Fahrer vor Gericht: Falsch geparkt?

Fahrer vor Gericht
Falsch geparkt?

Zwei eifrige Beamte schätzen die Rechtslage falsch ein und verletzen damit Stefan* zutiefst in seiner Berufsehre.

Autobahnkanzlei FF 4/2023
Foto: Autobahnkanzlei

Stefan ist ein regeltreuer Fahrer. Er achtet stets darauf, dass er keine Punkte kriegt. Er fährt seit 32 Jahren und hat noch nie ein Pünktchen gehabt. Das kann man sich kaum vorstellen. Aber Wunder gibt es immer wieder. Jetzt aber – in diesem Verfahren – geht es um seinen ersten Punkt. Das packt ihn an seiner Ehre. Das kann er nicht zulassen. Das will er nicht. Direkt vor seinem Haus ist rechts seitlich von der Landstraße eine Bushaltestelle, eine Wendeschleife für Omnibusse. Die aber wird wochenends generell nicht benutzt. Am Wochenende steht der Busverkehr in Stefans Ort still. Deswegen hat Stefan auch keine Hemmungen und auch kein Unrechtsbewusstsein, wenn er dort seinen geliebten Actros eben am Wochenende abstellt.

Die Zentrale Bußgeldstelle sieht das natürlich völlig anders. Bemerkenswert ist, dass der Bußgeldbescheid im Konjunktiv abgefasst ist. "Sie parkten im Bereich einer scharfen Kurve". Weiter heißt es: "Zusätzlich ist anzumerken, dass nicht nur die Durchfahrt unmöglich war, sondern auch, dass Rettungsfahrzeuge im Einsatzfall trotz einer gegebenenfalls vorhandenen Notwendigkeit die Wendeschleife nicht hätten nutzen können". Der Spaß soll 100 Euro kosten und einen Punkt mit sich bringen.

Konkrete Gefährdung

Die rechtliche Grundlage hierfür soll Nr. 51b.3 Bußgeldkatalog sein. Der klingt aber ganz anders. Der setzt nämlich eine konkrete Gefährdung voraus. In Nr. 51b.3 BKat heißt es: "Im Bereich einer scharfen Kurve geparkt, wenn ein Rettungsfahrzeug im Einsatz behindert worden ist." Ein Rettungsfahrzeug ist aber hier gerade nicht behindert worden. Der Polizeimeister war wohl etwas übereifrig und verwechselt tatsächlich die Realität mit der denkbaren Realität.

Verständlich, dass Stefan sich hierüber total ärgert und mit dem Bußgeldbescheid in der Autobahnkanzlei Berg aufschlägt. Rechtsanwalt Rietesel begibt sich noch am selben Tag zum Tatort. Tatsächlich gibt es aus dieser Wendeschleife keinerlei Ausfahrt. Tatsächlich hält hier auch am Wochenende kein Bus. Tatsächlich gab es auch keine konkrete Gefährdung. Autobahnanwalt Rietesel macht Fotos und dokumentiert die Örtlichkeit.

Ein paar Monate vergehen, bis der Gerichtstermin anberaumt wird. Stefan ist ein wenig aufgeregt. Nicht verwunderlich, wenn man nach mehr als 30 Jahren als Fernfahrer das erste Mal vor Gericht steht. Alexander beruhigt ihn und teilt ihm unmittelbar vor dem Termin noch einmal ausführlich mit, warum die Chancen hier ausgesprochen gut stehen. Die Richterin, erklärt Alexander Stefan, ist eine erfahrene, kompetente Richterin. Umso erstaunter ist er. als er in den Gerichtssaal kommt und eine junge hübsche Richterin mit langen blonden Haaren hinter dem Richtertisch sieht. Die erklärt auch gleich, dass dies erst ihr dritter Verhandlungstag sei – also nichts mit verkehrsrechtlicher Erfahrung.

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