Die furchtbare Tat liegt jetzt fast fünf Jahre zurück. Sie hat auch mich damals sehr erschüttert, denn die Nachricht sprach sich schnell unter seinen aktuellen und früheren Kollegen aus der internationalen Tanklogistik herum. Und erreichte schließlich auch mich. Anfang November 2019 veröffentlichten wir daher auf eurotransport.de einen Fahndungsaufruf der belgischen Bundespolizei mit den damaligen ersten Erkenntnissen: "Gegen 9.10 Uhr am 23. Oktober, einem Mittwochmorgen, war ein roter, in den Niederlanden zugelassener DAF XF der Hoyer-Group offenbar auf der E42 Richtung Namur von einem Pkw ausgebremst worden. Wenige Minuten später wurde der Fahrer des Tanksattelzugs tot auf einem Parkplatz in der Nähe von Couthuin aufgefunden. So wie sein Lkw stand, hatte er ihn wohl eilig verlassen - möglicherweise, um den Pkw-Fahrer zur Rede zu stellen, der ihn kurz zuvor genötigt hatte. Die Polizei vermutet, dass er in Folge des Disputs angefahren und tödlich verletzt wurde."
Ein großer Schock für viele Tankzugfahrer
Anlässlich der Beerdigung Babahans im Kreis der Familie, engsten Kollegen und Vertretern von Hoyer aus den Niederlanden und Deutschland, über die ich damals als "Thema des Monats" im FERNFAHRER berichtete, wurde schnell deutlich, wie beliebt Babahan war. Er war an diesem Tag auf dem Weg mit Motorenöl von Hamburg nach Bordeaux, hatte die Nacht in seinem Haus im rechtsrheinischen Köln verbracht. Auch aus Erzählungen zweier Kollegen, der am frühen Morgen mit ihm über die Freisprechanlage telefoniert hatten, ergab sich früh der Verdacht, dass er vom Fahrer eines Lieferwagens ausgebremst wurde, diesem auf den Parkplatz „Aire de Couthin Nord“ an der E42 folgte und dort zur Rede stellen wollte. Danach arbeitete die belgische Justiz den Fall akribisch auf. Das mehrtägige Verfahren in Lüttich fand im September diesen Jahres vor dem Schwurgericht statt. In Deutschland nahm bislang niemand Notiz davon.

Hauptinspektor Raymond Lausberg
Hinweis von Hauptinspektor Raymond Lausberg
Und so habe ich es einem Hinweis des belgischen Hauptinspektors Raymond Lausberg, bekannt vor allem durch seine konsequenten Kontrollen des Lkw-Verkehrs an den Wochenenden entlang der E42, zu verdanken, dass er mich über den Beginn und den Ausgang des Verfahrens informiert hat. Lausberg selbst hatte einen entscheidenden Teil zum Erfolg der Fahndung beigetragen. Aus heutiger Sicht hat sich der damalige Verdacht bestätigt: Gegen 9.12 Uhr telefonierte Babahan mit einem Freund, als er von einem Kleinlaster geschnitten wurde. Der Notbremsassistent des DAF leitete deswegen eine Notbremsung ein. Auf dem folgenden Parkplatz wollte Babahan den Transporterfahrer zur Rede stellen. Der Kleinlaster stand rechts. Der Sattelzug hielt quer davor an, Babahan stieg aus und ging links vom Lkw nach hinten. "Der Kleinlaster", berichtet Lausberg, "setzte rückwärts, fuhr dann mit Vollgas links am Lkw vorbei, überfuhr gezielt den Lkw-Fahrer, überrollte seinen Oberkörper und flüchtete.“
Am 25. Oktober 2019, erzählt Lausberg, hat er auf Bitte seiner Kollegen von der Autobahnpolizei auf dem Gelände des Abschleppunternehmens den digitalen Tacho des roten DAF XF ausgelesen. "Bei der Auswertung des Massenspeichers konnte ich den Bremsvorgang durch den Notbremsassistenten des DAF finden. Ich habe dann eine Streckenberechnung gemacht und konnte somit fast metergenau den Ort des Ausbremsen finden. Die Kriminalpolizei hat dort eine Kameraüberwachung der Autobahnzentrale CENTREX gefunden. Man konnte nicht nur das Ausbremsen, sondern auch das Tatfahrzeug per Videoaufnahme erkennen. Das wurde später auch der Jury von Gericht gezeigt."
Tat im Beisein der Tochter
Aus den in der belgischen Presse, so wie hier bei RTL, veröffentlichten Meldungen fiel nun am 13. September 2024 das Urteil, hier in der deutschen Übersetzung: „Nach vierstündiger Beratung erklärte die Jury des Lütticher Schwurgerichts am Freitagnachmittag Vincent Franck, einen 57-jährigen Mann aus Amaytois, für schuldig, einen deutschen Lastwagenfahrer ermordet und eine schwere Verkehrsbehinderung begangen zu haben. An diesem Freitagabend fiel das Urteil: Vincent Franck erhielt 15 Jahre Gefängnis. Vincent Franck wurde wegen Mordes an Bogos Babahan, einem 60-jährigen deutschen Lkw-Fahrer, strafrechtlich verfolgt. Die Ereignisse fanden am 23. Oktober 2019 gegen 9.15 Uhr auf dem Parkplatz der Autobahn E42 in Couthuin (Héron) statt. Bogos Babahan war von dem von Vincent Franck gefahrenen Lieferwagen angefahren und zerquetscht worden."
Eine vollkommen sinnlose Tat
Für mich ist auch fünf Jahre danach dieser absichtliche Mord im Beisein der damals 15-jährigen Tochter Francks, die später gegen den eigenen Vater ausgesagt hat, eine vollkommen sinnlose Tat eines Mannes, der sich, so lässt es sich aus weiteren Berichten herauslesen, wohl öfter als "Erzieher" von Lkw-Fahrern auf der Autobahn aufgespielt hatte. Auch auf deutschen Autobahnen ist so ein Verhalten mittlerweile nicht selten, auch wenn zu hoffen ist, dass es so einen extremen Fall nie wieder geben wird. Das, was am 23. Oktober 2019 in Belgien geschehen ist, lässt sich nicht mehr wiedergutmachen. Aber in Zukunft vielleicht grundsätzlich vermeiden. Auch durch die eigene Gelassenheit. Und so schließe ich meinen Blog mit einem Zitat der Kollegen Babahans bei seiner Beerdigung: "Boris hätte an dem Tag einfach nur weiterfahren sollen."