Transport im Wandel der Zeit: Ein MAN im Museum?

Transport im Wandel der Zeit
Wie kommt ein MAN ins Museum?

Seit Ende März bis Anfang Januar 2026 ist ein TGX 26.480 der Mittelpunkt der detaillierten Sonderausstellung „On the Road again – Die Welt unserer Trucker“ im Verkehrsmuseum Dresden. Über die langfristige Planung einer gelungenen stationären Imagekampagne für die ganze Familie.

Verkehrsmuseum Dresden Sonderausstellung "On The Road Again
Foto: Verkehrsmuseum Dresden

In großen Lettern steht der Name DANA auf einem Display in der Windschutzscheibe eines neongelben MAN TGX 26.480 mit Euro 6 Motor. Und das auf der ersten Etage des bereits in der DDR gegründeten Verkehrsmuseums Dresden, angesiedelt im Johanneum am Neumarkt mitten im touristisch geprägten Teil der sächsischen Hauptstadt, direkt neben der über Jahre renovierten Frauenkirche. Das heute denkmalgeschützte Renaissancegebäude von 1586 ist seit seiner Entstehung mit dem Verkehr verbunden und diente einst dem sächsischen Hof als Stall. Nicht ganz so lange hängen sich Lkw-Fahrer und zunehmend auch Fahrerinnen den Namen ihrer Liebsten ins Fahrerhaus. Seit Generationen eine Art Treueschwur, nicht immer konsequent eingehalten, wenn es die Woche über mit dem eigenen Lkw auf Tour in fremde Länder geht. Eher seltener ist es bei Wechselschichten rund um den Kirchturm.

Mit DANA ist es ganz anders. Über eine Tastatur können die Besucher der von der lokalen Presse bereits gelobten Sonderausstellung „On the Road again- Die Welt unserer Trucker“ eingeben, was auf dem Display in der Windschutzscheibe stehen soll. Denn die Zugmaschine ist bereits jetzt der Publikumsmagnet dieser gelungenen stationären Imagekampagne für die gesamte Branche. Man kann sich reinsetzten, aufs Bett legen und sogar hupen. Nur fahren kann der MAN nicht. Denn es ist ein täuschend echter Nachbau. Daran allerdings, dass es überhaupt ein MAN geworden ist, bin ich nicht ganz unschuldig.

Eine Mail aus Dresden und ein Post auf LinkedIn

Bereits im Oktober 2023 erhielt ich eine Mail von Dr. Michael Vogt, dem Direktor des Verkehrsmuseums, mit der ersten Idee zu einer geplanten Sondersaustellung. „Es soll um Romantik und Realität des Fahrens, der weltweiten Logistik mit Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen und der Rolle des Konsumenten in diesem sich beschleunigenden Kreislauf gehen. Neben der Faszination für Technik und logistische Leistungen finde ich es wichtig, die ganz persönliche Sicht der Akteure erfahrbar zu machen und zu erkennen, dass logistisch nicht nur Vieles mit Vielem zusammenhängt, sondern wir Menschen in einem sozialen und ethischen Zusammenhang stehen. Wir nicht bloß Zuschauer in dem Spiel sind, sondern auch selbst Akteure, und auch die Frage gestellt werden darf: wem nutzt das alles?“

Das sprach mich an. Und so machte ich mich tatsächlich auf den Weg nach Dresden, sah mir die damalige Sonderausstellung „Move“ an und setzte mich mit dem Direktor und dem damaligen Kurator Edgar Knobloch zwei Tage sehr intensiv zusammen, um ein erstes Konzept für die Ausstellung zu ersinnen, aus dem im Laufe der nächsten Wochen unter dem Arbeitstitel „Laster. Lenker. Leidenschaft“ das erste Drehbuch entstanden ist, an dem später noch viele andere Mitwirkende in der Planungsphase und der späteren künstlerischen Umsetzung beteiligt waren. Manche der verschiedenen, liebevoll ausgestalteten Themenecken mit ihren Bildern, Exponaten und Hintergrundinformationen bis hin zum massiven Lohngefälle zwischen Fahrern auf deutschen und osteuropäischen Lastzügen, das darf ich in aller Bescheidenheit schreiben, sind auch eine farbenfrohe Umsetzung meiner Blogs.

Gescheitert am Gesamtgewicht

Mit realistischem Blick auf den Lastenaufzug (1,8 x 2,0 x 2,8 Meter) äußerte Vogt dennoch seinen großen Wunsch, einen echten Lkw als Mittelpunkt in der Ausstellung zu haben, den ich ihm, angesichts meiner langfristigen guten Kontakte zur Nutzfahrzeugindustrie, zu erfüllen versprach. Und so postete ich auf der Rückfahrt ein Foto auf LinkedIn, dass es für mich eine große Ehre sei, als Experte diese Sonderausstellung mit meinem Fachwissen zu unterstützen. Dann war es der pure Zufall: Als Erster reagierte Martin Böckelmann, ein langjähriger und sehr verdienter Mitarbeiter aus dem mir grundsätzlich wohl gesonnenen Presseteam von MAN – und so schrieb ich ihn auch zuerst an, um MAN für das Projekt zu gewinnen. Etwa durch ein typisches Schnittmodel, wie es die Hersteller auf den Fachmessen ausstellen. Er leitete es zur Prüfung an seine Chefin weiter.

Verkehrsmuseum Dresden Sonderausstellung "On The Road Again
Verkehrsmuseum Dresden

In der Tat hat MAN seinerzeit in einer sehr ausgiebigen Kommunikation vieles versucht, eine konstruktive Lösung zu finden, weil das angefragte Schnittmodell nicht zur Verfügung stand. Eine Zugmaschine in den Lichthof zu stellen, wäre gar kein Problem gewesen, sogar einen E-Lkw hätte man als Zeichen der beginnenden Transformation des Transports im Wandel der Zeit zur Ausstellungseröffnung vor dem Museum geparkt. Auch eine Variante mit einem CKD-Modell war im Gespräch. Gescheitert ist es letzten Endes, um es hier kurz zu fassen, am Gesamtgewicht einer leeren Zugmaschine, das nicht wirklich kongruent mit der maximal zulässigen Deckenlast von 500 Kg / m2 ist – und der dadurch bedingten Gefahr, dass die Zugmaschine vielleicht am Ende in den Lichthof durchbrechen könnte. Der Verkaufsleiter von MAN in Chemnitz fand schließlich die Lösung für den einmal eingeschlagenen Weg, organsierte das komplette Fahrerhaus auf einer Teilebörse in Trier, die Mitarbeiter der museumseigenen Werkstatt bauten daraus an einer Wand das einachsige Ausstellungsfahrzeug ohne Antriebstechnik, das den baulichen Vorgaben nun vom Gesamtgewicht entspricht. Frei nach dem bekannten Motto – was nicht ganz in den Aufzug passt, wird passend selbst gemacht.

Bis zu 200.000 Besucher im Jahr

Das Verkehrsmuseum Dresden zieht jedes Jahr rund 200.000 Besucher in seine Dauer- und neunmonatigen Sonderausstellungen. Die Gäste kommen zu etwa gleichen Teilen als internationale Touristen, aus Deutschland, aus dem Freistaat Sachsen und aus Dresden. Und so ist meine Hoffnung, die sich hinter meinem ideellen Einsatz verbirgt, dass ein Teil der Bevölkerung nach dem Besuch mehr über die komplexen Zusammenhänge der nationalen und internationalen Logistik auch aus der Historie am Beispiel einer Dresdener Spedition erfährt, weiß, warum der Begriff „Trucker“ erst mit Beginn des Containertransportes in Deutschland aufkam, wie wichtig die medizinische Versorgung auch unterwegs ist und warum der akute Mangel an sicheren Parkplätzen vielen betroffenen Fahrern die letzte Motivation nimmt.

Auf der anderen Seite kann man im kleinen Kino sehen, wie nachhaltig die TV-Kultserie „Auf Achse“ die Fahrer einer bestimmten Generation, deren Frauen brav daheim gewartet haben, geprägt hat. Auch zu sehen in der legendären „Sendung mit der Maus“: zwei Fahrer einer Remscheider Spedition auf einem MAN, die zuerst der wartenden Gattin am Fenster winken und dann auf dem Weg nach München durch Reparaturarbeiten mehr Zeit unter der Achse als am Lenkrad verbringen. Natürlich hoffe ich, dass wie eh und je möglichst viele Kinder oder weiterhin Lkw-begeisterte Jugendliche, die seit Jahrzehnten in die Fußstapfen auf dem Gaspedal ihrer Väter oder, etwas seltener, ihrer Mütter folgen, spielerisch ein wenig die richtige Ladungssicherung üben und anschließend - entgegen den aktuellen Vorschlägen aus Kreisen der Politik und der Verbände – eine fundierte dreijährige Ausbildung als Berufskraftfahrer oder Berufskraftfahrerin absolvieren. Und wenn irgendwo in Deutschland demnächst eine Dana im zarten Alter von 17 Jahren, von einem erfahrenen Berufskraftfahrer begleitet, schon ans Steuer darf, lässt der sie sicherlich ihr Namensschild in die Windschutzscheiben hängen.