein anderes Fahrzeug bedrängt und außerdem auch noch rechts überholt. Hauke war völlig sprachlos. Er zeigte seine Papiere. Der Polizeibeamte machte sich Notizen und sagte noch: "Das wird teuer." Drei Wochen später findet Hauke einen gelben Umschlag im Briefkasten. Einen von der Sorte, die Existenzängste verursachen. 450 Euro Geldbuße. Das ist schon happig. Aber zwei Monate Fahrverbot und zwei Punkte für fünf Jahre, das ist richtig böse. Hauke verschlägt es die Sprache. Als er sich vom Schock einigermaßen erholt hat, ruft er in der Autobahnkanzlei in Wilnsdorf an. Ich habe gerade keinen Gerichtstermin. Hauke kann sofort vorbeikommen. Eine Stunde später sitzt er mir gegenüber. Ich übernehme das Verfahren, beantrage Akteneinsicht und mache einige höchst spannende Feststellungen: Der Polizist ist von der Kripo. Seinem Aktenvermerk ist zu entnehmen, dass er offensichtlich von verkehrsrechtlichen Dingen keinen Schimmer hat.

Dem übereifrigen Beamten scheint auch nur im Ansatz die Kompetenz für eine beweiserhebliche Kontrolle zu fehlen. In seiner Anzeige hat er festgehalten, dass er von Hauke überholt worden sei. Das sei ihm doch schon recht schnell vorgekommen. Er habe sich dann dahintergeklemmt. Kilometerlang sei er hinterhergefahren. Dabei habe sein Tacho bis zu 200 km/h angezeigt. Der Verkehrssünder habe immer wieder gebremst und beschleunigt. Er könne deswegen nicht genau sagen, wo und wie schnell er wirklich gewesen sei. Er habe den richtig jagen müssen, um ihn einholen zu können. Für die Abstandsberechnung hat er eine fast schon wissenschaftliche Methode angewandt. Er nennt das in seinem Vermerk "Strich-Lücken-Berechnungen": Bekanntermaßen würde jede weiße Trennungslinie sowie die folgende Unterbrechung jeweils 5 Meter Fahrstrecke bedeuten. Den Gipfel aber habe der Fahrer erst erreicht, als er von der Autobahn abgefahren sei. Da habe er doch tatsächlich rechts auf der Abfahrtspur noch mal richtig Gas gegeben und sei schneller gewesen als die auf der rechten Autobahnspur. Mindestens fünf Autos habe er dort rechts überholt. Das sei Überholen in mehrfacher Begehungsweise.

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