Auslesen der Fahrerkarte: Mehr als 14.000 Euro für mehrere Verstöße

Auslesen der Fahrerkarte
Mehr als 14.000 Euro für mehrere Verstöße

Selbst der "Spiegel" hatte im Januar über Bochums teuerstes Parkticket berichtet. Nach Rücksprache mit der Polizei waren es 20 Euro fürs Parken – der Rest für Verstöße gegen die Sozialvorschriften.

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Foto: Jani Bergrath

Die Polizei in Bochum hat ein Problem. Auf einem Teil des ehemaligen Opel-Geländes hat jetzt DHL ein Paket- und Logistikzentrum angesiedelt. Seit nunmehr vier Monaten, so heißt es in der Pressemeldung, "bestreift die Kontrolltruppe Sonderverkehr der Polizei Bochum regelmäßig den Bereich Opelring sowie das engere Umfeld in Altenbochum, da es hier, ausgehend von abgestellten Lkw und Sattelzugmaschinen, häufig zu gefährlichen Verkehrssituationen kommt".

Anders gesagt: Weil es offenbar im Logistikzentrum gar keine Parkmöglichkeiten für die Lkw-Fahrer gibt, die ihre Ruhezeiten ja irgendwo machen müssen, parken sie notgedrungen auf den Geh- und Radwegen, aber auch vor Hauseinfahrten. "Einmündungsbereiche sind teilweise nur sehr schlecht für die Fahrzeugführer einsehbar. Insgesamt haben die Polizeibeamten in diesem Bereich bislang mehr als 200 Verkehrsverstöße festgestellt und geahndet."

Mehrere Verstöße auf digitalem Tacho aufgezeichnet

Am 19. Januar hatte die Polizei nun an der Grete-Schickedanz-Straße einen Lkw-Fahrer aus dem Raum Nürnberg angesprochen. Der 57-Jährige parkte mit seinem Gespann auf dem beschilderten Radweg, wodurch ein Befahren nicht mehr möglich war. Der Mann zeigte sich völlig uneinsichtig und teilte lautstark seine Missachtung gegenüber der polizeilichen Kontrolle mit. Zu diesem Zeitpunkt stand nur ein "Knöllchen" von 20 Euro im Raum. Gewissermaßen als Parkticket. Hätte der Fahrer besser geschwiegen – und daheim vielleicht mit dem Chef über die Lage vor Ort gesprochen. Denn das Parkproblem wird schlicht auf die Unternehmer und ihre Fahrer abgewälzt. Wahrscheinlich ist dem Kollegen – auf eine gewisse Art verständlich – auch nur der Kragen geplatzt.

Die Folge: Sein digitaler Tacho wurde ausgelesen. Im Kontrollzeitraum von 28 Kalendertagen stellten die eingesetzten Polizisten etliche Geschwindigkeitsüberschreitungen fest. Schwerwiegender war jedoch, dass der Fahrer nahezu täglich deutlich gegen die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten verstoßen hatte. "Das ist im Rahmen einer Verkehrskontrolle natürlich möglich", bestätigt der Fachanwalt für Verkehrsrecht Matthias Pfitzenmaier. "Die Daten werden auf der Fahrerkarte für 28+1 Tage gespeichert und können dort nur für diesen Zeitraum ausgelesen werden, Geschwindigkeiten werden für maximal 24 Stunden aufgezeichnet (Unterwegskontrolle). Grundsätzlich können Geschwindigkeitsverstöße aber bis zur Verjährung (drei Monate) geahndet werden."

Die Polizei rechnete vor Ort Verstöße in Höhe von 14.200 Euro aus. Der Vorgang wurde nun an die zuständige Gewerbeaufsicht in Nürnberg übergeben. Das wird auch für den Unternehmer teuer. "Im Rahmen einer Betriebskontrolle können Lenk- und Ruhezeiten in der Regel sogar zwei Jahre, andere Verstöße gegen die Sozialvorschriften und die Bedienung des Tachos teilweise auch drei Jahre ausgelesen werden", so Pfitzenmaier. "Nur beim Parken gilt hier das Tatortprinzip. Die 20 Euro bleiben also in Bochum."