Abbiegeunfall: Tragischer Tod im toten Winkel

Abbiegeunfall
Tragischer Tod im toten Winkel

Ein Lkw-Fahrer wurde vom Amtsgericht Frankfurt zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er beim Rechtsabbiegen Ende 2020 einen 73-jährigen Pedelec-Fahrer übersehen hat.

Michael Seeboth
Foto: Michael Seeboth

Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt vom 6. Januar 2022 unter dem Aktenzeichen 970 Ds 3290 Js 255935/20 wegen fahrlässiger Tötung ist rechtskräftig. Noch im Gericht verzichtete der 56-jährige russlanddeutsche Fahrer Viktor (Name geändert), der seit über 20 Jahren in Deutschland lebt und seit zwei Jahren bei einer Spedition aus dem Rhein-Main-Gebiet angestellt ist, auf Rechtsmittel. Die Beweislage war zu eindeutig. Der Fahrer gestand seine Schuld ein. Das Urteil beläuft sich auf zehn Monate Freiheitsstrafe bei drei Jahren Bewährung und einer Bewährungsauflage von 5.000 Euro an die Familie des Opfers, zu zahlen innerhalb eines Jahres. Was der Fahrer laut seinem Verteidiger unverzüglich tun wird.

Vorwurf lautet, dass Spiegel falsch eingestellt waren

Sowohl der Richter als auch der Staatsanwalt sprachen mehrfach von einem "tragischen Unfall" und einem "Augenblicksversagen" am Mittwochmittag, dem 9. Dezember 2020, im Frankfurter Stadtteil Ginnheim. Ein Autofahrer hatte von der Gegenseite den Unfall zufällig auf seiner Dashcam aufgezeichnet. Beim Abbiegen von der Straße Ginnheimer Hohl auf die Hügelstraße hatte Viktor laut Anklage den Pedelec-Fahrer, der weiter geradeaus fahren wollte, um seinen Enkel von der Schule abzuholen, übersehen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete, wie so oft, Viktor habe seine Spiegel nicht richtig eingestellt – was Viktor, der den dreiachsigen Actros immer alleine fährt, bestritt, da er jeden Tag eine Abfahrtskontrolle mache. Dieser Punkt wurde im Verfahren mit vier Augenzeugen aber nicht weiterverfolgt. Richter und Staatsanwalt boten dem geständigen Fahrer, der auch einen Brief an die Familie geschrieben hat und immer wieder betonte, dass es ihm leid tue, die Möglichkeit, den Unfall aus seiner Sicht zu erklären.

Lkw-Fahrer übersieht Radfahrer

Er hatte wahrheitsgemäß ausgesagt, dass er den Radfahrer einfach nicht gesehen habe. Und das in der Tat aus einer Verkettung von "unglücklichen" Umständen. Zunächst hatte ein im Lkw installiertes Navi für Pkw den ortsunkundigen Fahrer in die für Lkw verbotene Straße gelotst. Dann hatte er neben dem nur weiß markierten Schutzstreifen für Radfahrer nicht an der vorgesehenen Stelle gehalten, sondern war bis zur zweiten Haltelinie vorgefahren. Nicht geklärt werden konnte die Frage, wer zuerst an der Ampel stand. Eine Augenzeugin auf einem Rad dahinter hatte ausgesagt, der Pedelec-Fahrer habe sie vor der Kreuzung überholt und sei danach für den Lkw-Fahrer im "toten Winkel" nicht sichtbar gewesen. Beim gleichzeitigen Anfahren erwischte der Lkw den Radfahrer und warf ihn um. Er wurde von der Hinterachse überrollt und verstarb im Krankenhaus. Der Fahrer unterstützte die Rettungsmaßnahmen. "Die Abbiegegeschwindigkeit von 14 km/h spielte damals noch keine strafverschärfende Rolle", sagt Matthias Pfitzenmaier. In der 74. Sendung von FERNFAHRER live hat er den Unfall diskutiert, den ein Abbiegeassistent wohl verhindert hätte.

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